Den heutigen Samstag habe ich mit einem wunderbaren Kollegen und einigen Schülern an der Gesamtschule in Wenden verbracht – dort wurde der regionale Lego-Roboter-Wettbewerb ausgerichtet. In den vergangenen Monaten durften sechzehn Teams einen Roboter bauen, der verschiedene Aufgaben meistern sollte: Kisten müssen verschoben oder angehoben werden, Elemente ausgelöst werden oder den Roboter auf eine Brücke fahren lassen. Der Sieger des Wettbewerbs kommt in die nächste Runde und kann – theoretisch – bis zum Finale rund um die Welt reisen.
Wir sind auf den letzten Drücker in die Veranstaltung gerutscht und haben es mehr als amüsantes Event betrachtet: Ein lockerer Wettstreit bei dem es in erster Linie darum geht, miteinander Spaß zu haben. Einzelne Bestandteile des Wettkampftages waren bspw. ein Forschungsprojekt und auch eine Präsentation über das Robo-Design.
Alles Elemente, die in der Theorie völlig überzeugen – mich in der Praxis aber eher genervt haben. Kinder, die sich in einer Roboter-AG engagieren leben tendenziell ein wenig in ihrer eigenen Welt: Die wollen sich am liebsten knietief im Lego eingraben und stundenlang programmieren und experimentieren. Das macht ihnen Spaß. Der erzwungene Fokus auf ein Forschungsprojekt rund um die Schule ist für Eliteschüler im Hinblick auf den Beruf vielleicht reizvoll – aber für viele wohl eher mühsame Pflicht. Gefühlt stehen unsere Kinder eher stumm vor der fünfköpfigen Jury und fragen sich, was da gerade von ihnen gefordert wird.
Insbesondere – und ihr merkt schon, ich bin heute eher kritisch – da der Wettbewerb von den meisten Teilnehmern sehr ernst genommen wird. Da trafen unsere zwölfjährigen Kinder auf Zehntklässler, die überdies auch noch von Informatikstudenten der hiesigen Universität betreut werden. Da geht es dann nicht mehr so sehr um Spaß, sondern um intensiven Wettkampf. Zwischen den Zeilen erfahre ich nicht nur, dass die ein oder andere Schule gleich mehrere Teams schickt, sondern auch, dass viele kleinere Schulen früher gern, aber inzwischen nicht mehr an den Wettkämpfen teilnehmen. Wenn viel Konkurrenzdenken und Ellbogen im Spiel ist, macht es halt nicht mehr allen Spaß.
„Wie habt ihr euch denn auf den Wettkampf vorbereitet?“, fragt die Jury, „Wie seid ihr zu diesem Wettbewerb gekommen?“ und unsere Jungs schauen sie mit großen Augen an. „Ja, also, wir sind mit dem Bus zum Bahnhof gefahren und da hat uns Herr Klinge abgeholt!“
Spätestens da war klar – wir hatten wohl falsche Erwartungen. Symptomatisch auch der Wettkampf am Nachmittag: Während andere Gruppen mit großen, schweren Kisten voller Ersatzteile und riesigen Kampfrobotern zum Spieltisch antreten, ist unser Roboter klein, leicht und funktional. „Wo ist denn eure Kiste?“, fragt einer der Schiedsrichter und erntet irritierte Blicke: „Wieso? Ist doch alles am Roboter dran!“
Seit November, als wir buchstäblich im letzten Moment noch in den Wettbewerb gerutscht sind, haben unsere Jungs viele Stunden ihrer Freizeit geopfert und sehr engagiert gebastelt, probiert und programmiert. Und auch heute wurde im Verlauf des Tages immer intensiver gearbeitet. Für meinen Kollegen und mich war dieses gruppendynamische Element ganz toll zu sehen. Die Jungs wechselten sich ab, damit jeder mal vorne auf der Bühne beim Wettbewerb dabei sein kann und brachten allesamt Ideen und Vorschläge ein. Genauso soll Kooperation sein und die Veranstaltung ludt auch dazu ein. Ganz großes Kino! Überhaupt ist das rauskommen aus dem eigenen Horizont immer gut.
Aber es gilt auch: Je größer und professioneller so ein Event wird, desto mehr geht der spielerische Charakter verloren. Das mag manchen gefallen und hat gewiss seine Berechtigung („Jugend forscht!„) – für mich ist das nichts. Am Mittagstisch diskutiere ich mit meinem Kollegen, wie man das weniger kommerziell realisieren könnte. Mit ein paar befreundeten Schulen, weniger Vorträgen, weniger Prüfungsdruck, ohne Jury und mit vollem Fokus auf den spielerischen Charakter: Der Gewinner bekommt eine Pizza und alle anderen auch. Weniger Aufwand. Mehr Lachen.
Zwischendurch habe ich immer wieder Zeit mit Kollegen von anderen Schulen zu sprechen. Netzwerke zu knüpfen. Ideen auszutauschen. Fragen zu stellen. Ich liebe das! Das kollegiale Miteinander war ein absoluter Traum und ehe ich mich’s versah, habe ich mich in neue Projekte gequatscht (aber dazu ein andernmal mehr!).
Unsere Jungs nahmen den Tag ganz entspannt und viel unkritischer als ich zur Kenntnis. Sie ärgerten sich über Programmierfehler, diskutierten über Verbesserungen und spielten auf der Heimfahrt mit dem Gedanken, zukünftig eine Roboter-AG für die Kleinen der Schule zu leiten. Dienstagsnachmittags von halb zwei bis halb vier. „Dafür braucht es doch keinen Lehrer, oder?“
Wir fahren heim mit der Gewissheit, was wir für wunderbare Kinder haben! Allein dafür hat sich der Tag gelohnt. Aber der Pizza-Roboter-Wettbewerb kommt vielleicht trotzdem.
[Anmerkung: Das Foto darf nach Absprache hier verwendet werden.]
Die verschiedenen LEGO Roboter sind schon toll. Der Wettbewerb sehr prestigeträchtig. Was mich an der ganzen Sache aber ungemein stört – es ist alles sehr kostenintensiv. Man braucht die Roboter, die nicht billig sind, Zubehör, um sie baulich und funktional zu erweitern, wenn man mehr machen möchte und dann noch Material, um sich möglichst gut auf die Wettbewerbe vorbereiten zu können.
Es gibt durchaus Alternativen, mit denen man genauso viel machen kann, die dazu noch deutlich günstiger sind. Es ist dann vielleicht nicht alles so schick und die Wettbewerbe sind nicht global. Spaß haben und etwas lernen, sogar mit der gleichen Programmierumgebung arbeiten, kann man dort aber auch.