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Wie der Covid-Impfstoff funktioniert

„Papa, wie funktioniert dieser Impfstoff eigentlich?“

Oha.

Als Kind habe ich die französische Fernsehserie „Es war einmal das Leben“ wirklich sehr geliebt und die schurkischen Bakterien würde ich heute noch ebenso erkennen, wie die Polizisten. „Spürst du es in diiiir? Das schöne Leben…“ Kann ich immer noch mitsingen.

Nicht nur, weil meine Tochter sich dafür interessiert sondern auch, weil ich weiß, dass einige meiner Schüler hier heimlich mitlesen lohnt sich vielleicht ein kleiner Exkurs: „Wie funktioniert der Covid-Impfstoff eigentlich?“

Zunächst einmal muss man wissen, wie das Immunsystem funktioniert. Im Grunde greifen unsere Abwehrzellen (die Polizisten) alles an, was unserem Körper fremd ist. Wenn es ein Protein, ein Virus oder eine Bakterie oder irgendwas anderes sieht, was es nicht erkennt, startet es sofort einen Angriff (eigentlich nicht besonders nett – aber effektiv).

Wie der Covid-Impfstoff funktioniert 1

Wenn diese Abwehrzellen ein Virus angreifen, dann benötigen sie Zeit, um einen wirksamen Angriff aufzubauen. Sie müssen erst herausfinden, welcher Teil des Virus angegriffen werden soll (sozusagen: die Türen? Die Fenster? Die Wände?) und die Produktion der passenden Waffenteile benötigt durchaus ein paar Tage.

In der Zwischenzeit repliziert sich das Virus und breitet sich aus. Sobald das Immunsystem ein Virus einmal erfolgreich bekämpft hat, erinnert es sich daran. Wir haben sogenannte Gedächtniszellen in unserem Körper, sozusagen die Klassenbesten der Schule und wenn wir dem Virus wieder begegnen, dann sagen diese Zellen: „Hey, wir kennen dieses Arschloch doch!“ (Hinweis: Richtig fluchen im Unterricht!)

Wie der Covid-Impfstoff funktioniert 2

Unser Körper nutzt dann die vergangenen Erfahrungen, um das Virus zu Vernichten, bevor es uns krank machen kann. So funktioniert das Immunsystem.

Nun zu Covid19.
Wie der Covid-Impfstoff funktioniert 3Wissenschaftler haben das Covid-Virus untersucht und sahen ein Protein auf der Außenseite des Virus, das wie ein guter Kandidat für einen Angriff aussah: Auf dem Beispielfoto rechts sind die Proteine diese roten und blauen Knubbel auf der Außenhaut. Das ausgesuchte Protein bei Covid19 ist ein wichtiges Protein, denn damit gelangt es in unsere Zellen – das Virus wird dadurch also infektiöser. Ein richtiges (wie Wheat ONeil es ausdrückt:) Arschloch-Protein.

Nun haben sich die Wissenschaftler die RNA des Virus angesehen (das sind die grünen Kringel im Inneren): Die RNA ist so etwas wie die Bauanleitung für das Virus. In dieser Anleitung (die wir als DNA auch in uns tragen) steht genau drin, das uns die Nase nicht plötzlich neben dem Bauchnabel und die Ohren am Hintern wachsen – und da steht drin, wo und wie dieses genannte Protein wächst – unser „Arschloch-Protein“.

Vereinfacht gesagt haben die Wissenschafter aus dem gesamten Bauplan des Virus diesen kleinen Teil ausgeschnitten und eine BotenRNA daraus gemacht.

Diese Anweisung ist der Impfstoff.

Er enthält also nicht tatsächlich Teile des Virus. Der Impfstoff enthält nur die Anweisungen, wie man dieses Arschloch-Protein herstellt. Man kann sich durch die Impfung auch nicht mit Covid19 infizieren. Man bekommt nur diese Anweisungen. Unsere Zellen sehen diese Anweisungen und sagen stumpf: „Klar, ich mache das!“ Also stellen unsere Zellen einen ganzen Haufen von dem Arschloch-Protein her.

