Frustriert sitze ich heute morgen in der Schule: Mein Blog ist schon wieder offline.
Seit der letzten Attacke habe ich alle meine Passworte durch kryptische Zahlen- und Zeichenfolgen ersetzt – mit der Folge, dass ich seitdem immer nachschlagen muss, was genau wo mein Zugangscode ist. Außerdem habe ich Filter installiert, die ein Einloggen in den Blog außerhalb von Deutschland unterbinden. Und auch wer dreimal hintereinander das falsche, ellenlange Passwort eingibt, muss sich zunächst eine neue ip suchen. Nach menschlichem Ermessen – zumindest aber nach Alltagsuser-Ermessen – habe ich alles getan, was in meiner Macht steht, um meine Homepage stabil zu halten.
Und trotzdem sitze ich frustriert da und vermute eine erneute Attacke aus dem Ostblock.
Hier und da ermuntern mich Schüler (Danke!) – ich solle meinen Blog nicht aufgeben. Das war sehr nett. Aber nach den vielen Stunden Arbeit letztes Mal, ist meine Motivation auf dem Boden. Ich werde das bloggen aufgeben. Ausführlich denke ich darüber nach, welches neue Hobby ich mir suchen könnte. Zumindest habe ich zukünftig wohl mehr Zeit, meinen Unterricht vorzubereiten – vorbei die Zeit der Schwellenpädagogik1.
“Herr Klinge”, unterbricht mich Yuri in meinem Tagtraum. Yuri ist ein stummer, blonder Junge, der erst seit kurzem in Deutschland ist. Ich weiß nicht, ob Juri in diesem Schuljahr überhaupt schon mal etwas gesagt hat. Mühsam konzentriere ich mich wieder auf den Unterricht. “Wenn Sie mir geben 5 Minuten an Computer, ich repariere Ihren Blog”.
Irritiert schaue ich ihn an, entsinne mich dann aber an meine Aufgabe. Wir sind hier in der Schule. Ich bin Lehrer. Und meine Aufgabe ist es – verdammt nochmal – Kinder zu beflügeln und etwas beizubringen.
“Los geht’s, Yuri!”, feuere ich ihn an und füge noch hinzu: “Und ihr andern, aufgepasst: Vielleicht lernt ihr noch was!”
Yuri setzt sich an den LehrerPC, über den Beamer schauen wir alle gebannt mit. Ob die NSA in diesem Moment auch zuschaut?
Zehn Minuten später steht mein Blog wieder. Yuri setzt sich wortlos auf seinen Platz und versinkt wieder in Schweigen. Ich traue mich nicht mal zu fragen, was eigentlich passiert ist, geschweige denn, wie er …das Dings… repariert hat.
Macht nichts.
Hurra! Ich habe meinen Blog wieder.
1: ein müder Lehrerscherz: Als Schwellenpädagogik wird jene Pädagogik bezeichnet, die man sich beim Übertreten der Türschwelle ausdenkt. Fällt in die Gleiche Kategorie wie die Hammer-Pädagogik (“Was hammer letzte Stunde gemacht?”)
Es ist eine wunderschöne Erfahrung und es freut mich , dass Yuri bei Ihnen ist. Er hat Talent!
Hammer-Pädagogik…. schenkelklopf, Kreisch, wieher, Schnappatmung,…
Ich möchte Yuri gerne eine Tafel Schokolade zukommen lassen. Ein Hoch auf Heterogenität!
Oh wie schön ist das denn?
Individualisierung pur. Da verstummen doch so Lehrerzimmer-Sätze wie „SchülerIn XY ist halt doof. Ist halt so…“
Dies erinnert mich an die Pinguin-Geschichte von Herrn Hirschhausen: http://www.youtube.com/watch?v=Az7lJfNiSAs
Eine richtig gute Geschichte! 🙂
Mich würde dennoch interessieren, was er gemacht hat :).
Und b): Ein Hosterwechsel wäre wahrscheinlich angebracht. Wenn der etwas trutschelig arbeitet, muss der Angreifer von außen ja nicht unbedingt deine Zugangsdaten bekommen haben, sondern kommt über einen anderen User, der irgendwo auch seinen Blog fährt, auf demselben Server gehostet wird und eben nicht dieselben Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hat.
Ansonsten: Cool. Wir könnten solche gebrauchen, um die neue Schulverwaltungssoftware zu verbessern, die wir grad in die Schulen geschüttet bekommen haben. Die wurde angeblich auch zum Teil in Russland programmiert.
Ich denke darüber nach – das Problem ist, dass man (also ich) in solchen Sachen so unglaublich träge ist: Es funktioniert jetzt wieder und ich hoffe einfach, dass es dabei bleibt.
Ich weiß nicht mal mehr, wie man wordpress installiert – das sind so Sachen, die macht man einmal und vergisst sie wieder. Geschweige denn, irgendwelche Feinkonfigurationen. Ich habe auch schon vergessen, wie ich die – im Artikel erwähnten – Sicherungen und Filter eingerichtet habe.
Ich hatte allerdings kurz erwogen, wieder auf eine freie blabla.wordpress.com-Domain umzuziehen – dann hab ich den Kram nicht mehr an der Backe.
Nicht zu vergessen die Autodidaktik: Unterricht während der Fahrt zur Schule vorbereitet.
So, ich hatte starke Schmerzen als du geschrieben hattest dein Blog aufzugeben. Mich würde es wie tommdidomm auch sehr interessieren was Yuri gemacht hat, bzw. wo das ursprüngliche Problem lag. Aber auf jedenfall ist er der Held des Tages. Also vielen Dank an Yuri und auch ein großes Dankeschön an dich, das du immer noch weitermachst!
Was mich aber noch interessiert, ob du den auch WordPress immer aktuell hältst, besonders wenn dir schon die Installation Probleme bereitet scheint das nicht unbedingt der Fall zu sein. Aber eins kann ich auch sagen, so einfach ist es auch wiederrum nicht. Also ich kann verstehen wenn du manchmal davon ein wenig genervt bist 😀
Also weiter machen und niemals aufgeben und wie eh und je. Hier stehen viele Leute dir mit Rat und Tat beiseite.
MfG Stephan
Ach, das habe ich ja nur überspitzt formuliert: Hier ist schon alles aktualisiert und auch konfiguriert. Ein bissel Ahnung habe ich ja schon. Letzten Endes müssen sich aber Aufwand und Nutzen die Waage halten und beim Gedanken, schon wieder alles neu aufzurollen und mich mit dem Support rumschlagen zu müssen, fehlte mir dann einfach die Lust. Letzten Endes will ich einfach nur ein paar Geschichten aus dem Alltag erzählen und nicht Informatiker werden.
Was letzten Endes kaputt war, habe ich nicht verstanden (irgendwelche SQL-Datenbanken oder so – vielleicht hat er das aber auch einfach nur vor sich hingemurmelt und es hat nichts damit zu tun…) und auch nicht, warum ‚es‘ überhaupt kaputt gegangen ist. Aber ich weiß zumindest, wer es reparieren kann 😀