Vor einigen Wochen schrieb ich über ein billiges Selbstbau-Mikroskop und etwaigen Schuleinsatz. Ein Kollege von mir nahm dies zum Anlass, im Rahmen einer Projektwoche diese Mikroskope zu realisieren. Freundlicherweise hat er seine Erfahrung verschriftlicht und mir zur Verfügung gestellt, damit womöglich andere KollegInnen davon profitieren können.
Da in unserer Schule (Gemeinschaftsschule) am 23.11.2013 der Tag der offenen Tür anstand, haben wir in den 3 Tagen davor eine halbe „Projektwoche“ gemacht. Ich bin mit meiner Kollegin Klassenlehrer einer Klasse 6, der „Entdeckerklasse“, die einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt hat, das bedeutet, dass zusätzlich zum normalen NaWi-Unterricht 2 Stunden MINT gegeben werden.
Ich habe der Klasse verschiedene Projekte zur Auswahl gestellt (Vulkan nachbauen, Mikroskope bauen, Miniexperimente), aber die Entscheidung für die Mikroskope war eindeutig.
Vorbereitung:
Im Vorfeld musste ich also Schrauben, Muttern, Plexiglas, Holz und Laserpointer besorgen. Die genauen Details finden sich im Artikel von Jan wieder.
Wie sich zeigte konnte ich hier vom Umfeld profitieren. Ein Vater in der Klasse ist Schreiner – er hat uns von seinen Resten kostenlos das Holz zur Verfügung gestellt. Der Mann einer Kollegin arbeitet in einer Plexiglasfirma und sie konnte uns kostenlos das Plexiglas besorgen. Die Schraubenmuttern bekam ich von meinem Onkel aus einer Metallverarbeitungsfirma.
Somit musste ich nur für die Laserpointer (Grabbeltisch SATURN, 5€) und die Schrauben zahlen.
Durchführung:
Eine Gruppe der Klasse (12 Schüler) schaut im PC-Raum die Bauanleitung in Videoform auf Youtube. In Partnerarbeit schrieben sie anhand der Beobachtungen im Video eine eigene, detaillierte Bauanleitung auf. So sollten die Schüler später eine für sie verständliche Anleitung zur Verfügung haben. (Geplante Zeit hierfür: 2 Schulstunden á 45 min.; gebrauchte Zeit: 4 Schulstunden 😉 )
Diese Phase klappte erstaunlich gut, ich musste kaum Hilfestellungen geben. Lediglich nach den Fachbegriffen für die Werkzeuge wurde ich gefragt.
Dann habe ich den Schüler das (Roh-)Material gegeben und sie sollten überlegen, welche Vorbereitungen sie damit noch treffen müssen (z.B. Linse freilegen, Holz zusägen usw.).
Am nächsten Tag begannen wir im Technikraum mit den Bauarbeiten.
Die Klasse hat in diesem Schuljahr das erste Mal Technikunterricht. Dafür ist die Klasse aufgeteilt. Eine Hälfte hat im ersten Halbjahr Hauswirtschaft, die andere Hälfte Technik (kleinere Lerngruppen) – im nächsten Halbjahr wird getauscht.
Der Teil der Klasse der schon Technikraumerfahrung hat, wurde als Experten eingeteilt und leitete die anderen an.
Es gab eine klare Arbeitsverteilung:
Die Holzbohrer; die Plexiglasbohrer; die Senkbohrer; die Schleifer; die Zusammenbauer und die Werbegruppe (die Plakate mit Erklärungen und Wegweißer für den Tag der offenen Tür gestalteten). Natürlich wurde untereinander auch immer mal wieder getauscht (sonst wären den Schleifern wohl die Hände abgefallen), mir war es aber wichtig das immer mindestens ein Experte bei seiner „Station“ blieb.
Als besonders schwierig stellte sich heraus, die Löcher für die Schrauben in Plexiglas und Holz exakt übereinander zu bohren, so dass die Schrauben nachher nicht verkanten. An diesem Problem scheiterte die Fertigstellung eines Mikroskops am ersten Bautag.
Am zweiten und letzten Bautag (Freitag) haben wir das ganze zusammen evaluiert und die Schüler machten Lösungsvorschläge für dieses Problem. Diese haben wir aufgegriffen und danach lief es deutlich besser, auch wenn ich (weil ich wusste das wir unter Zeitdruck stehen) von nun an ein wenig mehr bei den Bohrgruppen kontrolliert habe.
Die Kinder haben mit Feuereifer am Projekt gearbeitet und dabei Talente gezeigt und an sich selbst entdeckt von denen sie (und ich) gar nichts geahnt hatten. Als das erste Mikroskop fertig war und hervorragend funktionierte, war nochmal ein Schub mehr Motivation da.
Bis zum Ende des Tages haben wir 10 Mikroskope hergestellt.
Am nächsten Tag (Samstag) haben wir erst mal mit der Klasse ein wenig mikroskopiert, damit sie die Mikroskope auch besser präsentieren können.
Die Mikroskope waren eins der Highlights an diesem Tag und es war auch für meine Klasse toll zu sehen wie nicht nur die Grundschüler – für die der Tag gedacht war, sondern auch deren Eltern und andere Erwachsene wieder zu Kindern wurden und alle ihr eigenes Handy mit dem Mikroskop ausprobieren wollten. Obwohl fertige Präparate aus der Biologie zur Verfügung standen wurden immer wieder vom Schulgelände andere Sachen in den Raum gebracht um diese doch auch mal zu „untersuchen“.
Insgesamt ein Projekt an dem meine Klasse und ich unheimlich viel Spaß hatten und an dem wir gewachsen sind. Für Materialkosten von ca. 120€ haben wir (im Nachhinein) 20 Mikroskope hergestellt. Ein paar davon wurden am Projekttag an begeisterte Schüler und Eltern verkauft (15€ pro Stück); Tage später haben auch ein paar Schüler meiner Klasse noch welche gekauft. Somit müssen wir wohl nochmal in eine Bauphase gehen, damit auch die Schule mal einen Klassensatz zur Verfügung hat. Eine Kollegin hat die momentan noch Verfügbaren schon in ihrem Unterricht genutzt – die Schüler waren begeistert. Keiner wollte die „normalen“ Schulmikroskope benutzen. 😉