Vor einigen Tagen habe ich mir das Buch “Jesus for President” von Shane Claiborne gekauft. Nun habe ich das Buch komplett gelesen.
Den ersten Teil meiner Rezension gibt es hier – bevor ich aber zu einem Fazit komme, möchte ich jedoch den restlichen Inhalt zunächst kommentieren.
Zunächst führt Claiborne die historisch-politische Entwicklung des Christentums weiter. Dies ist vor allem deshalb wichtig, um die Kernaussage des Buches zu verstehen (dazu später mehr). Ging es im Ersten Teil noch um Gottes Vorstellungen von Gesellschaft und Politik, liegt der Schwerpunkt nun auf den Kirchlichen Vorstellungen. Claiborne zeigt auf, wie das Christentum binnen weniger Jahrhunderte das Kreuz gegen das Schwert eingetauscht hat. Er blickt kritisch auf diese “Ehe” von Kirche und Staat und legt den Fokus im Folgenden insbesondere auf die USA und den Irak-Krieg. Damit ist der Hauptteil des Buches insbesondere für nicht-amerikanische Leser etwas befremdlich. Diese Form von Patriotismus und Verbundenheit zwischen Staat und Kirche ist uns hierzulande doch eher fremd.
Als bürgerlicher, deutscher Sessel-Christ bin ich versucht, diese Fokussierung auf Amerika als Entschuldigung für mein eigenes fehlendes Engagement anzubringen. Ja, ja, die Amerikaner. Die sind schon schlimm. Aber mich betrifft das ja nicht.
Damit mache ich es mir allerdings zu einfach. Claiborne verdeutlicht seinen Punkt und bringt dem Leser anhand zahlreicher Beispiele zahlreiche Möglichkeiten, Politik als Christ zu gestalten, nahe. Eines, dass mir wirklich naheging war die Erinnerung an den Amoklauf in einer Schule für die Amisch.
Ein Mann tötete damals fünf Mädchen bevor er sich selbst umbrachte. Einige der Ältesten der Amisch-Gemeinde besuchten in den folgenden Tagen Marie Roberts, die Witwe des Amokläufers um ihr Vergebung anzubieten. Außerdem luden sie sie und ihre Kinder zu der Beerdigung der getöteten Schülerinnen ein und sie baten darum, dass alle Unterstützungszahlungen für die Amisch mit der Familie des Täters geteilt würden. Und schließlich nahmen Dutzende amische Familien in einem Akt der Versöhnung an der Beerdigung des Mörders teil.
Shane Claiborne schreibt dann
Wie wäre es, wenn die Amischen für den Krieg gegen den Terror verantwortlich gewesen wären? Wie wäre es gewesen, wenn wir am Abend des 12. September 2001 zu Osama bin Ladens Haus gegangen wären (natürlich bildlich gesprochen, wir wissen ja nicht, wo er sich aufhält) und ihm Vergebung angeboten hätten? Wie wäre es gewesen, wenn wir die Familien der Entführer zu den Beerdigungen der Opfer vom 11.9. eingeladen hätten? Wie wäre es gewesen, wenn ein Teil der Hilfszahlungen für die Opfer des 11. September dazu benutzt worden wären, die Armut in einem muslimischen Land zu bekämpfen? […] Wie wäre es gewesen, wenn, statt Vergeltung zu suchen, wir in menschlichem Schmerz zusammengestanden hätten?
[…]
Amische in den Heimatschutz!
Einer allzu starken Verbundenheit zwischen Staat und Kirche sollte man mit einer gehörigen Portion Skeptizismus begegnen. „Jesus for President“ scheint in genau diese Kerbe zu hauen. Der Schuss kann nach hinten los gehen, wenn sich die Wähler einen Messias in einem politischem Amt wünschen.
(Aber, da ich das Buch nicht kenne, kann ich natürlich nicht mitreden …)
Ich stimmt dir absolut zu. Claiborne geht sogar noch weiter und sagt, dass die Kirche mit dem Machtgewinn ihre Seele verliert. Statt um das Stützen der Ärmsten geht es mehr und mehr um den Erhalt und Ausbau der eigenen Position.