Seit der letzten Klassenarbeit steht bei meinen Siebenern das Thema “Geometrie” auf dem Plan. Winkel und Winkelmessen. Konstruktion von Dreiecken.
Der Themenwechsel ist eine Erleichterung für viele, weil Geometrie immer auch etwas Ästhetisches hat, leichter zugänglich ist und sich eine Menge blutiger spannender Geschichten darüber erzählen lässt. Mir bereitet der Kurs außerdem große Freude, weil ich nun endlich zum edelsten vorstoßen darf, das die Mathematik zu bieten hat: den Beweisen.
Behauptung: In einem Dreieck beträgt die Summe aller Winkel 180°.
Beweis: …
Ahhhh. Da schlägt das Herz eines jeden Mathematikers höher .
Natürlich sehen die Schüler das anders. “Das wissen wir doch schon!” “Weil es halt so ist”. Aber warum beträgt die Summe in jedem Dreieck 180°? Und warum in jedem Viereck 360°? Und warum in jedem Fünfeck 540°? Wie kann ich herausfinden, wie die Summe aller Winkel in einem 18-Eck ist? In diesen Stunden versuche ich der Klasse einen kleinen Einblick in den Kern, die Essenz der Mathematik zu geben. Beweise sind sozusagen die Stahlträger des ganzen Gebäudes Mathematik. Ohne sie würde alles zusammenfallen. Und nun kann man vom ganz kleinen (Nebenwinkel) zum ersten zaghaften Begründen (“Wieso sind Scheitelwinkel gleich groß?”) über erste Beweise (Innenwinkelsummensatz) hin zu (für die Klasse 7) komplexen Beweisen mit mehreren Schritten (“Und im 18-Eck?”) gehen.
Hach… Ist das nicht grandios?
”Beim Himmel”, schrieb Goethe einst, “dieser Beweis ist schön!”
So etwas hab’ ich nie gesehn.
Er ist so sitt- und tugendreich.
Und etwas schnippisch doch zugleich.”
(oder so ähnlich…)
(Nur zu kontern mit Epicharm: „Für den Esel ist die Eselin das Schönste.“)