Ich fahre ein ziemlich altes Auto. Regelmäßig darf ich mir Sprüche darüber anhören. Es ist winzig klein und schon ziemlich zerschrammt. Das Türschloss auf der Fahrerseite ist kaputt und manchmal verhakt sich der Schlüssel so im Tankdeckel, dass man zehn Minuten rütteln muss, um ihn wieder zu befreien. Die Lüftung macht den Anschein, mehr Abgase ins Innere zu leiten als Frischluft. Die Fußmatte besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus Kekskrümeln (ich schiebe es auf die Kinder, aber unter dem Lenkrad sieht es genauso aus).
Aber dieses kleine, alte, zerschrammte Auto fährt. Tagein. Tagaus.
Und weil ich jeden Tag nur rund 25 Minuten in diesem Auto verbringe, kann ich damit ganz prima leben. Mein Ego braucht kein größeres Auto.
Sowohl mein Handy, als auch mein Computer sind mehr wert als dieses Auto. Teufel, meine Hosen sind mehr wert, als dieses Auto. Vor mehr als drei Jahren ist ein Surface Pro 4 mein Dienstcomputer geworden und seit drei Jahren schleppe ich das Gerät Tag-für-Tag mit in die Schule. Ausnahmslos. Unterricht vorbereiten. Bloggen. Recherchieren. Nachrichten lesen. Hörbuch hören. E-Mails schreiben. Twittern. Mein Smartphone zeigt an, dass ich in der vergangenen Woche knapp 26 Stunden mit dem Gerät verbracht habe. Weil das gemeinsam mit meinem Computer eine Nutzungszeit von sechs bis sieben Stunden je Tag ergibt, möchte ich an diesen Stellen nicht mit billigen Plastikbombern arbeiten. Würde mir das Surface morgens vom Tisch fallen, kaufte ich nachmittags ein neues.
Die Aufbruchstimmung meiner Schule in Richtung Digitalistan macht sich auch im Lehrerzimmer bemerkbar: Viele Kollegen suchen aktuell nach einem neuen Computer und vergleichen und fragen um Rat.
Doch an dieser Stelle wird es dann schwierig.
Mir ist mein Auto völlig egal. Ich habe noch nie geputzt und dafür schon viele Sprüche zu hören bekommen – aber es ist für mich ein völlig austauschbares Werkzeug. Wie ein Hammer. Die paar täglichen Minuten darin rechtfertigen in meinen Augen keine zehntausende Euro Ausgaben. Ich komme nicht schneller ans Ziel, wenn das Auto ein anderes wäre. Die Geräte, mit denen ich dagegen ununterbrochen arbeite, dürfen – nein: sollten – Premium sein. Die Zeiten von „Ich schalte den Computer ein und gehe mir dann einen Kaffee holen bis er hochgefahren ist“ sind vorbei. Meine Lebenszeit, mein Workflow sind mir kostbar. Es muss funktionieren. Und zwar sofort.
Aber ob das für meine Kollegen auch gilt? Hm.
Fragt man jene Lehrer, die ein (teures) iPad Pro oder (teures) Surface haben, scheinen sie durch die Bank zufrieden – aber das sind dann auch immer Leute, die sich sehr bewusst dafür entschieden haben. Die diese Geräte intensiv nutzen.
Seit gestern Nachmittag sitzen meine Tochter und eine Freundin über zwei TabletPCs gebeugt. Für ein Referat haben sie sich in den Kopf gesetzt, ein kleines Video zu drehen und zeichnen nun Stunde um Stunde die zugehörigen Figuren. Das lange Wochenende wird noch genutzt werden, um die Figuren auszudrucken, einen Film zu drehen und ihn mit ganz einfachen Mitteln zu schneiden. Ein völlig absurder Aufwand für ein Referat in einem Nebenfach. Aber: Die beiden sind in den Arbeitsprozess so vertieft, wie es Kinder nunmal sind, wenn sie sich für eine Sache begeistern.
Vielleicht bedeutet „Digitalisierung“ im Kontext des Lehrerzimmers auch, den Kolleginnen und Kollegen zu zeigen, dass Materialerstellung, Learning-Apps und digital angehauchte Projekte mit vernünftiger Hardware nicht nur deutlich mehr Spaß machen sondern überhaupt erst sinnvoll sind – besonders im Vergleich zu einem alten, drei Kilogramm schweren Acer-Laptop und Windows Vista, dass alle 15 Minuten einfriert.
(An dieser Stelle streifen wir kurz den Punkt, der den Lehrerberuf zu einem Besonderen macht: Kein Versicherungsvertreter käme auf die Idee, mit seinem privaten Computer zu arbeiten. Kein KFZ-Mechatroniker kauft sich sein eigenes Werkzeug, um dann die Autos der Kunden zu reparieren. Aber als Lehrer? Hm. Hm.)
Ich beobachte jedoch, dass die Zahl der Kolleg*Innen, die mit einem Surface oder iPad im Unterricht sitzen, unentwegt steigt. Sie sind es dann aber oft auch, die den Computer/Tablet als nützliches Werkzeug einsetzen und nicht als zusätzliche Hürde erleben.
Digitalisierung bedeutet meines Erachtens auch: Ich muss auf vernünftige Hardware zugreifen können.
(Was bedeutet „vernünftige Hardware?“ Mein Surface Pro 4 ist vor etwa vier Jahren auf den Markt gekommen und nur die wenigsten Anwender würden überhaupt einen Unterschied zum aktuellen Surface Pro 6 bemerken. Ab einer gewissen Preisklasse sind Computer heutzutage einfach so gut, dass es im Bereich „Office & Schule“ nicht mehr viel Luft nach oben gibt.)
tl;dr: Ich verbringe jeden Tag 30 Minuten in meinem Auto, aber rund 300 Minuten mit meinem Computer. Darum gebe ich für den auch mehr Geld aus. Es lohnt sich.
…und für den nicht ganz so fetten Geldbeutel tut es auch das Surface Go. Sicher!
Bei dem Punkt „(An dieser Stelle streifen wir kurz den Punkt, der den Lehrerberuf zu einem Besonderen macht: Kein Versicherungsvertreter käme auf die Idee, mit seinem privaten Computer zu arbeiten. Kein KFZ-Mechatroniker kauft sich sein eigenes Werkzeug, um dann die Autos der Kunden zu reparieren. Aber als Lehrer? Hm. Hm.)“ habe ich mal kurz an all das gedacht, was ich schon privat für meinen Job gekauft habe und was die Kollegen und Kolleginnen so alles haben um ihren Job zu machen.
Vielleicht kann man das bei anderen Branchen gar nicht so erkennen (und es wird noch schwieriger in Branchen, wo es offiziell verpönt / nicht erlaubt ist, eigenes Material zu nutzen).
Jep. Sind bei mir auch inzwischen sicher tausende Euro. Aber ich würde es immer wieder so machen.
Der Punkt ist: Ich bin kein Lehrer 😉
Mein eigener Beamer (leider schon der dritte), der dritte Laptop (17 Jäher dabei) mit Grafik Tablet- letztes Jahr leider kein Touch gekauft), iPad mini , Bluetooth Lautsprecher usw.
Ich sage immer: Ein Pilot kauft sich auch nicht sein Flugzeug um Arbeit zu können. Hier läuft einiges falsch. Aber ich möchte so arbeiten.
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