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Potentialanalyse

Vorbemerkung: Dieser Text ist tendenziell subjektiv und unsachlich. Der Inhalt dieses Artikels und die Meinung des Autors/Vaters spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Seitenbetreibers wieder.
(Dies gilt auch dann, wenn es sich um die gleiche Person handelt.)

An vielen Schulen NRWs wird in der 8. Klasse eine sogenannte Potentialanalyse durchgeführt. Dazu werden oft externe Dienstleister beauftragt, die einen ganzen Tag mit den Kindern kleinere Übungen und Spiele machen, Interviews führen und Fragebögen ausfüllen lassen. Die Ergebnisse werden dann analysiert und Kindern und Eltern ausgehändigt.
Ziel des Projekts ist es, den Kindern ihr – womöglich verborgenes – Potential zu offenbaren und sie auf bestimmte Berufsrichtungen aufmerksam zu machen. Ein guter Grundgedanke.

Diese Arbeit kostet natürlich Geld. Rund 100 € möchte der Dienstleister pro Schüler haben – das macht den stolzen Preis von etwa 14000 € für einen Projekttag in der Jahrgangsstufe 8 meiner Tochter. Da darf dann auch was bei rauskommen, finde ich.
Meine Tochter – die ich wirklich gern habe – kann viele Dinge gut. Und auch viele Dinge sehr gut. Musik. Mathematik. Sprachen. Das schüttelt sie aus dem Ärmel. Dafür sind andere Fähigkeiten eher von geringerem Interesse. Kunst ist zum Beispiel nicht so ihres. Das Basteln der St-Martins-Laterne war jedes Jahr eine Qual. Vor allem, da meine eigenen Fähigkeiten in dem Bereich mit denen eines Kindergartenkindes konkurrieren. Liegt also quasi in der Familie. Selbiges hat auch die Potentialanalyse im letzten Jahr festgestellt.

Potentialanalyse 1

Ist ja gar nicht schlimm – muss nicht jeder Goldschmied werden. Offenbar war sie bei den Bastelaufgaben nicht so der Burner. Interessant wird das dann zwei Seiten weiter – in der Analyse:

Potentialanalyse 2

„Wir haben den Eindruck, feine und genaue Arbeiten bereiten dir keine Mühe.“

wft?

Ich verstehe den Ansatz, Dinge höflich auszudrücken. Und vorsichtig. Und ja, man muss einem Jugendlichen ja nicht ins Gesicht sagen: „Weißte was, mach lieber was, wo du dich nicht verletzen kannst.“ Aber diese Auswertung empfinde ich als Quatsch. Das passt vorne und hinten nicht zusammen. Für 14.000 € werden hier Zettel mit der Aussagekraft des Prisma-Horoskops verteilt. „In den kommenden Jahren könnte ein Beruf mit Menschen für dich interessant sein“. 

Entschuldigung – seit wann bekommt die Frau mit der Glaskugel auf dem Jahrmarkt 100 € pro Kunde?

Ich denke an meine letzten Jahre als Klassenlehrer und behaupte, ich habe meine Kinder gekannt. Ich wusste genau, wer handwerklich, künstlerisch, sprachlich, sportlich, analytisch begabt war und wer nicht. Durch jahrelange Beobachtung und Beratung. Durch intensiven Austausch mit Kollegen. Durch Gespräche mit den Kindern. Berufsberatung war Teil meines Jobs als Lehrer und ich habe das – bei aller Bescheidenheit – deutlich besser gemacht, als dieser Dienstleister mit seinen lächerlichen Aussagen.

Bestimmt läuft das an anderen Schulen besser. Vielleicht wurde bei uns ein Fragebogen durcheinander geworfen. Es muss eine gute Erklärung geben – denn andernfalls wüsste ich das Geld an anderen Stellen sehr viel besser investiert.

Disclaimer: Dieser Text ist tendenziell subjektiv und unsachlich. Der Inhalt dieses Artikels und die Meinung des Autors/Vaters spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Seitenbetreibers wieder.

4 Gedanken zu „Potentialanalyse“

  1. Du sprichst mir vollkommen aus der Seele. Sowohl als Klassenlehrerin, aber auch als Mutter habe ich mich über die Auswertung der Potentialanalyse schon mehrfach geärgert. Verschwendetes Geld, welches lieber direkt in die Schulen für eine Berufsberatung fließen sollte bzw. in professional geleitete Projekttage, an denen verschiedene Berufsfelder vorgestellt werden. Gut gemeint ist leider nicht immer gut gemacht.

  2. Du bestätigst mit diesem Kommentar sämtliche Rückmeldungen, die ich seit 3 Jahren von den SuS bekomme. Gerade die direkte Art von Jugendlichen bringt vieles doch präzise auf den Punkt: „Und was soll ich jetzt damit?“

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