Unser Immunsystem dagegen sieht diese neuen Zellen und denkt sich: „Was… zum Teufel.. soll das sein?“ Und dann beginnt es sofort, das Protein anzugreifen, denn es hat dieses Protein noch nie zuvor gesehen. Wir erinnern uns – es braucht eine Weile, um die Produktion hochzufahren – aber wenn es soweit ist, beginnt es einen wirklichen Krieg gegen das Arschloch-Protein. Wenn wir dann unter Fieber, Schüttelfrost, Muskelkater oder so etwas leiden, dann sind das Begleiterscheinungen dieses Kampfes. Unser Immunsystem zerstört das Protein – das, zur Erinnerung, uns nicht infizieren kann, es ist nur ein Protein, kein Virus.

Der wichtige Teil kommt aber erst jetzt: Unsere Gedächtniszellen erinnern sich an das Arschloch-Protein. Und sie erinnern sich genau daran, wie man es zerstört. Und auch, wenn unser Körper die mRNA-Anweisungen (die BotenRNA) des Impfstoffes relativ schnell abbaut, bleibt die Erinnerung daran bestehen. Nach wenigen Tagen ist alles vom Impfstoff weg.

Bis auf die Gedächtniszellen.

Und wenn dann ein Covid-Virus in unseren Körper gelangt, dann kennt unser Körper dieses Virus nicht. Aber die Gedächtniszellen erkennen das eine Protein auf der Außenhülle wieder: „Was? Schon wieder dieses Arschloch? Hau bloß ab!“ Unser körpereigenes Immunsystem startet schnell und effektiv einen Kampf gegen das Virus, bevor dieses sich groß verbreiten kann.

Hurra. Wir sind immun.

Und das wirklich brillante: Aus dem Süden Englands wird von einer Genmutation des Virus berichtet – was, wenn es sich bei einer Mutation um eine Version handelt, die dieses spezielle Protein nicht mehr auf der Außenhülle trägt?

Wie der Covid-Impfstoff funktioniert 4Nun, da dieses spezielle Arschloch-Protein benutzt wird, um in unsere Zellen zu gelangen, ist die Chance hoch, dass es eine Mutation ohne dieses Protein weniger ansteckend ist. Und das macht den Pfizer/Moderna-Impfstoff ziemlich clever1.

Übrigens: Noch viel mehr schülergerechte Erklärungen, Experimente und Informationen gibt es in dem Buch „Bakterien & Viren“ von Franziska Sommer (und ich durfte auch ein wenig mitmachen), das es in einer bunten Lehrer- und günstigen Schüler-Edition gibt.

Letztlich sind basieren alle meine Bücher auf den Fragen, die mir meine Tochter am Frühstückstisch stellt. Ich hege inzwischen den Verdacht, dass sie durch meine Recherche und das Schreiben nur ihre Ruhe haben will.

1: Eine anschauliche Erklärung findet man auch in diesem (englischen) Video.

3 Gedanken zu „Wie der Covid-Impfstoff funktioniert“

  1. Wenn das zu Ruhe führt, dann haben sich alle deine Arbeiten gelohnt und du verhälst dich meiner Meinung nach völlig richtig in jeder Hinsicht … nur wenn Kinder aufhören zu fragen, dann hat man was falsch gemacht … ich habe hier zum Glück auch einen kleinen Dauerfrager (7 Jahre) … und ich versuche immer meine größeren Schüler wieder dazu zu bringen Fragen zu entdecken und sie zu stellen. Deine Bücher werde ich mir jetzt mal angucken. Danke I.Thomas

  2. Ach, wie habe ich gelacht (Was, er hat Arschloch gesagt! Aber das Arschloch-Protein ist einfach so einprägsam)! Das nenne ich mal Wissenschaft brilliant für (Nicht-)Wissenschaftler:innen erklärt!

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