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Lebensphasen

Donnerstag habe ich das schöne Wetter genutzt, um mal wieder etwas Fahrrad zu fahren – 8 Kilometer durch den Wald. Auf der einen Seite ist es nur „Fahrradfahren“, weil ich ein E-Bike habe – auf der anderen Seite ist das Siegerland einfach ätzend wunderbar bergig. Meine Uhr sagt, dass ich im vergangenen Jahr 1200 Kilometer Fahrrad gefahren bin – das ist vermutlich mehr, als in meinem ganzen Leben zusammengerechnet.

Und am Ende dieser kümmerlichen 8 Kilometer war ich ziemlich platt.

Nach wochenlanger Bronchitis, dann Corona, dann Mandelentzündung und dann nochmal Mandelentzündung merke ich, dass diese Zeit immer noch nachwirkt. Eigentlich hatte ich vor, so früh wie möglich im Jahr wieder mit dem E-Bike zur Schule zu fahren – traue mich jetzt aber doch nicht.

Die stellv. Schulleiterin Susanne Posselt schrieb gestern auf ihrem Blog vom „Wert der Zeit“ und hat bei mir einen empfindlichen Nerv getroffen. Ich bin jetzt ziemlich genau so alt, wie meine Mutter, als sie mit Krebsdiagnose in die, am Ende, letzte Phase ihres Lebens gegangen ist. Nur wenige Jahre später war sie tot.

Rückblickend gäbe man eine ganze Menge, noch einen letztes Gespräch zu führen. Noch ein einziges Mal, nur fünf Minuten vielleicht, gemeinsam am Frühstückstisch zu sitzen.

Lebensphasen 1Viel Zeit verbringe ich – deswegen rückt der Blog auch ein wenig in den Hintergrund – im Garten. Büsche und Bäume wurden zurückgeschnitten, Äste kleingehäckselt und die Terrasse von winterlichem Laub gereinigt werden. Nachdem der Fuchs all unsere Hühner geholt hat (ich bin wirklich, wirklich traurig), muss das Hühnerhaus komplett renoviert und gestrichen werden. Der Swimmingpool ist ein düsterer Pfuhl – jeden Moment erwartet man, dass sich eine Schar Untoter aus ihm erhebt. Wie jedes Jahr werden wir ihn in den Osterferien leerpumpen, putzen, streichen und wieder füllen.

Von allen Jahreszeiten ist mir der Frühling die Liebste: Die Vorfreude auf den Sommer. All das Planen und Vorbereiten – ich liebe es.

Schulisch  habe ich festgestellt, dass ich in meiner Rolle in der Schulleitung im nunmehr sechsten Dienstjahr eine ganze Menge Routine gewonnen habe. Im Vergleich zu den ersten drei Jahren ist meine Arbeitsbelastung spürbar gesunken. Das heißt im Umkehrschluss, dass ich mich wieder mehr lustigen Projekten widmen kann, weil ich gedanklich nicht mehr so sehr von den (oft negativen) Anteilen des Jobs gefangen bin.

Eine große Freude bereitet mir die Neuvernetzung der vielen Blogs: Die monatliche Blogparade zahlreicher bildungsinteressierter Menschen hat etwas ganz wunderbares in dieser Zeit, da sich viele Strukturen und Bindungen aufzulösen scheinen. Das Thema für den März lautet „Morgens nicht Recht, mittags nicht frei haben – trotzdem zufrieden. was macht den Beruf der Lehrer:in so attraktiv?“

Das gefällt mir.

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Ein Gedanke zu „Lebensphasen“

  1. Ach Jan.
    Ja, der Blogbeitrag hat einen etwas melancholischen Zug. Natürlich arbeiten wir nicht (nur) fürs Geld. Viele von uns, die sich – wie wir – öffentlich über unseren Beruf äußern, arbeiten aus Begeisterung für die Sache. Ich auch. Und gleichzeitig macht es mich nachdenklich, wenn ich sehe, dass der Alltag viele Stunden verschlingt, die dann möglicherweise für die Pflege von Freundschaften und Zeit mit der Familie fehlen. Ich habe in meiner Zeit als Personalratsmitglied zu oft gesehen, dass Menschen sich selbst verloren haben, weil sie ihren ganzen Selbstwert aus der sinnstiftenden Tätigkeit als Lehrer:in gezogen haben. Ich finde, wir müssen da auf uns selbst aufpassen. Lehramt ist kein Ehrenamt. Es ist ein Beruf und es gibt (aus gutem Grund) gesetzliche Regelungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Genieß deine Zeit mit der Familie und deinen Kindern. Sie werden schnell groß. Ich freue mich sehr auf unser Treffen im Mai.

    Herzliche Grüße

    Susanne

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