Vier Jahre lang habe ich meine Samsung Gear S3 am Handgelenk getragen. Tag für Tag Schritte und Puls messen lassen und eine Analyse meines Schlafrhythmus erhalten. Eine wirklich gute Uhr, die auch nach vier Jahren immer noch eine Akkulaufzeit von zwei Tagen vorwies. Und obwohl ich nicht nur nicht unglücklich, sondern wirklich zufrieden war, wurde ich ein Opfer zahlreicher Werbeversprechen und habe mir den Nach-Nach-Nachfolger zugelegt: Die „Galaxy Watch 4 Classic“.
Meine Anforderungen
In den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass ich älter werde mich die Aufgaben in der Schulleitung deutlich mehr belasten, als zuvor der Unterricht. Die gestiegene Verantwortung, das breite Aufgabenspektrum, der systemische Blick auf Schule im Ganzen. Das geht zwischendurch an die Knochen, Stichwort „Lehrergesundheit„.
Ich habe gelernt (oder bilde es mir zumindest ein), sensibel dafür zu sein, wann es „zu viel“ wird. Leichter als früher sage ich Einladungen ab, verschiebe Projekte ohne schlechtes Gewissen und trete auf die Bremse.
Eine Smartwatch gehört für mich in eben jene Kategorie „Alltagsgesundheit“.
Mir hilft der Schrittzähler: Wenn ich um 16 Uhr aus der Schule komme und nur 3000 Schritte gemacht habe, dann weiß ich, warum ich nicht zur Ruhe komme: Mir fehlt die Bewegung.
Ich finde den Pulssensor überaus charmant. Wann immer ich in den letzten Jahren krank geworden bin, spiegelte sich das dort in erhöhtem Ruhepuls wieder. Geht es mir schlecht oder bilde ich mir das ein? Bleibt mein Ruhepuls über mehrere Tage hinweg erhöht ist das ein Indiz dafür, dass sich etwas ändern muss – und zwar schnell.
Die Liste lässt sich fortführen: Schlafdiagnose, Körperfett- und Muskelanalyse, Messung von Blutsauerstoff und Blutdruck. Sogar ein EKG lässt sich mit der Galaxy Watch 4 durchführen. Sehr transparente Vergleiche zwischen den Daten der Uhr und jenen professioneller Fitness-Messgeräte zeigen: Die Uhr ist wahnsinnig genau in ihren Analysen.
Damit wird sie für mich zu einer Art multifunktioneller Warnleuchte am Handgelenk: Es blinkt auf, wenn mein Körper den Eindruck hat: Es wird zu viel.
Einiges davon konnte die Gear S3 auch – aber die Watch 4 ist in ihren Aufzeichnungen deutlich genauer. Denn Sprung von fünf Jahren Entwicklung merkt man doch an vielen Stellen. Dabei geht es mir gar nicht so sehr um die Frage, ob mein Puls nun wirklich bei 90 oder 96 liegt, sondern um die Veränderung einer Messung.
Ebenso wie alle anderen Smartwatches taugt die Galaxy Watch 4 als „verlängerter Arm“ des Handys. Ein Kalender-Widget nutze ich, um im Schulalltag meinen Stunden- und Raumplan schnell zur Hand zu haben. Mein Smartphone ist grundsätzlich lautlos – Anrufe entgehen mir in steter Regelmäßigkeit. Versuchen Schüler*innen oder Kolleg*innen mich via Teams zu erreichen, vibriert die Uhr und ich kann direkt sehen, ob akuter Handlungsbedarf besteht.
Wozu ich die Uhr nicht brauche
Es gibt einiges, was bei dieser Uhr für mich im Hintergrund steht.
Die Anzahl und Qualität der Apps tangieren mich gar nicht. Ich will weder mikroskopische Spiele auf der Uhr spielen, noch brauche ich eine News-App oder einen Restaurantführer. Aus verschiedenen Gründen halte ich das für Quatsch. „Später werdet ihr auch nicht immer einen Taschenrechner zu Hand haben“, wurde uns früher in der Schule gesagt. Naja. Wenn ich etwas lesen will, nutze ich mein Handy – das ist immer dabei.
