Neulich bin ich über ein wirklich verblüffendes Experiment gestoßen. Verblüffend deshalb, weil es mir in beschämender Weise meine eigene Unkenntnis der Welt offenbart hat – aber ich möchte nicht vorgreifen!
Johan Baptista Van Helmont war der letzte Alchemist und der erste Chemiker, den die Welt gesehen hat. Etwa um das Jahr 1620 führte er einen Versuch durch, der sowohl kinderleicht durchzuführen, als auch genial in seiner Umsetzung ist. Van Helmont ging zu seiner Zeit davon aus, dass es zwei elementare Stoffe gäbe – Luft und Wasser – und er wollte beweisen, dass alles auf der Welt aus diesen beiden Stoffen bestünde.
“Ich nahm einen Topf, in den ich 200 Pfund im Ofen getrocknete Erde füllte, die ich mit Regenwasser befeuchtet hatte, und pflanzte darin einen fünf Pfund schweren Weidenschössling.”
Fünf Jahre lang goß und pflegte er die Weide, riß sie schließlich aus der Erde heraus und wog beides: Die Erde war in jener Zeit um zwei Unzen leichter geworden, der Baum hingegen kam mit über 169 Pfund auf mehr das Dreißigfache seines ursprünglichen Gewichtes.
Daraus zog Van Helmont den einzig vernünftigen Schluss – zumindest nach damaligem Wissensstand:
“164 Pfund Holz, Rinde und Wurzeln enstanden aus Wasser allein.”
Nach damaligem Wissensstand.
Damals waren die Leute auch noch ungebildet. Früher.
Und heute?
Auch ich muss erstmal überlegen. In fünf Jahren wurde der Baum nur gegossen – trotzdem ist er gewachsen. Aber – verflixt nochmal – wo kommt den jetzt die Masse an Holz, Rinde und Wurzeln her? Mineralien aus dem Boden? Aber wenn ich an meinen Garten denke, dann fressen die Bäume dort auch nicht die Erde weg. Eigentlich werden auch sie nur durch den Regen gegossen.
Wieso werden sie so groß? Wodurch wachsen sie?
Die Antwort ist natürlich ganz einfach – so einfach, dass ich sie hier nicht mal hinschreiben möchte.
Ich bin immer wieder verblüfft, wenn ich über alltägliche Dinge stolpere und erstmal keine Ahnung habe.
Und hier? Ist doch peinlich klar, oder?
Kernenergie. Oder wie heisst das mit den Dingern auf dem Dach?
Ich finde es trotzdem schön, dass über solche Sachen noch nachgedacht wird.
Den Versuch bringe ich regelmäßig im Unterricht und in Klassenarbeiten. So was nenne ich perfekte Transferaufgabe. Die Einzelschritte können die meisten Schüler erklären, aber sobald man es auf reale Verhätlnisse überträgt sieht man überwiegend fragende Gesichter.
Wobei nur die wenigsten Schüler erklären können wieso die Erde ein paar Gramm verliert.