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15 Fragen die “Wie war es in der Schule?” ersetzen.

„Na, was habt ihr heute in der Schule gemacht?“ – „Nix.“
Seit 200 Jahren der beliebteste Dialog zwischen Eltern und Kindern beim Essen.

Dieser Scherz wurde mir zuletzt weitergeleitet und tatsächlich: Immer wieder mal berichten mir Eltern, sie würden von der Schule so wenig mitbekommen: Wann immer sie ihre Kinder fragten „wie es in der Schule so war“, gäbe es meist einsilbige Antworten: „Gut.“ „Wie immer.“ „Alles okay.“
Als Elternteile fühlen wir uns ein Stück weit verpflichtet, immer wieder nachzubohren, obwohl wir nichts zu hören bekommen. Manchmal fragen wir nur der Form halber (und sind auch gar nicht an der Antwort interessiert) und manchmal wissen wir gar nicht, was man denn groß fragen solle.

Als Lehrer hoffe ich, dass meine Schüler all die großartigen Dinge aus der Schule mit ihren Eltern teilen und als Vater will ich die Erlebnisse meiner Kinder hören. Mit zwei mitteilungsfreudigen Töchtern bin ich diesbezüglich noch recht gesegnet, aber zuweilen kann eine Veränderung der Fragestellung dazu führen, dass auch Eltern von schweigsamen Jungs etwas mehr am Schulleben ihrer Kinder teilhaben können.

Statt zu fragen „Wie war es in der Schule“, möchte ich euch folgende Alternativen vorschlagen, die ich dreist von Elena Aguilar geklaut1 habe:

  1. Erzähl mir von einem aufregenden Moment heute.
  2. Gab es eine Stunde, in der du nichts mehr verstanden hast?
  3. Denk mal kurz darüber nach, was du heute alles gelernt hast. Gibt es etwas, worüber du gerne mehr erfahren würdest? Was wäre eine Frage, die aus deinem Schultag heute entstanden ist?
  4. Gab es heute einen Augenblick, an dem du Angst hattest? Oder dir Sorgen gemacht hast?
  5. Gab es heute Situationen, in denen jemand unhöflich zu dir war? Erzähl mir davon.
  6. Gab es heute einen Moment, indem ein anderer aus der Klasse etwas Gutes für dich gemacht hat oder besonders nett zu dir war?
  7. Gab es heute Augenblicke, in denen du stolz auf dich warst?
  8. Erzähl mir von einem Gespräch mit einer Freundin, das wunderbar war. Worüber habt ihr gesprochen?
  9. Was hat dich heute herausgefordert?
  10. Was war großartig heute?
  11. Was hast du heute über dich selbst gelernt?
  12. Gibt es etwas, über das du sprechen willst, bei dem ich dir helfen kann?
  13. Gibt es etwas, worüber du dir Sorgen machst?
  14. Worauf freust du dich, wenn du an morgen denkst?
  15. Gibt es etwas, dass ich dich über deinen Tag heute fragen soll?

Tipps zum Fragen stellen

Wann und wie wir diese Fragen stellen, hat gewaltige Auswirkungen auf die Antwort, die wir bekommen. Zunächst einmal soll das natürlich kein FBI-Verhör werden: Bitte nicht alle 15 Fragen der Reihe nach abarbeiten, am besten hinter einer blendenden Schreibtischlampe: „Rede, Junge!“

Ein oder zwei Fragen genügen völlig und nach einer Weile bekommt man ein Gefühl dafür, welche Fragen funktionieren. Außerdem sollte man nur dann fragen, wenn man auch Zeit und Lust zum Zuhören hat: Nicht während der Bundesliga, nicht während man am Schreibtisch sitzt. Bei uns eignen sich gemeinsame Autofahrten oder das Abendessen vorzüglich. Mit der Zeit werden solche Gespräche zu familiärer Routine: Meine Tochter weiß inzwischen genau, dass sie von mir durchgekitzelt wird, wenn sie behauptet, im Kindergarten „nix“ gemacht zu haben.

Grundsätzlich sollte man folgende Aspekte im Hinterkopf behalten:

  • Nicht unterbrechen.
    (eine gute Regel für alle Unterhaltungen, die aber besonders gilt, wenn die eigenen Kinder etwas erzählen.)
  • Nach mehr fragen.
    „Ich würde gerne mehr darüber hören.“ Oder „Kannst du das etwas weiter ausführen?“
  • Nach Gefühlen fragen.
    Nachdem meine Tochter etwas erzählt hat, frage ich manchmal “Wie ging es dir in dem Moment?” “Was hast du gefühlt?”
  • Gefühle stehen lassen.
    Was immer Kinder auch empfinden oder fühlen – es ist okay. Gefühle sind in Ordnung.
  • Sich bedanken.
    Ein wertschätzender Umgang ist unfassbar wichtig. Kinder suchen Aufmerksamkeit und Bestätigung. Es kann nur gut sein, sich für die Ehrlichkeit und das Gespräch zu bedanken. Dies wird Kinder ermutigen, mehr zu erzählen.

1: mit freundlicher Genehmigung von Elena Aguilar

6 Gedanken zu „15 Fragen die “Wie war es in der Schule?” ersetzen.“

  1. Pingback: Was hast du heute in der Schule gemacht? Nix?! – Toprakoglu

  2. Habe ich gleich mal meiner Ehepartnerin als Link geschickt.

    Unsere Kinder sind erst im Kindergarten, auch dafür passt dieser Artikel hier schon (zumindest teilweise), finde ich.

  3. Ha, danke! Gerade hatten wir über das Thema geredet – der Link ging gleich dem liebsten Gatten zu. Grundsätzlich hilft konkreter fragen immens. „Habt ihr heute in Erdkunde wieder Südeuropa gemacht? War’s immer noch langweilig?“ bringt wesentlich mehr als „Wie war’s?“ – und ich erinnere mich selbst noch, wie ich mittags gutgelaunt aus der Schule kam, Mutter vielbeschäftigt in der Küche, ohne mich anzusehen: „Na, wie war’s? – was ist denn? – hat dich jemand geärgert? – warum hast du denn so schlechte Laune?“ – plumps, war die Laune wirklich im Keller…

  4. Ich erinnere mich, dass ich mir als Jugendliche gewünscht hätte, dass ich eigentlich lieber irgendetwas gefragt worden wäre, wodurch ich merke, dass man mir beim letzten Mal zugehört hat. Also zum Beispiel:
    „Wie war der Mathe-Test heute?“
    „Hast du deinen Aufsatz, an dem du gestern so lange gesessen hast, heute vorgelesen?“
    „Konntest du dich mit deiner Freundin wieder vertragen?“
    „War der Geschichts-Unterricht heute wieder so langweilig?“
    etc.

  5. Eine wirklich schöne Anregung. Ich ertappe mich selber auch immer wieder bei dem Verhör-Fragen stellen. Dabei finde ich die selber blöd.
    Nur eine Sache retten die Fragen auch nicht: wie bekomme ich raus, ob es ominöse Zettel, Infos oä. gibt? 😀

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