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Bildungsgipfel 2023 – Krisengipfel oder Aufbruchsstimmung? (1)

Bildungsgipfel 2023 - Krisengipfel oder Aufbruchsstimmung? (1) 1Unser Bildungssystem ist eine einzige Baustelle. An allen Ecken und Enden muss gearbeitet werden und man gewinnt den Eindruck, die Vielzahl an Kultusministerien Firmen behindert sich gegenseitig in ihrer Arbeit. Aus diesem Grund hat die Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger einen Bildungsgipfel 2023 einberufen.
Überschrift: Neue Wege beschreiten, mehr Zusammenarbeit: Am 14. und 15. März diskutieren Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Ländern, Kommunen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft auf dem Bildungsgipfel über die Herausforderungen im Bildungssystem. Ich bin eingeladen worden (ein Angebot, dass man nicht ausschlagen kann, hrhr), einen kleinen Beitrag zu leisten und komme dieser Gelegenheit gerne nach.

Wer schon einmal auf einem amerikanischen Kongress gewesen ist, dem sind Begriffe wie „life changing“ und „awesome“ geläufig. Die Amerikaner können nicht nur Produkte gut verkaufen, sondern auch das Lebensgefühl dahinter. Den Eindruck, man wäre Teil von etwas Größerem, Wichtigerem.
Als ‚deutscher Beamter‘ habe ich mich stets schlecht gefühlt, weil ich skeptisch und mit einem eher analytischem Blick dasaß, Glitzer und Zauber wegzupusten versuchte und bei allem stets dachte: „Ja, aha, und wie sieht das konkret in der Umsetzung aus?“

Die klassische „also unsere Schülys können das nicht“-Falle. „Also, bei uns geht das nicht.“

Bei aller berechtigter Skepsis besteht jedoch die Gefahr, dass jede Idee direkt zerstört wird und ich mich von einem Träumer in einen Nörgler verwandle. Jemanden, der eigentlich nur stänkert und darüber den Blick für Möglichkeiten verliert. Vielleicht nicht zuunrecht – aber es ist einer Lernatmosphäre und einem Veränderungsprozess nicht zuträglich, wenn der eigene Beitrag vornehmlich aus Meckern besteht.

Und so blicke ich gespannt auf die kommenden zwei Tage, kann mich aber einer gewissen Skepsis nicht erwehren: Ein Bildungsgipfel, an dem Vertreter*innen diskutieren? Mir stellen sich Fragen:

  • Wer ist die Zielgruppe eines solchen Bildungsgipfels?
  • Wer diskutiert und für wen wird da diskutiert?
  • Wer bekommt neue Erkenntnisse? Wer müsste vielleicht neue Erkenntnisse erhalten?
  • Welchen Effekt hat ein solcher Bildungsgipfel? Woran wäre das messbar?
  • Was kommt letztlich bei raus? Wo wird man in 6 Monaten sagen: „Ah, diese und jene Entscheidung kommt originär vom Bildungsgipfel!“?

Ganz grundsätzlich freue ich mir sehr auf die kommenden Tage. Von den vierzehn angebotenen Forumsthemen interessiere ich mich für genau jedes. Ich freue mich auf alte Bekannte und neue Gesichter.

Zwei Tage lang habe ich die Gelegenheit, von großer Expertise zu lernen und in kürzester Zeit Einblicke in Themen zu gewinnen, die ich mir ansonsten mühevoll erlesen müsste. Welch eine Chance!

Konkretes Beispiel für Skeptiker:
Aktuell zeigen viele Finger in Richtung Berlin: Möge doch bitte die Frau Ministerin Stark-Watzinger als Bildungsministerin mehr Verantwortung übernehmen und den Bildungsföderalismus lenken. Wenn die Länder sich zu dämlich anstellten, sollte der Bund mit eiserner Hand steuern.

Nur: Auf Twitter weist Moritz Baumann darauf hin, dass das Bundesministerium für Bildung dazu gar nicht in der Lage wäre: „Es gibt keine Strukturen, kein Personal, nichts. Wer soll denn die Globalsteuerung übernehmen? Wer soll Personal zuweisen? Wer soll Verträge abschließen? Wer soll Prüfungen erstellen? Wer soll Lehrpläne erstellen? Wer soll jedes Jahr 117 Mrd. Euro an Bildungsausgaben verwalten? Ein solch gewaltiger Umbau des Bildungssystems würde wohl mind. ein Jahrzehnt dauern.“

Diese strukturellen Probleme hatte ich erstmal nicht vor Augen – es braucht die Weitsicht anderer, mich aus meinem eigenen Horizont zu ziehen. ‚Wenn du der klügste Mensch im Raum bist, bist du im falschen Raum‘ heißt es. Darum empfinde ich es als Privileg, nun zwei Tage lernen zu dürfen und mich von meinem eigenen Stammtisch wegzubewegen.
Obwohl ich seit einigen Jahren Teil einer Schulleitung bin, habe ich immer noch und immer wieder das Gefühl, nur einen winzigen Teil von „wie funktioniert unser Schulsystem“ zu verstehen.

Nur: Wie relevant ist schon mein persönlicher Lernzuwachs? Welche Auswirkungen hat dieser Bildungsgipfel auf das Bildungssystem als Ganzes? Ist der Bildungsgipfel ein Krisengipfel oder ein Aufbruchsgipfel? Hm. Hm.

Ihr seht mich skeptisch – aber das bin ich oft. Ich hoffe auf life-changing und awesome.

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