Auch meine kleine Kirchengemeinde leidet unter den Kontaktbeschränkungen durch Corona. Wenn ich es mir recht überlege, leiden viele Gemeindemitglieder vermutlich mehr als ich. Obwohl sich vieles stressiger anfühlt als vorher, sind die tatsächlichen Einschränkungen bei Licht betrachtet nicht der Rede wert. Weder in der Schule noch zu Hause bin ich sozial isoliert (weit weniger, als ich es manchmal gerne hätte). Ganz im Gegensatz zu vielen Älteren einer Kirchengemeinde: Gemeinsame Frühstücke, Gesangs- und Gebetsabende – neben einem Gottesdienst kann in so einer kleinen Kirchengemeinde fast jeden Tag Programm sein und jenen sozialen Kitt bilden, den die weggezogenen Kinder oder der verstorbene Ehepartner nicht mehr bieten können. Vor einigen Jahren verfolgte ich in der BBC einmal das Interview mit einer betagten Seniorin, die davon erzählte, dass sie in ihrem einsamen Alltag oft tagelang kein einziges Wort spräche und man ihr daher vergeben möge, wenn sie an der Käsetheke mal ins Schwätzen geriete. Diese Gespräche im Supermarkt seien zuweilen ihre einzigen Kontakte zu anderen Menschen.
Die anstehende Weihnachtszeit wird das Gefühl der Vereinsamung sicher noch verstärken und um dem entgegenzuwirken habe ich mir meinen schönsten Weihnachtspollunder (allein das Wort ist eine Zumutung!) angezogen und einen kleinen, digitalen Adventskalender gebastelt. Ich bin nun wahrlich kein Programmierer vor dem Herrn, so dass ich mir mit einfachen Mitteln zu helfen weiß.
Ausgangspunkt ist eine PowerPoint-Präsentation mit 25 Folien. Auf der ersten Folie ist der bildliche Adventskalender zu finden, die Folien 2-25 sind die jeweiligen Adventstürchen (Vorlage von Tobias Krah):
Nun wird jede einzelne Kugel (in PowerPoint) über Einfügen -> Aktion mit einer, nunja, Aktion belegt: „Beim Klicken springe zu Folie xy“.
Damit ist das technische Grundgerüst fast fertig.
Lege ich die PowerPoint in OneDrive ab, kann ich dort einen Einbettungscode abrufen:
Damit erhalte ich einen html-Code, mit dem ich die PowerPoint in jede Webseite einbinden kann – z.B. der Homepage der Gemeinde. Das wars.
Die Seniorinnen und Senioren meiner kleinen Gemeinde sind durch die letzten Monate recht geübt im Umgang mit der Homepage: Das Abrufen der Videoaufzeichnung des letzten Gottesdienstes und vieles an Informationen stellt kein Problem dar. Wie auch in der Schule gab es auch in der Gruppe der Ü70 eine steile Lernkurve.
Gefüllt werden die einzelnen Törchen nun mit kurzen Videos. Per Whatsapp schicken mir viele Gemeindemitglieder kurze Grußbotschaften oder Erinnerungen. Jedes Video dauert 2-3 Minuten und startet automatisch, wenn man auf das entsprechende Törchen klickt.
Wer nicht weiß, wie man selbst ein Video aufnimmt, kann auf Wunsch von einem Filmteam in fröhlichen Weihnachtspollundern besucht und aufgenommen werden. Die Präsentation liegt auf meinem Computer und wird Abend für Abend mit einem weiteren Video gefüllt.
Neben allem Ulk ist der Grund ein ernster: Wir erhoffen uns damit, ein wenig der Einsamkeit entgegenzuwirken. Jeden Tag ein bekanntes Gesicht, ein freundlicher Gruß von jemandem, den man vielleicht im März dieses Jahres zum letzten Mal gesehen hat. Seit dem letzten normalen Präsenzgottesdienst ist unsere Gemeinde geschrumpft, weil liebe Menschen gestorben sind und gewachsen, weil Babys geboren wurden. Aber all das scheinbar unbemerkt. Denn weder konnte man sich gebührend verabschieden noch die Feste angemessen feiern.
Hoffentlich hat dieser Mist bald ein Ende.