„Kinder müssen lernen, wie Elon Musk und Jeff Bezos zu denken.“ Diese bemerkenswerte Forderung hat Frank Thelen (Die Höhle der Löwen) vor anderthalb Jahren in einem vielgelesenen Artikel auf Xing rausgehauen und ich habe mich an dieser Stelle ausführlicher damit auseinandergesetzt (allerdings mit dem Fokus auf Schulleitungen als wesentliches Element von Schulentwicklung).
Ein bisschen Kontext
Frank Thelen ist ein deutscher Unternehmer, der sich geschickt selbst vermarktet. Er tritt gerne pointiert und sachverständig auf, geriet aber zuletzt an vielen Stellen in die Kritik. Nicht zuletzt hat sich sein Aktienfond sehr schlecht entwickelt [Link] – was zu seinem Auftreten als erfolgreicher Unternehmer nicht so recht passt.
Elon Musk auf der anderen Seite ist der reichste wohlhabendste Mensch der Welt und hat zuletzt für 44 Milliarden Dollar den Mikrobloggingdienst Twitter gekauft. Viel Geld. Musk ist der Geschäftsführer von zahlreichen Unternehmen (u.a. Tesla, Twitter, SpaceX und weitere) – das scheint insgesamt kein so aufwändiger Job zu sein, denn er hat immer noch Zeit, zu twittern und sich mit Usern zu streiten. In seinen ersten Tagen als Twitter-Chef hat er weite Teile der Belegschaft gefeuert und mit seinen Ankündigungen dafür gesorgt, das zahlreiche Unternehmen ihre Werbeverträge bei Twitter ausgesetzt haben. Die Zahl der rassistischen und extremen Beiträge ist sprunghaft angestiegen [Link] und allgemein gilt die Befürchtung, dass Musk den ganzen Laden vor die Wand fährt.
„Who cares? Ich habe keinen Twitter-Account“, könnte man denken. Eine wirklich lesenswerte Auseinandersetzung dazu findet sich an dieser Stelle. Die Autorin Mela Eckenfels beschreibt Twitter treffend als „demokratisches Werkzeug“, bei dem auch kleinste, unbedeutendste Tweets ungefiltert eine gigantische Reichweite erzielen konnten. Lesenswert!
Eine Schulleitung, die wie Elon Musk denkt
Zurück zu Frank Thelens Forderung, Kinder und Schulen sollten mehr wie Elon Musk denken. Christian Vanell hat auf Twitter den Horizont dieser Frage erweitert: „Stellen wir uns mal für einen Moment vor, Schulleitungen hätten gelernt, wie Elon Musk zu denken. Was wäre deren erste Maßnahme nach Amtsantritt?“
Das Schulsystem ist ineffizient, teuer und es wird mindestens so viel über das gemeckert, was man aus der Schule gehört hat, wie über das, was man bei Twitter gelesen hat. Ideale Voraussetzungen also?
Wie sähe (m)eine Schule aus, in der Elon Musk morgen das Ruder übernehmen würde?
Zunächst einmal würde er die alte Schulleitung rauswerfen. Die hats verbockt und muss gehen. Von Sicherheitsleuten hinauseskortiert, damit man nicht noch schnell im Frust einige Noten ändert oder Kinder in E- und g-Kurse versetzt.
Anschließend würde Elon wohl die Hälfte der Belegschaft feuern. Bei Twitter haben die Mitarbeiter*innen die Nachricht via E-Mail erhalten – das ist an deutschen Schulen so nicht zuverlässig möglich. Die DSGVO sieht es sicher nicht gern, wenn man Arbeitsverträge per Dienst-Mail auflöst. Und wie viele Lehrkräfte haben schon eine Dienstmail? Und ein Dienstgerät, um diese zu Hause abzurufen? Weil Elon nicht sicher weiß, welche Fächer am Ende wirklich nötig sind, würde er, anstatt alle Kunstlehrkräfte zu feuern, von jeder Fachschaft die Hälfte rauswerfen.
Um effizienter zu arbeiten, würden danach 12 Stunden-Schichten eingeführt. Die Kinder kommen dann in Morgen- und Abendschichten. Das ist effizient und zumindest die Beschwerden über „warum muss Schule eigentlich so früh losgehen?“ hätten sich direkt um 50% reduziert. Geniestreich!
„There are way easier places to work, but nobody ever changed the world on 40 hours a week“ schreibt Musk [Link]. Die Mitarbeiter*innen dürfen zukünftig im Büro schlafen, um ihre 84-Stunden-Wochen zu überstehen. [Link] Und bevor jetzt jemand schimpft – das gilt sicher auch für den Personalrat!
Ohne Pausenaufsicht (gefeuert) beginnen die Rowdies auf dem Schulhof sofort mit den Randalen. Kleineren Kindern werden die Butterbrote geklaut, andere beschimpft oder geschubst. Die einzig verbliebene Aufsicht kommt mit dem Ansturm nicht klar und mahnt lahm zur Ruhe.
Elon drängt alle Schüler*innen, Mitglied im Förderverein zu werden. Im Unterricht aktiv beteiligen, sich melden und etwas sagen darf sich nur, wer dort Mitglied ist. Alle anderen dürfen aber natürlich weiter zuhören. Außerdem bekommen alle Mitglieder des Fördervereins den Schlüssel zum Schülerklo und dem Fahrradkeller. Mit dem geklauten Butterbrotgeld haben die Rowdies ihre Mitgliedsbeiträge schon bezahlt und rauchen jetzt offen auf den Klos.
Die ersten Kunden – also Eltern – springen ab und machen deutlich, dass sie ihre Kinder von dieser Schule abmelden werden. Elon vermutet eine Verschwörung von linken Ökoterroristen und droht, jedes Elternteil namentlich zu nennen.
Ende der Woche kommen dann die ersten beschämten E-Mails an die rausgeworfenen Kolleg*innen, doch bitter wieder zurückzukehren [Link]. Die haben aber keine Lust. Der Markt regelt.
Nach zwei Wochen gibt Frank Thelen ein Interview. Wenn mehr Schulen von Elon Musk geführt würden, könnte man die Beschwerden über Müdigkeit weiter reduzieren. Außerdem hat „noch niemand die Welt mit 6 Korrekturklassen und Ferien verändert.“
Ich bin ziemlich sicher – das ist ein Selbstläufer. Und eine Schule ist sicher auch billiger zu haben, als Twitter – obwohl… deren Aktien sind zuletzt so abgestürzt. Vielleicht doch nicht viel billiger.
Die Übertragung gefällt mir. Es könnte noch sein, dass für alle Mitglieder des Fördervereins auch Meinungsfreiheit gilt: Also wenn du meinst, 2+2=5, und Fördermitglied bist …
Ich hoffe nur, einige merken nun, dass „Denken wie Musk“ nicht unbedingt ein Vorteil ist …
Schön gesagt. Und das lässt sich auch noch auf anderes übertragen.
Klasse zusammengefaßt. You made my day. Danke schön.
Ein sehr interessanter Artikel! Die Idee, dass Schulleitungen wie Elon Musk denken sollten, ist provokant und regt zum Nachdenken an. Während radikale Veränderungen oft Innovationen bringen, ist es wichtig, eine Balance zu finden, um Chaos und Ineffizienz zu vermeiden.