Was ich brauche ist ein Timer („Machst du bitte in zehn Minuten den Ofen aus?“) und ein Musik-Player. Beides ist auf der Galaxy Watch 4 vorinstalliert – aber das war auf der alten Gear S3 auch so.
Ebenso beeindruckend wie überflüssig ist die reichhaltige Fitness-Bibliothek.
Es ist sicher cool, dass die Uhr von A wie Aerobic und American Football über „Ski Alpin“ und „Skifahren“ bis hin zu Yoga wirklich jede Sportart zu kennen scheint. Aber in meinem Leben kommen nur wandern, fahrradfahren und schwimmen vor. Jede sportliche Betätigung wird mannigfaltig analysiert und spuckt zu jedem Workout mehr Daten aus, als irgendwer nutzen könnte.
Nur: Ich treibe ehrlicherweise keinen Sport. Durch unsere Wälder zu spazieren liebe ich – aber es wandern oder gar hiken zu nennen, wäre vermessen. Ich bade eher, als dass ich schwimme. Das Fahrrad schiebe ich die Berge hoch und rolle hinunter.
Kompatibilität
Ich nutze die Samsung Smartwatch in Verbindung mit einem Samsung Smartphone. Und auch, wenn die Kompatibilität der Uhr zu anderen Android-Handys grundsätzlich gegeben ist, gibt es ein paar nervige Einschränkungen:
- Einige der tieferen Fitness-Funktionen (z.B. Aufzeichnung eines EKG) sind nur in Kombination mit Samsung-Handys möglich.
- Lässt man sein Handy irgendwo liegen und verliert die Verbindung zur Uhr, dauert es bei einem Samsung-Handy keine zwei Sekunden, bis die Verbindung wieder hergestellt wird. Mit meinem Huawei musste ich die Verbindung häufiger manuell herstellen. (Das letzte Update des Samsung Accessory Service hat das Problem verschärft – eine Installation auf Version 3.1.94.11207 sorgt dafür, dass die Verbindung nicht ständig verloren geht)
Trifft mich alles nicht, weil ich nach wie vor mit meinem Fold 2 unterwegs bin – aber sollte man vor dem Kauf wissen.
Nur so halbgar ist auch die Akkulaufzeit: Über den Tag und die Nacht komme ich prima hin und ich nutze Zwischenzeiten am Schreibtisch oder unter der Dusche, um die Uhr zu laden. Mit der Gear S3 konnte ich aber eher mal ohne Ladekabel ein Wochenende unterwegs sein – die Watch 4 hält bei mir ohne Always On Display nur rund 30 Stunden durch. Zufrieden bin ich mit der Akkulaufzeit: Das Always On Display brauche ich nicht. Ebensowenig NFC – ich zahle wenn, dann mit dem Handy. Und auch WLAN habe ich ausgeschaltet – das erscheint mir nur sinnvoll, wenn das Handy irgendwo „oben im Haus“ und ich samt Uhr irgendwo „unten im Haus“ bin. Ich bin also ausschließlich via Bluetooth verbunden und das reicht mir auch voll und ganz aus. So eingestellt hält die Uhr bei mir locker zwei Tage & die Nacht dazwischen durch.
Fazit zur „Galaxy Watch 4 classic“
Obwohl der Sprung von der Gear S3 zur Galaxy Watch 4 oberflächlich betrachtet nicht besonders groß erscheint, fühlt sich der Wechsel richtig gut an. Die Daten sind übersichtlich dargestellt und vermitteln das Gefühl von Einblick in den eigenen Körper. Die gewonnen Erkenntnisse nutze ich, um rechtzeitig Pausen zu machen und kürzer zu treten.
Wenn es mir am Ende besser geht, war es eine gute Entscheidung.
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