Gelangweilt nehme ich meine Pausenaufsicht wahr, als drei Schüler entschlossenen Schrittes auf mich zukommen. Ein schelmisches Grinsen liegt auf ihren Gesichtern, als sie vor mir stehen.
“nuqneH, Herr Klinge”, grüßen sie mich fröhlich und ich ahne, dass dies ein ganz besonderes Gespräch wird. Ich werde nicht oft auf klingonisch gegrüßt.
“laH tlhIngan lo‘ jIH je cha’DIch Hol, qaStaHvIS DuSaQ?” radebrecht einer von ihnen. Ich brauche einige Augenblicke und muss tief in meinem Gedächtnis kramen, Komposita zusammenfügen und einige Vokabeln erahnen. Ich ahne, dass sie nicht nur eine Frage stellen, sondern mich auch direkt prüfen wollen.
“Um ehrlich zu sein”, antworte ich, “habe ich noch nie darüber nachgedacht, ob man klingonisch als zweite Fremdsprache anerkennen lassen kann.”
Einen Moment herrscht Stille.
“Aber”, füge ich hinzu, “keine Frage ist so dämlich, dass ich ihr nicht nachgehen würde!”
In den Zulassungsbedingungen zum Abitur hier in NRW heißt es:
Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, können
zur Erfüllung der Pflichtbedingungen in der fortgeführten Fremdsprache
am Ende der Jahrgangsstufe 11 eine Feststellungsprüfung bei der oberen
Schulaufsichtsbehörde ablegen, wenn sie bereits am Ende der Klasse 10
an der Feststellungsprüfung teilgenommen haben. Das Ergebnis der
Prüfung tritt an die Stelle der Note einer fortgeführten Fremdsprache.
Wir kommen der Sache näher. Ein Schüler, dessen Muttersprache nicht deutsch ist, darf sich zu einer Feststellungsprüfung melden. Spannend, weil nicht weiter ausgeführt: Die zu prüfende Sprache muss nicht mit dem Herkunftsland übereinstimmen. (Macht ja auch Sinn: Ein geborener Russe, der in einer vietnamesischen Adoptivfamilie aufwächst wird eher vietnamesisch, als russisch beherrschen.)
Theoretisch könnte das also auch klingonisch sein.
Ich forsche nach, was eine Feststellungsprüfung ist und erfahre, dass meine Schüler eine
Sprachfeststellungsprüfung in ihrer Herkunftssprache ablegen [können]. Die erzielte Note ersetzt die Note in einer Pflichtfremdsprache. Voraussetzung für die Durchführung der Sprachfeststellungsprüfung ist, dass geeignete Prüferinnen oder Prüfer zur Verfügung stehen.
Die Schüler müssen also zunächst glaubhaft versichern, dass beim Abendbrot mit Mama und Papa grundsätzlich klingonisch gesprochen wird. Das Land NRW schreibt dazu:
Sprachfeststellungsprüfung fanden in den letzten Jahren z.B. in folgenden Sprachen statt:
Albanisch, Arabisch, Chinesisch, Griechisch, Italienisch, Kroatisch, Persisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Serbisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch, Ungarisch, Vietnamesisch.
Sofern geeignete Prüferinnen oder Prüfer zur Verfügung stehen und die organisatorischen Bedingungen dies zulassen, können auch weitere Sprachen geprüft werden.
Der letzte Punkt ist der entscheidende Knackpunkt: Eine telefonische Auskunft beim Dezernat 48 der Bezirksregierung Detmold bestätigt mir, dass es zur Zeit keinen geeigneten Prüfer für die klingonische Sprache gibt – meine Bewerbung sei aber jederzeit willkommen.
Und die geht heute noch raus!
Klar bin ich gerne Lehrer. Und natürlich werden mir meine Schüler und Kollegen fehlen. Aber hey…! Ich wäre der entscheidende Mann für Sprachfeststellungen Klingonisch im deutschsprachigen Raum. Eine einmalige Chance!
Bis bald also… oder besser: “nuqneH”.
Dann wünsche ich mal Qapla‘ für das Vorhaben!
