In meiner Reihe „Tabletschule im Aufbau“ beschreibe ich, wie meine städtische Gesamtschule vorgegangen ist, um Tablets intensiv in den Schulalltag einzubinden. Die gesamte Reihe findet sich hier. Im letzten Teil beschrieb ich, wie wir uns viele Monate lang über verschiedene Betriebssysteme und Geräte informiert und letztlich für eine 1:1 Ausstattung mit dem Surface Go entschieden haben.
Jede Entscheidung – egal in welche Richtung sie getroffen wird – wirft immer auch die Frage auf: Wie sehr beeinflusst eine Firma das Schulprogramm? Dies geschieht weniger über eine morgendliche Applaudier-Gasse begeisterter Apple-Mitarbeiter oder gesponsorte Werbebanner mit dem Google-Logo, sondern vielleicht unabsichtlich: Kinder, die jahrelang mit Microsoft Office arbeiten, werden im Berufsalter eher unflexibel auf LibreOffice reagieren. Die Stadt München lässt grüßen.
Die Mahnung vor dem Einfluss der Wirtschaft ist berechtigt und wichtig. Critical Thinking als Kernkompetenz. Das Land hat an verschiedenen Stellen versucht, eine Alternative zu den amerikanischen Angeboten ins Leben zu rufen und ist immer wieder gescheitert. Aktuell streitet sich Baden-Württemberg um 26 Millionen Euro für eine Schulplattform, die wohl nie an den Start gehen wird.
Das Internet ist bald 30 Jahre alt und steht in Deutschland immer noch nicht allen Schülern zuverlässig zur Verfügung. Dreißig Jahre! Das sind drei komplette Schülergenerationen. Wie lang sollen wir denn warten?
Die Angst vor dem möglichen Einfluss der Wirtschaft auf die unabhängige Bildung darf Schule – und das ist meine persönliche Meinung – aber nicht lähmen. Es muss Bewegung ins System.
Letztlich muss man konstatieren, dass Apple, Google und Microsoft einfach sehr zuverlässige, sehr bedienerfreundliche Software herstellen. Das funktioniert einfach und der Zugang ist deutlich leichter, als bei den Alternativen.
So wenig, wie wir uns die Computer selbst zusammenlöten können, sind wir in der Lage, die Software selbst zu programmieren. Trotzdem kann – und sollte – man versuchen, die Abhängigkeit von einzelnen Firmen so gering wie möglich zu halten.
Als städtische Schule mit bescheidenen Mitteln werden wir im Unterricht oft auf OpenSource-Software zurückgreifen. LibreOffice läuft auf den Tablets der Schülern und ist sowohl kostenlos, als auch funktionsstark. GeoGebra im Mathematikunterricht und Etherpads sind weitere Beispiele. Vieles ist möglich.
Darüber hinaus denke ich immer wieder über ein Worst Case Szenario nach: Was, wenn dieses oder jenes Produkt eingestellt wird? Das trifft kommerzielle Produkte ebenso wie freie. Der Unterricht darf nicht zwingend von OneNote, Teams oder Geogebra abhängen. Solche Alternativen werden bei uns in einem Notfallordner skizziert und festgehalten.
Man muss jedoch auch klarstellen: Alle Alternativen sind – zum jetzigen Zeitpunkt – zwar möglich aber sehr aufwändig und im Funktionsumfang deutlich eingeschränkter. Da muss viel gebastelt und viele Kompromisse eingegangen werden.
Kurzer Vorausblick: Im nächsten Teil geht es darum, wie „digitaler Unterricht1“ eigentlich aussehen kann.
1: „digitaler Unterricht“ ist an dieser Stelle ein Sammelbegriff für normalen Unterricht, bei dem digitale Werkzeuge zum Einsatz kommen. Er ist ungenau und schlecht – aber an dieser Stelle für Einsteiger zweckdienlich.