Im Laufe dieses Schuljahres hatte ich die Gelegenheit, bei vielen Kollegen hospitieren zu dürfen. Das war spannend und nochmal anders, als während des Referendariats, weil ich inzwischen einen anderen Horizont habe. Ich kann viele Elemente des Unterrichts ganz gut identifizieren und erahne auch, warum was wie gemacht wird. Trotzdem hat sich bei mir eine gewisse Unzufriedenheit eingestellt (ich schrieb an dieser Stelle darüber), weil ich mich nach jeder Stunde als ziemlich dumm empfand.
Was ich gesehen hatte, war ziemlich beeindruckend, doch im Nachhinein fehlte mir die Sprache, um eine solche Stunde intelligent reflektieren zu können. Vereinfacht ausgedrückt: Ich bin neidisch auf meine eigenen Fachleiter, die scheinbar mühelos Stunden reflektieren und neu durchdenken konnten.
Ich habe mich zuletzt auf die Suche nach Antworten begeben. Was ist guter Unterricht? Welche Strukturen machen eine gute Schule aus? Wie kann ich besser unterrichten und mich gleichzeitig aus dem Lernprozess zurückziehen?
Twitter ist dabei immer eine beeindruckende Anlaufstelle – dich mich aber überfordert. Wenn ich lese, was die Kollegen alles machen, fühle ich mich vor allem schlecht.
Außerdem hatte ich Gelegenheit, mich mit verschiedenen Leuten zu unterhalten, die deutlich näher am System Schule stehen, als ich (also Schulleiter, Fachleiter oder Mitglieder des Schulamtes sind). Unglaublich inspirierende Gespräche waren das, die mir vor allem gezeigt haben, wie beschränkt mein Horizont ist. Ich höre generell gerne Fachleuten zu (bin letzte Woche eine Stunde mit unserem Schulhausmeister durch die Eingeweide der Schule gekrochen um die Stromversorgung der Gebäude kennenzulernen und habe freundlicherweise von der Stadt eine Auflistung über den Stromverbrauch unserer Schule bekommen… uff!) – aber zu sehen, wie Kollegen mein Bild von Schule mit wenigen Sätzen völlig umkrempeln können, haut mich dann doch immer wieder von den Socken.
Ich frage mich jedes mal, warum ich das vorher noch nicht so gesehen habe.
In unserer Schule bin ich neben verschiedenen Gremien auch in einer Art Steuergruppe drin, die sich aktuell mit den Stundenplänen und Lernzeiten unserer Schule beschäftigt. Dieser Wechsel der Perspektive – raus aus dem Unterricht, hin zu einem systemischen Blick ist zugleich spannend und beängstigend. Letztlich wirft das für mich auch die Frage auf, in welche Richtung ich mich langfristig beruflich entwickeln möchte – aber das ist kein Thema für den Blog und die vorweihnachtliche Zeit.
Ich lese zwischen den Zeilen, dass du dich vom normalen „Lehrer-Sein“ bald verabschieden wirst 😉
„in welche Richtung ich mich langfristig beruflich entwickeln möchte“ – Hauptschulblues findet das durchaus ein Thema für den Blog.
Mit gutem Unterricht, guter Schule und Qualitätsmerkmalen von Schule beschäftigt sich Hauptschulblues seit beinahe 20 Jahren. Als Mitglied einer Schulpreisjury findet er es unendlich spannend, Schulen von der Grundschule bis hin zur BOS, sprich alle Schularten, kennenzulernen. Es ist beeindruckend zu sehen, wie einzelne Schulen, egal ob 180 oder 1500 SchülerInnen, ihre Probleme angehen.
Ich finde es mutig, die Perspektive zu wechseln.