„Und natürlich werden mir meine Schüler und Kollegen fehlen.“ Wieso? Für die Prüfungstätigkeit gibt es doch wahrscheinlich nicht mehr als eine Entlastungsstunde… 😉
Ich rechne mit einem Trend und anschließender Vollbeschäftigung 😉
Lieber Kollege,
ich weiß nicht, ob Sie´s wussten: Es handelt sich vermutlich um einen keltischen Dialekt, der noch in einem walisischen Dorf gehört worden ist vor wenigen Jahren.
Cyfarchion cordial iawn,
Reinmar Wipper,
(Klingone)
Das ist das Schlupfloch, das ich gesucht habe. 🙂
vaj ghojmoH tlhIngan Hol cha’DIch je!
ghaH ‚ej law‘ Duvan, DIHom verengan Hoch… 😉
vaj qaSjaj
😉
Ich würde jetzt gern angemessen antworten, wenn ich nicht mein Worterbuch einem Deutschlehrer der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule geliehen hätte…
Stellt euch mal vor, ein Fremder (einer, der absolut nichts mit Schule zu tun hat) verirrt sich auf diese Seite. Der könnte schon auf den Gedanken kommen, dass Lehrer – ähm – sehr spezielle Menschen sind!
Rentjo thenn samwla! (nicht klingonisch, aber auch schön… schräg)
😀
Ich habe nichts mehr mit Schule zu tun XD
Außer mit Fahrschule, und Fahrlehrer sind ein noch ungewöhnlicheres Fölkchen.
Aber die Verrücktesten sind immer noch Pflegekräfte.
Vielleicht sind ja auch die anderen „speziell“. 😉
Wie absolut, absolut großartig!
jatlhHa’law‘ ngerDaj, jIHMej Ha‘ QongDaqDaj bIngDaq jIHvaD poH nI‘ ghotvam’e‘.
toH, je, ‚e‘ tu’lu‘ automatic mughmeH HablI‘ bIngDaq ghItlh leghlu‘ ghItlh jIHvaD ‚e‘.
Das mit dem Hin- und Herübersetzen funktioniert mit Bing aber noch nicht sooo gut^^
In der Tat 🙂
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Genial! Ich bin an jeglichen Ergebnissen interessiert. Ich unterrichte gerade einen Projektkurs in einer neunten Klasse in Klingonisch und werde auch oft gefragt, ob ich das nicht als reguläres Fach anbieten will.
Es ist so überaus beruhigend zu wissen, dass man mit dem Unterrichtsfach nicht alleine ist!
Oh nein!
Ein Konkurrent im Rennen um die Stelle als Prüfer bei der Bezirksregierung *lach* 🙂
Abgefahren! Was macht ihr in dem Projektkurs so? Vielleicht mache ich das ja auch irgendwann mal als AG 🙂
Keine Bange wegen der Konkurrenz. Ich bin in Niedersachsen. 🙂
Angefangen hat es in dem Kurs mit Sindarin – nur die Grundlagen und Ausspracheregeln. Das ist insgesamt für Neuntklässler an einer Gesamtschule zu heftig gewesen. Nach einem kleinen Exkurs in Sachen Latexprothesenbau mach ich seit drei Wochen Klingonisch.
Ich war selbst überrascht, wie gut das funktioniert! Wir haben mit Nomen angefangen und letzten Mittwoch erst die Verben mit den grundlegenden Suffixen durchgenommen. Ziel ist, dass die Schüler um Ostern herum selbstständig ein klingonisches Projekt aufstellen. Lieder übersetzen, Theaterstück oder Ähnliches. So weit hab ich nicht geplant, weil ich erstmal gucken wollte, ob es überhaupt funktioniert.
Und das tut es! muhahah! Heute musste ich auf Drängen einer Klasse, in der ich Vertretung hatte, mit denen Klingonisch machen. Glücklicherweise hatte ich die Folien und Arbeitsblätter dabei 🙂
Theaterstücke? Bitte Shakespeare im klingonischen Original.
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Faszinierend!
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Cool! Die Beschriftung fuer mein Motorrad musste ich mir uebersetzen lassen, obwohl ich die Buecher auch zu Hause habe. 😀
Na dann: Leben Sie lange und in Frieden…
(und falls Sie Erfolg haben, würde ich mich dann als Sprachprüfer fürs Tamarianische anmelden „Darmok und Jalad auf Tanakra – als die Mauern fielen. Temba seine Arme weit“ … – TNG Staffel 5 Episode 2)
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Hey,
lustige Geschichte 😀 Wär doch mal was, wär ich voll dafür.