Als Israel vor vielen, vielen Jahren aus Ägypten floh und das Gelobte Land erreichte, führte Gott die Sabbat-Gesetze ein. Diese Gesetze gab es nicht etwa deshalb, um Sonntags bzw. Samstags in den Gottesdienst zu gehen. Vielmehr sollten sie sicherstellen, dass das Volk der Hebräer sich nicht wieder einer ausbeuterischen Wirtschaft zuwenden würde, wie jener, aus der sie gerade errettet worden waren.
Die Sabbat-Gesetze waren “eine Art göttliches Kontrollsystem für Israels Wirtschaft, damit niemand zu reich oder zu arm würde.” (Claiborne)
Es gab (und gibt sie bis heute) Gesetze, die fordern, dass man Fremde und illegale Einwanderer willkommen heißen soll, Gesetze für das Abmähen der Felder, die es den Armen erlauben, die Reste einzusammeln – lauter solche Sachen.
Eines der aufregendsten Sabbat-Gesetze kam seinerzeit alle sieben Jahre zum Tragen. So wie erwartet wurde, dass man alle sieben Tage nicht arbeitete, damit Menschen und Tiere und Land sich ausruhen konnten, feierte
“…das ganze Volk jedes siebte Jahr ein Fest, das sogenannte Sabbatjahr, in dem man das ganze Jahr über von der Arbeit befreit war.
In dieser einjährigen Pause war alle Nahrung, die auf den Feldern weiter wuchs, für arme Familien […] gratis. Außerdem wurden alle Schulden, die während der vergangenen sechs Jahre aufgelaufen waren, erlassen.” (Claiborne)
Diese Gesetze stellten sicher, dass jene in der Gesellschaft, die immer reicher werden wollten, eine Pause einlegen mussten, damit der Abstand zwischen Arm und Reich minimal blieb.
Es ist für uns beinahe unmöglich, zu erfassen, was für einen kulturellen Gegenentwurf diese wirtschaftliche Praxis bedeutete. Was für eine Gesellschaft war das, in der alle gemeinsam jedes siebte Jahr innehielten?
Ich befinde mich heute in der unschätzbar glücklichen Situation, auf ein solches Sabbatjahr zurückblicken zu dürfen.
Vor ziemlich genau zwölf Monaten besuchte ich die letzte Vorlesung meines Studiums.
Natürlich habe ich nicht nichts gemacht in der langen Zeit. Bis Juli standen die Examina an. Ich hätte auch wohl einen Teilzeitjob ausgeübt, wenn mich nicht eine Verletzung meiner Finger in vielen Dingen behindern würde. Egal.
Nun blicke ich auf zwölf Monate zurück, in denen ich nicht studiert habe. Keinen Job ausgeübt habe. Kein Geld verdient habe.
Manche würden sagen: Zeitverschwendung. Viele sicher den Kopf schütteln.
Ich sage: Es ist ein Geschenk.
Ich durfte zwölf Monate ganz intensiv meine Tochter aufwachsen sehen. Ich durfte zwölf Monate ganz intensiv in meine neue Gemeinde eintauchen. Mich hier und da und dort ausprobieren und Dinge mitentwickeln und bewegen. Ich durfte zwölf Monate lang ausschlafen, träumen, genießen, spielen, Hörspiele hören, mit Menschen arbeiten, lachen, träumen, weinen, spielen, denken, beten. Zwölf Monate Bücher lesen, Filme und Serien gucken, Blog schreiben. Ich durfte zwölf Monate lang meine Frau ganz intensiv in ihrer Berufung unterstützen und es genießen, Haus- und Ehemann zu sein.
Mir Zeit nehmen. Für mich.
Zeit
Innehalten.
Ab morgen geht dann es los. Mein Leben als Lehrer. Es wird aufregend. Hektisch. Intensiv. Arbeitsreich.
Ich freue mich wahnsinnig darauf. Ohne Zweifel wird es eine grandiose Zeit.
Aber dieses Sabbatjahr weiß ich ganz besonders zu schätzen.
Ich bin so unglaublich Glücklich Jan, dass du dieses Jahr hattest. Hättest du es nicht gehabt, wäre vieles von dem, was wir gemacht haben nicht gegangen. Wir haben so coole Sachen miteinander erlebt, haben gelacht, haben gespielt, gerätselt, uns einfach gern gehabt. Wir haben uns nie gelangweilt, nie gestritten und hatten immer Zeit füreinander. Ich bin so dankbar, dass ich dich kennenlernen durfte.
Jan, ich bin Stolz dein Freund zu sein.
oh man… 🙂
Mir kommen die Tränen. Ich bin wirklich gerührt. Seit den Carolina-Beiträgen hat mich nichts mehr so bewegt.
Dieses Sabbatjahr ist wahrscheinlich die beste Methode überhaupt, ein GLÜCKLICHES und MENSCHLICHES Leben führen zu können. Und ich freue mich wirklich für dich, dass du in dieser zeit so viele gute Erfahrungen hast sammeln können.
Ich würde ja auch gerne mal ein Jahr Pause von der Schule machen… 😉
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