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Sonntag. Auftanken.

Eine der wenigen Charakterschwächen meiner Frau ist ihre Abneigung zu tanken. Sie hasst es, zur Tankstelle zu fahren. Und normalerweise fährt sie die Anzeige runter, so weit es geht.

Unser altes Auto war noch deutlich cooler als unser jetziges, denn es konnte den Füllstand des Tanks digital anzeigen. Wenn meine Frau zu lange nicht tanken war, gab es einen kleinen Warnton, der sie daran erinnerte.

Das beste an dem Auto war aber, dass es eine Anzeige hatte, wie viele Kilometer man noch fahren konnte, bevor der Tank endgültig leer ist. Meine Frau fuhr dann immer so lange, bis noch es noch rund vier Straßen weit reicht, bevor sie heimfuhr und mir die Schlüssel mit der Aufforderung in die Hand drückte, einkaufen zu fahren.

Wir haben seit einigen Jahren auch einen Propangasgrill. Und wie beim Auto ist das Austauschen dieses schmutzigen Behälters bei uns verhasst. An der Seite gibt es so einen Signalstreifen (wie bei manchen Batterien), der die Farbe je nach Füllstand ändert. Und wir warten jedesmal, bis die Tonne komplett leer ist, bevor wir sie neu füllen.

Im Sommer letzten Jahres waren viele Freunde von uns gekommen, um bei uns zu grillen. Meine Frau kaufte also eine Menge Steaks – ich als Vegetarier halte mich da so weit es geht raus.

Der Grundgedanke war, genügenden Fleisch zu holen, um zwanzig Leute satt zu bekommen und ich dachte, “Okay. Ich werde das ganze Fleisch auf einmal auf unseren Grill schmeissen. Auf die Weise spare ich Gas und muß nicht so schnell wieder los, um einen neuen Behälter zu kaufen.”

Also habe ich jeden Quadratzentimeter des Grills mit Fleisch abgedeckt, aber ich habe nicht bedacht, wieviel Fleischsaft von soviel Steaks runftertropft und wieviel Feuer das erzeugt. Unsere Terasse war vollständig von Rauch bedeckt und unsere Nachbarn schauten besorgt und waren überzeugt, dass wir unser Haus abfackelten und dass ihres als nächstes dran wäre. Innerhalb unseres Grills hat der Lack Blasen geworfen, alles ist bis heute verkohlt und schmutzig. Aber:

Ich musste den Behälter nicht neu nachfüllen. Ich hatte mein Ziel erreicht.

Der Grund, das ich das erzähle, ist: Nicht nur Autos und Grills haben Tanks, nicht wahr?

Menschen haben sie auch.

Und ich merke, dass mein Alltag diesen Tank oft leert. Und dann muss ich mir immer wieder Zeit für die Dinge nehmen, die wirklich wesentlich sind. Dinge, die meinen Tank wieder auffüllen.

Heute. Sonntag.

Ein Gedanke zu „Sonntag. Auftanken.“

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