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Vorbilder am Mittagstisch.

Ausgehend von einem ganz wunderbaren Bild und einem ganz schrecklichen Kommentar bei Twitter habe ich meine Schülerinnen und Schüler heute gefragt, was sie für Vorbilder hätten. Einige Jungs nannten Youtuber. Viele sagten, ihre Eltern seien Vorbilder. „Meine Mama ist manchmal streng aber hat mich lieb. Die passt auf, dass ich keinen Quatsch mache, darum ist die mein Vorbild!“ Eine Schülerin nannte einen Lehrer als Vorbild, weil er das Beste aus ihr herausholen würde und ein Schüler nannte einen Siebtklässler als sein Vorbild. „Mein Vorbild ist der Cemal aus der 7e! Der ist immer freundlich, irgendwie immer zu sehen und auch Schulsprecher. Das will ich auch werden!“

Ganz großartig! Bei Gelegenheit werde ich das Cemal erzählen. Ich überlege, eine Art „People who inspired me“-Wand im Klassenraum einzurichten, die uns unsere Vorbilder präsent hält. Wo wollen wir hin? Was treibt uns an?

Außerdem auf Twitter: Ein User schreibt: Vorbilder am Mittagstisch. 1

Mein Kind kommt erst in 3 Jahren in die Schule. Und ich weiß schon jetzt, was mich dort erwartet. Das gleiche, was ich erlebt habe. Mit dem Unterschied, dass ich auf den Kampf vorbereitet bin. Beim ersten Fehlverhalten steht die Leitung zum Kultusministerium. Punkt.“

Und darunter kommentiert jemand:

„[…] Es ist wichtig, dass Eltern sich vernetzen und nicht jede Familie bei Null anfängt. Nur so können Missstände im Schulsystem behoben werden.“

Liebe mitlesende Eltern,
viele Dinge sind wichtig. Auch vernetzen ist wichtig und manchmal ist es auch wichtig, für die Rechte seines Kindes zu kämpfen. Aber dieser erste Beitrag ist eine absolute Katastrophe und ausgehend von diesem Text ist die Schulkarriere des Kindes vorprogrammiert. Eine „self-fulfilling prophecy“. Wie geht dieses Kind in seinen ersten Schultag?

Das wichtigste, was Sie Ihrem Kind, das bald in die Schule kommt, mitgeben können, ist eine große Lust auf Schule. Eine große Lust auf Lernen. Die Erwartung schüren, dass man viele neue Freunde kennenlernt. Das man wie durch Zauberei „Lesen“ lernt. Und richtiges „rechnen“. Bis Tausend! Und das man forschen lernt. Und entdecken. Und Exkursionen macht. Und das man in der Schule die ganze Welt kennenlernt.
Wie geht ein solches Kind in seinen ersten Schultag?

Das betrifft in gleichem Maße uns Lehrer.
Eine Klasse, die ich mit „Ach, ihr seid die Chaoten-Klasse“ begrüße, verhält sich exakt so. Ich halte es für völlig legitim, zahlreiche Lieblingsklassen zu haben. Und ich erzähle ihnen auch oft, ich hätte viel Gutes gehört und sie könnten so unglaublich leise arbeiten. Und wie verhalten sie sich dann wohl

Die innere Haltung ist ein wahnsinniger Antreiber – in beide Richtungen.
Es tut mir leid, dass die Schulzeit des Twitterers ihn hat bitter werden lassen. Dass er Schule als ätzend, ungerecht und herabwürdigend empfand. Aber – Herr im Himmel – bitte gebt diese Wunden nicht an eure Kinder weiter. Schule kann ein wundervoller, anstrengender, zauberhafter Ort sein an dem man Wissenschaft betreibt und Kunst erschafft und Gedichte liest und Sprachen singt und Freunde trifft und mit anderen Ländern telefoniert und Projekte startet. Aber man muss das auch erwarten.

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3 Gedanken zu „Vorbilder am Mittagstisch.“

  1. Danke Jan! Ich persönlich hatte auch eine ziemlich miserable Schulzeit, aber ich versuche trotzdem – und bislang erfolgreich – meinem Sohn eine positive Einstellung zu vermitteln. Schief gehen können viele Dinge im Leben – aber es schadet nie, mit einer offenen und freudigen Haltung anzufangen.

