Vor rund drei Jahren habe ich mir im Internet ein billiges günstiges Mountainbike bestellt. Das Fahrrad tut bis heute seinen Dienst und dennoch bin ich im Nachklang dankbar, nicht mehr Geld dafür ausgegeben zu haben. Denn das Siegerland ist bergig.
Zwar habe ich in Frühjahr und Sommer die ein oder andere Fahrradtour unternommen – aber in der Praxis gestaltete sich das oft als „hochschieben und runterrollen“. Wirklicher Genuss war das nicht. Als Kind bin ich zuweilen mit dem Fahrrad durch Wilhelmshaven gefahren, Kilometer um Kilometer auf den Deichen entlang. Davon kann ich hier nur träumen. Mehr als eine Handvoll Touren im Jahr sind sind das nie geworden.
Neidisch verfolge ich die vielen Berichte und Bilder des Schulleiters Kuban, der mit seinem Fahrrad regelmäßig zur Arbeit fährt. Ich wünschte, das ginge hier auch – aber Weg, Entfernung und Höhenmeter sind dann doch arg herausfordernd. Ich bin kein Sportler und habe auch kein Interesse daran, Fahrradfahren als sportliche Betätigung zu interpretieren. Wenn Google Maps mich schon vor „Starken Steigungen“ warnt, kann man sich die Freude ausmalen, erschöpft und nassgeschwitzt im Unterricht zu erscheinen. Danke. Nein, danke.
Vor einigen Wochen haben meine Frau und ich uns dann in einem Geschäft kurzerhand ein E-Trekkingbike gekauft. Im Laden malte man uns romantische Touren zu zweit aus und erklärte uns mit bedeutsamen Blicken, wie gut es einer Ehe täte, auch mal gemeinsam auf zwei E-Bikes vor den Kindern zu flüchten. Naja.
Im Kopf geblieben ist mir, dass ein Verkäufer sagte: „Sie können das Fahrradfahren von früher™ nicht mit dem Fahren mit dem E-Bike vergleichen. Das ist wie ein völlig anderer Sport.“ Klar.
Zugegeben: Der Herbst ist ein eher schlechter Monat für den Kauf eines Fahrrads und meine Frau und ich haben auch nur in der Hinsicht rational gehandelt, als dass wir nur ein Fahrrad und nicht gleich zwei gekauft haben.
„Wenn wir uns unterhalten wollen, gehen wir spazieren“, sagte ich, „einzeln fahren wir womöglich mit dem E-Bike, aber gemeinsam… Hm. hm.“
Um es vorweg zu nehmen: Ich liebe es.
Alles daran ist schön und ich suche förmlich nach Gelegenheiten, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Kleineinkäufe, Fahrten zum Friseur.
Interessanterweise ist das einzige, was ich früher gemacht habe – nämlich Fahrradtouren durch den Wald – für mich das Nebensächlichste geworden. Stattdessen versuche ich, dem E-Bike mehr und mehr Raum zu geben, den früher das Auto eingenommen hat.
Tragischerweise wird es dieses jedoch nie auf absehbare Zeit nicht ersetzen können. Mit drei Kindern und zwei berufstätigen Eltern sind wir beide zu oft gleichzeitig unterwegs, als dass wir die Autos abschaffen könnten. Musikschule hier, Fortbildung dort. Kinder zu Freunden, einkaufen, Nachmittagsunterricht. Auch ist die Fahrradinfrastruktur der Stadt Siegen eher…. Naja.
Aber: Es wird mehr und mehr. Praktisch jede Gelegenheit wird genutzt. Und ja, der Verkäufer hatte recht: Es ist nicht zu vergleichen mit dem, was ich bisher unter „Fahrradfahren“ abgespeichert habe.
Auch an die morgendlichen Fahrten zur Schule werde ich mich irgendwann heranwagen – aber nicht in der dunklen Jahreszeit und auch nicht, wenn ich schon um halb acht in der Schule sein muss. Denn bei aller Begeisterung darf man auch nicht außer acht lassen, dass dieser Umstieg wirklich Zeit kostet. Anstelle einer einer halben Stunde wäre ich dann zwei Stunden am Tag unterwegs. Wenn zu Hause Kinder, Hof und Haushalt warten, ist das ein (zu) hoher Preis.
Und auch ein zweites Fahrrad werden wir uns erst einmal nicht anschaffen. Ich bin dreißig Jahre meines Lebens auch ohne Motor auf normalgroßen, d.h. für mich zu kleinen, Fahrrädern gefahren – mit Motor ist das erst recht vernachlässigbar. Der Mehrwert eines eigenen, sehr großen E-Bikes wäre kaum zu messen und das Rad meiner Frau ist groß genug, dass ich nicht wie eine Zirkusattraktion aussehe.
Aber: Mein altes Mountain-Bike stelle ich demnächst für einen symbolischen Euro bei ebay Kleinanzeigen ein. Die Zeit ist rum.
:).
Grundsätzlich: Manchmal ist ein E-Bike auch die Alternative zum „garnicht mit dem Rad fahren“. Und ja, I feel you, kann mich noch gut an eine Radtour in den 80er Jahren erinnern, da war ich 15 oder 16, mit einem Hollandrad von Bensberg aus in Richtung Olpe und dann aber halb abgebrochen und über Siegen wieder zurück. Würde ich dort wohnen, hätte auch wieder ein Ebike.
Eine Sache, die mein Ebiken noch mal auf eine neue Ebene gebracht hat, war die Anschaffung eines ordentlichen Fahrradanhängers. In meinem Fall von hinterher.com, ein Standardanhänger hier. Mit der Kombination kann ich auch den Wochenendeinkauf, inklusive Getränkekiste nach Hause bringen.
Ich wünsche weiterhin viel Spaß. Ich habe auch noch ein Auto, aber merke immer wieder, dass man sich auch mal trauen muss, einen Weg zu radeln, von dem man im ersten Moment glaubt, dass man dafür eigentlich ein Auto braucht.
Danke für den Tipp!
Auch wir fahren E-Bike in Siegen. Kinder in einem Hänger von Kindercar (ins XXL Modell passen auch große Vorschulkinder leidlich gut rein). Damit klappen Alltagsfahrten gut. Trotzdem denken wir über die Anschaffung eines Lastenrads nach die Kinder im Blick zu haben. Und irgendwie auch um Siegen ein bisschen mehr fürs radeln zu begeistern.
Dein altes Mountainbike kannst du prima zur Fahrradwerkstatt bringen. Die freuen sich:https://alteraktiv-siegen.de/pages/fahrradwerkstatt.php
Oh, danke für diesen Hinweis! Mein Bruder hat ein Lastenrad und ist sehr glücklich damit – wohnt allerdings auch in Berlin…
Super! Ich hoffe, hier gibt es demnächst ein Update, wie die gefahrenen Kilometer steigen und steigen! 😀
Freut mich, dass du das Ebike liebst. Eure Große hat es noch nicht vereinnahmt, um eigenständiger unterwegs zu sein?
Deinen Schulweg müsstest Du mal ausprobieren, mit Motor sind 25kmh auch bei 8% Steigung drin, daher denke ich, dass er auch in 40 Minuten zu schaffen ist.
Sobald die Große es einmal für sich entdeckt hat, wird sie es nicht mehr hergeben.
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