So langsam bin ich ferienreif.
Heute fand in Siegen einmal mehr der Schülerlauf statt: Über 7000 Schüler aus Stadt und Umland haben daran teilgenommen und jedes Jahr aufs Neue bin ich begeistert. Besonderes Highlight: Man trifft viele alte Kollegen und ehemalige Schüler und das ist wirklich wunderbar. Ich habe zwanzig, dreißig Gespräche geführt und ausnahmslos positive Momente mitgenommen. Schön, wenn ein Wiedersehen so gefeiert wird – ist immer auch ein Zeichen dafür, dass man nicht im Groll gegangen ist.
Meine Fünfer haben die Gaudi durchaus genossen, sich beim Laufen aber nicht mit Ruhm bekleckert. Da hielt Freude vor sportlichem Ehrgeiz den Vorzug. Aber zum Ende des Jahres darf auch das sein. Hin- und Rückweg ins Stadtzentrum waren unkomplizierte Märsche ohne besondere Ereignisse. Auch dafür bin ich dankbar.
Außerdem: Habe eine kleine Feentür besorgt und im Garten angebracht. Meiner kleinen Tochter erklärt, es wäre eine Zaubertür ins Feenreich. Verbunden mit aufregenden Abenteuern der Fee wächst in meiner jüngsten Tochter das Verlangen, nachts aufzustehen und der Fee endlich zu begegnen. Pläne werden geschmiedet und Instrumente bereitgelegt: „Papa, heute Nacht spielst du die Gitarre ganz ganz laut – davon werde ich bestimmt wach!“
Die Feentür wurde natürlich ausgiebig untersucht und jedem noch so winzigen Detail eine geheimnisvolle Bedeutung zugemessen. „Könnten das Zauberpilze sein? Bimmelt die Glocke nachts? Was passiert, wenn man auf den kleinen Knopf drückt?“
Meine Vierjährige geht heute nur sehr widerwillig ins Bett.
Wider erwarten habe ich meine sportliche Betätigung noch nicht aufgegeben. Trotz Wanderung und Schülerlauf habe ich es auch heute geschafft, einige Runden abzuspulen. Es wird langsam besser. Glücklicherweise liegt ein Sportplatz in Rufweite – die weiche Tartanbahn ist ein Segen für meine, vom Fußball geschundenen, Knie. Mein Ziel ist, eine Stunde am Stück laufen zu können. Ist das geschafft, widme ich mich der nächsten Schwachstelle.
Schulisch läuft vormittags Unterricht, nachmittags viele Übergabe-Konferenzen. Dabei sitzen bspw. die Mathelehrer einer Jahrgangsstufe zusammen und reflektieren das Jahr: Thema für Thema wird analysiert. Sind Lehrplan, Kompetenzraster und Selbstlernplan vorhanden? Genügt die Klassenarbeit den Anforderungen und existiert ein Erwartungshorizont und Bewertungsbogen? Was lief gut? Wo gab es Probleme? Alles wird auf Protokollen zügig abgearbeitet und festgehalten.
Anschließend folgen Übergabekonferenzen von den alten an die neuen Lehrer: Achtet hierauf, das lief gut, das muss nochmal überarbeitet werden. Hochgradig effektiv aber auch sehr anstrengend. Daneben: Neue Einstellungen und Ausschreibungen besprechen, Klassenlehrer setzen und Pläne fürs neue Schuljahr festsetzen. Die Schulleitung läuft bei uns noch eine Woche länger, als das Kollegium, um die organisatorischen Reste wegzuarbeiten und Sinnvolles vorzubereiten.
Ein ausführliches Fazit über mein erstes Jahr als Abteilungsleiter und Mitglied einer Schulleitung folgt sicher noch. Aber es wird auf folgendes hinauslaufen: Das war das aufregendste, anstrengendste, beste Jahr meines Berufslebens. Ich habe noch nie so viel Spaß gehabt, so viel gearbeitet und so viel gelernt, wie in den vergangenen 12 Monaten.
Hätte ich vorher gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich es mir nicht zugetraut. Und das wäre ein gewaltiger Fehler gewesen.
Im Augenblick aber habe ich vor allem das Verlangen, durch eben diese Feentür zu verschwinden und mir ein paar Tage Erholung und digitale Abstinenz zu gönnen. Nicht mehr lang.