  2. Ich nehme mir selten Zeit für so persönliche Kommentare wie diesen:

    Ich hatte eine bescheidene Schulzeit. Wirklich richtig schlimm. Abgesehen davon, dass meine Mitschüler mich später gemobbt haben (wobei ich ja froh bin dass es damals noch kein Cybermobbing gab – es also außerhalb der Schule vorbei war) hatte ich auch richtig miese Lehrer. Aus heutiger, erwachsener Sicht, glaube ich das unsere Dorfschule einfach das Abstellgleis für beamtete Lehrer war, die sich aufgegeben hatten. Lehrer die wirklich Lust am unterrichten hatten, die waren ganz schnell wieder weg.
    Schönes Beispiel: Schon in der ersten und zweiten Klasse hatten wir eine sehr strenge Lehrerin die uns oft angepflaumt hat. Ich erinnere mich da an eine Situation in der 2. Klasse, da ging es ums „Mit dem Füller schreiben lernen“ und die Lehrerin wollte mir helfen, fragte mich welches meine Schreibhand sei und ich verwechselte vor Aufregung Links und Rechts. Kann ja mal passieren. Passiert meinem Sohn auch. Als sie mir den Füller in die linke Hand legte, merkte ich den Fehler und stellte es richtig. Da hat sie mich dermaßen angeschnauzt, dass ich am liebsten geheult hätte und von da an Angst hatte ihr falsch zu antworten.
    Ich verlor schnell die Lust am Lernen, am mitmachen und an der Schule. Ich bin ungern hin gegangen. Das sieht man auch schon an meinen ersten Zeugnissen. Da stehen so nette Sätze wie „arbeitet wenig mit“ und „ist nicht in die Klassengemeinschaft integriert“. Dagegen unternommen wurde aber nie was. Auch nicht gegen das Mobbing.

    Ich mag an meine Schulzeit nicht zurückdenken. Wenn ich mal an meine Schulzeit denke, habe ich einen riesigen Knoten im Bauch und mir wird übel. Ich habe nie ein Klassentreffen besucht und werde es auch nie tun.

    Nun habe ich aber zwei Kinder, die müssen ja zwangsläufig auch mal in die Schule. Eines davon ist 2017 eingeschult worden. Tja, nun stehe ich also auf der Elternseite der Schulzeit. Wie wird die Schulzeit für mein Kind?
    Ich habe meinem Kind nie erzählt welch schreckliche Schulzeit ich hatte. Er war vor der Einschulung sehr ängstlich. Es gab Abende an denen er im Bett weinte: „Mama, was soll ich denn da? Ich kann doch noch gar nicht schreiben oder rechnen!!!“ – meine Einwände, dass seine Freunde das ja auch nicht könnten, man ja die Schule besucht um das zu lernen, und man das vorher nicht können muss WEIL man es dort lernt, verhallten unakzeptiert. Er hatte einfach total falsche Vorstellungen.
    Die legten sich aber zum Glück, da der Kindergarten eng mit der Schule zusammenarbeitet, es einen sanften Übergang mit Besuchsstunden usw. gibt. Da hat er dann gemekrt dass ich recht habe und ab da freute er sich.
    Ich habe mir auch die Schule unvoreingenommen angeguckt, alle Fragen die ich hatte beim Elternabend gestellt und hätte, wenn nötig, auch das persönliche Gespräch gesucht. Er hat eine gute Schule erwischt. Eine wundervolle Klassenlehrerin. Er ist jetzt in der zweiten Klasse, geht in den Ganztag und liebt den Unterricht wie die AGs. Ich höre bei den Elterngesprächen viele gute Sachen und auch die Zeugnisse zeugen davon, dass er Spaß am lernen hat. Er ist immer noch mit Eifer bei der Sache und wenn wir (weil Brillenkind) zum Augenarzt müssen und ich ihn dafür früher von der Schule abmelde, fragt er nach dem Augenarzt jedes Mal ob er denn noch in die Schule dürfe, ob die AG noch machbar sei. Das sind für mich gute Zeichen und ich freue mich sehr das er Spaß hat. Er ist in der Schule angekommen wie ich es nie konnte.

    Klar ist die Schule nicht perfekt. Auch hier gibt es Schwierigkeiten und Probleme. Aber es sind ganz andere als meine.
    Er ist nicht ich. Seine Schule ist nicht meine. Und selbst wenn sie es wäre, wären es nicht die selben Lehrer. Aber sicher wäre ich dann kritischer, das muss ich zugeben wenn ich ehrlich bin. Aber das wäre, wenn man die ganze Geschichte kennt, sehr verständlich.

    Es muss sich nicht zwangsläufig alles wiederholen. Es muss nicht immer das selbe sein. Es sind nicht alle Lehrer schlecht und alle Schulen Mist.

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