Mittlerweile laufen die Tablets seit sechs Wochen durchgängig in unseren 5. Klassen. Unser Konzept sieht vor, sie als zunächst Heftersatz zu nutzen, das bedeutet, die Geräte werden in der ersten Stunde herausgeholt und durchgängig bis zur letzten Stunde um 15:35 Uhr genutzt. Die Schülerinnen und Schüler haben den Umgang mit den Geräten binnen kürzester Zeit gelernt. Einfügen von Fotos, Kopieren von Arbeitsmaterial, verändern von Stiften und Papier und das drahtlose Verknüpfen mit dem Beamer samt Präsentation eigener Arbeitsergebnisse – all das stellt für die Kinder kein Problem dar und wird Tag für Tag erprobt.
In verschiedenen Fächern kommt außerdem Microsoft Forms intensiv zum Einsatz: Damit lassen sich leicht Umfragen und Multiple-Choice-Tests erstellen und ich habe sie in Mathematik zur Selbsteinschätzung vorbereitet. Meine verrückte Klasse hat die vier verschiedenen Mathe-Tests in den letzten Wochen über dreihundert (!) Mal durchgeführt.
Ganz spannend zu beobachten ist, wie die Schülerinnen und Schüler systematisch ihr eigenes Wissen erweitern. „Herr Klinge“, meldet sich heute Tomáš, „ich habe mir auch mal Forms angeguckt und ein eigenes Quiz erstellt. Zu Minecraft!“ Augenblicklich wird es still in der Klasse – viel ruhiger, als ich es je erreicht habe. Minecraft? MINECRAFT? Doch Tomáš will nicht angeben, sondern hat eine Frage: „Herr Klinge, wie kann ich das denn jetzt mit Lukas und Hunor teilen?“
Egal, welchen theoretischen Modellansatz man bezogen auf digitales Lernen betrachtet, es wird stets unterschieden zwischen dem „Konsum“ mittels digitaler Werkzeuge (z.B. Lernvideos gucken) und der Produktion derselben (z.B. Lernvideos selbst herstellen). Dieser eine Schüler ist, von sich aus, unzufrieden mit dem Status Quo und wollte mehr, wollte weiter hinaus. Ihm reicht es nicht, vom Lehrer vorgefertigte Quizze abzuarbeiten, sondern er will wissen, wie man sie selbst erstellt.
Innerlich feiere ich diese Grenzerweiterung total: Genau da will ich hin.
Eher schon problematisch ist dagegen die Umsetzung des Blumendienstes. Egal wie pflichtbewusst die Mienen zu Beginn auch sind – am Ende der Woche winken die Pflanzen traurig und vertrocknet mit ihren dürren Blättern um Hilfe. Lange geht das nicht mehr gut. Es wird also auch an dieser Stelle Zeit für einen sinnvollen Nutzen der Technik.
Gemeinsam öffnen wir auf den Computer den Kalender – der Bildschirm eines Schülers wird vorne anprojiziert. Gemeinsam erstellen wir einen Kalendereintrag (ein Serienelement) und schauen, dass es zu einer günstigen Zeit losbimmelt und alle Kinder daran erinnert, die Blumen zu gießen.
Auch hier gilt: Uns erwachsenen Lesern mag es trivial erscheinen, den Kalender zu nutzen – aber auch das muss irgendwann gelernt sein. Digitalisierung meint bei uns die Bewältigung des Alltags leichter, schneller und besser und weniger den Einsatz von Zauberkunststückchen.
Heute, nach einem Quartal, bin ich von dem Ansatz mehr denn je überzeugt.
Außerdem gab es heute die obligatorische Ferienhausaufgabe von mir und meiner Co:
- Entweder: Klettere auf einen Baum. Schieß ein Foto davon und maile es uns zu (oder zeig es nach den Ferien)
- Oder: Schreib deine 3 lustigsten Witze auf und schicke sie uns per Mail.
- Oder: Verfasse ein lustiges Gedicht und schicke es uns per Mail.
Ich freue mich jetzt auf die Ferien: Einen Klassensatz Arbeiten habe ich mitgenommen, dazu einige Projekte, die realisiert werden wollen und für die ich zuletzt viel zu wenig Zeit hatte. Mehr davon aber später.