Früher habe ich oft gehört, dass man als Lehrer zwar ganz gut verdiene, aber halt auch nicht Karriere machen könne, wie in der Wirtschaft. Die FAZ hat vor Jahren einen langen Artikel darüber gebracht und schrieb unter anderem…
Wer heute etwas auf sich hält, will Erfolg, Geld und Anerkennung – so viel wie möglich und am besten sofort. Früher, als die Welt noch klein war und der Lehrer neben dem Arzt und dem Pfarrer der erste Mann im Dorf, mag das auch als Pädagoge möglich gewesen sein. Das ist vorbei.
Heute weiß ich, dass das falsch ist. Auch als Lehrer hat man unzählige Möglichkeiten, seine Karriere in diese und jene Richtung zu lenken. Herr Rau beispielsweise doziert nebenher an der Universität; kubiwahn ist in der Schulleitung; Maik Riecken referiert auf Fortbildungen und Herr Larbig ist nebenher gefragter Autor (und nicht von lustigen Klassenzimmer-Büchern). Meine ehemalige Kunstlehrerin hat in Aachen ein Geschäft eröffnet.
Ob man ans Seminar geht, in die Uni oder die Politik. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Vor einigen Wochen habe ich mich auf eine Moderatorenstelle hier im Kreis beworben. Moderatoren nennt man die Leute, die die Lehrerfortbildungen veranstalten. Meine Intention dahinter war einfach “Lust auf Neues”. Dafür bekommt man weder Geld noch Ruhm – höchstens Arbeit. Aber man lernt spannende Leute kennen und erweitert seinen Horizont immens.
Ich liebe meinen Beruf und möchte gerne hierhin und dahin mal reinschnuppern, um zu sehen, was es noch so gibt.
Nach einem sehr netten Gespräch im Schulamt konnte ich in einer online-Maske meine Daten und Referenzen eintragen. Welche Fortbildungen ich schon genossen habe, welche ich schon gestaltet habe. Dieses und jenes.
Zu guter Letzt:
Für die möglichen Aufgaben der Moderation […] interessiere ich mich, weil ich glaube, dass ich über folgende Kompetenzen verfüge:
1. __________________________
2. __________________________
3. __________________________
Hm.
Ich habe lange gegrübelt. Etwas hingeschrieben. Wieder gelöscht. Was wären denn sinnvolle Kompetenzen? Irgendwas mit Medien? “Ich bin kommunikativ?”
Jede selbstbeweihräuchernde Kompetenz schien mir völlig austauschbar und irgendwie.. mau.
Also schrieb ich:
Ich bin wirklich gut in meinem Job 🙂
Ich weiß, dass man so etwas in einer Bewerbungsmappe nicht schreiben sollte. Nie!
Meinen Schülern würde ich was husten. Aber, so dachte ich, wenn sie mir das übel nähmen, sei ich vielleicht nicht der Richtige für den Job und umgekehrt – ich bin überzeugt, dass ich ganz gut bin, sonst würde ich mich ja nicht bewerben. Der Grad zwischen selbstbewusst und arrogant ist schmal.
Heute saß ich dann im Schulamt bei meinem Bewerbungsgespräch. (Immerhin wurde ich eingeladen.)
“Herr Klinge, Sie haben da in Ihrer Bewerbung eine Steilvorlage geliefert: Wie gut sind Sie denn?”
Gespanntes Schweigen.
Ups.
Da würde mich brennend die Antwort interessieren 🙂 lief das Gespräch denn letztendlich gut für dich?
Ich hoffe ja auch, dass es nach dem Schweigen weiterging. 🙂
Ging es.
Und da ich die Stelle habe, wohl auch einigermaßen überzeugend… 🙂
Dann wird’s Geschichten geben – freu mich drauf ;).
Zweifellos 😀
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Du hast zwar Recht damit, dass man über seinen Tellerrand hinausgucken kann, aber allein mit dem guten Lehrersein kommt man karrieretechnisch nicht sehr weit. Wenn man hier in BaWü etwas werden will, wird man nicht gefragt, ob man guten Unterricht macht, sondern was man neben dem Unterricht noch alles gemacht hat: Bibliotheksarbeit, Hausaufgabenbetreuung, Arbeitskreisarbeit? Das ist alles gut und wichtig, aber zuallererst will ich guten Unterricht machen…
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