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Unterrichtsmaterial erstellen: „Geht das auch schneller?“

„Verzeihen Sie bitte meine Direktheit: Aber Sie liegen völlig falsch!“

Ich darf einige Texte für ein Buch beisteuern und bin in eine Diskussion mit der Lektorin gerutscht. Bestimmte Aspekte zur Erstellung von Unterrichtsmaterial halte ich für trivial und komme mir dämlich vor, die Funktionsweise eines Tools von Grund auf zu erklären: Als würde ich für den Computerclub eines Seniorenheims schreiben. Die Lektorin sieht es anders – und das ist am Ende sicher gut so: Denn natürlich bin ich Gefangener meines eigenen Horizonts.

Auslöser für diesen Blogartikel ist die Tatsache, dass ich immer wieder (und zuletzt heute früh) in die Situation gerate, dass mich Menschen fragen, „wie viele Stunden denn mein Tag habe“ oder „ob ich gar kein Privatleben mehr hätte.“ Ständig bloggen, zahlreiche Unterrichtsmaterialien, Bücher schreiben, immer wieder Projekte und noch und noch und noch mehr dazu.

Dabei halte mich selbst nicht für besonders fleißig. Wie passt das zusammen?

Bill Gates wird die Aussage zugesprochen, er würde immer auch eine faule Person einstellen, um einen schwierigen Job zu erledigen – denn sie würde naturgemäß einen einfachen, kurzen und effektiven Weg zum Ziel suchen.

Mir gefällt diese Phrase, denn ich finde mich ganz darin wieder. Wann immer ich Unterrichtsmaterial erstelle oder Projekte verfolge, denke ich darüber nach, ob das auch effektiver und schneller geht, als ich das aktuell tue.

Ein Konkretes Beispiel:

Für ein fiktives Arbeitsblatt brauche ich eine Reihe von Spalten, die gleichmäßig verteilt und ein wenig comichaft aussehen sollen. Zunächst weiß ich, dass ich mit Arbeitsblätter mit PowerPoint deutlich schneller erstellen kann, als mit Word, wenn ich die Foliengröße auf A4 stelle: Objekte lassen sich frei platzieren und verschieben – Word möchte immer alles links oben in der Ecke platzieren.

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 1

Im zweiten Schritt möchte ich diese Objekte duplizieren. Dazu kann ich entweder zahlreiche weitere Rechtecke zeichnen und hoffen, dass sie etwa gleich groß sind oder markiere ich das Objekt und…

  1. drücke auf der Tastatur STRG+C um es zu kopieren und dann STRG+V um es beliebig oft einzufügen. Sinnvoll, wenn ich mehrere Kopien des Objekts benötige. Oder…
  2. ich halte die STRG-Taste gedrückt und verschiebe es mit der Maus. Dadurch entsteht direkt eine Kopie des Objekts.

Ich nutze in unserem Beispiel Variante 1:

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 2

Doof: Jetzt sind die alle übereinander gelegt und ich möchte sie doch so gerne regelmäßig verteilt wissen. Normalerweise würde ich sie einzeln mit der Maus greifen und dann so umherschieben, wie sie liegen sollen. Aber natürlich gibt es einen schnelleren Weg: Man nimmt das Objekt, das am weitesten rechts platziert werden soll und legt es ab – die genaue Höhe muss nicht einmal übereinstimmen.

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 3

Nun könnte ich alle anderen Objekte händisch dazwischen verteilen – aber das wäre Verschwendung meiner Arbeitszeit. Es gibt nämlich Knöpfe um alle markierten Objekte oben auszurichten und auch horizontal zu verteilen. Sind insgesamt fünf Mausklicks:

  1. alle Vierecke markieren
  2. Auswahl -> oben ausrichten
  3. Auswahl -> horizontal verteilen

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 4

Nun möchte ich gerne den klinischen Look durch einen händischen, eher an ein Comic erinnerndes Design ersetzen. Auch dafür gibt es einen Knopf.

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 5

Ich kann dieses Arbeitsblatt auf Papier zeichnen und evtl. einscannen. Ich kann die Linien am PC mit Stift oder Maus zeichnen. Aber deutlich schneller geht der hier beschriebene Weg: Ich habe hierfür weniger als eine Minute benötigt.

Hier stehen zwei Elemente des Computers im Fokus:

  1. Kopieren und Einfügen
  2. Abkürzungen nutzen

Kopieren und Einfügen

Ein ganz wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit besteht im Kopieren meines eigenen Materials. Vor einiger Zeit entwarf ich einige Merkplakate für Mathematik (aufmerksame Leser erkennen den pseudo-comic-Stil aus diesem Beitrag):

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 6

Nun kann ich ohne großen Aufwand das gesamte Plakat für meinen Physikkurs adaptieren:

Unterrichtsmaterial

Es sieht aus, als hätte ich viel Zeit in die Erstellung des Plakats verwendet – aber in Wirklichkeit waren das nur etwa zehn Minuten. Ich verwende mein eigenes Material wieder und wieder und wieder. Entscheidend ist, dass ich mir zu Beginn überlege, wie es intelligent angelegt werden muss, um zukünftig als Muster zu dienen.

Abkürzungen nutzen

Ich bin kein rechter Freund des Zehn-Finger-Tippens. Mein 5-8-Fingersystem reicht aus, um flüssig und schnell zu schreiben – mein Leidensdruck ist nicht so hoch, als dass ich bereit wäre, die Zeit zu investieren. Windows (und Mac und Linux) bietet jedoch eine ganze Palette an Abkürzungen und Shortcuts, die systemweit funktionieren.
Ganz plastisch – und für Zuschauer schier unerträglich: Es gibt Menschen, die scrollen auf einer Webseite nach unten, indem sie rechts unten in der Ecke den kleinen Pfeil anklicken. Klick. Klick. Klick. Mit jedem Klick geht es drei Zeilen nach unten. Kürzer ist es, wenn man zwei Finger auf das Touchpad legt und sie nach unten (oder oben) bewegt. Allgemein gilt:

  • hält man die STRG-Taste gedrückt, passiert etwas (z.B. wird ein Objekt kopiert oder in Word springt man in Kombination mit den Pfeiltasten von Wort zu Wort).
  • hält man die Shift-Taste gedrückt, passiert etwas (z.B. werden gezeichnete Objekte symmetrisch – ein Quadrat statt einem Rechteck – oder Linien werden nur länger, verändern aber ihre Richtung nicht oder man markiert Objekte/Worte in Texten).
  • hält man die ALT-Taste gedrückt, passiert etwas (z.B. lassen sich Objekte dann frei bewegen und verhalten sich nicht ‚magnetisch‘)
  • drückt man mehrere der genannten Tasten gleichzeitig, passiert etwas.

Je mehr dieser Shortcuts man kennt, desto flüssiger gehen sie einem von der Hand und sparen am Ende jede Menge Zeit. Nicht alle braucht man ständig – aber die Relevanten werden sich schon einprägen.

OneNote (oder ein anderes digitales Ablage-System)

Seit vielen Jahren nutze ich OneNote als Ablage für alle Unterrichtsmaterialien schlechthin. Jede Unterrichtsstunde, jedes Arbeitsblatt und jedes alte Buch, dass mir begegnet wird dort systematisch eingepflegt (ein Video dazu findet sich hier).

Unterrichtsmaterial erstellen: "Geht das auch schneller?" 7

In der Praxis bedeutet dies nach zehn Jahren Unterrichtserfahrung: Ich muss für praktisch keine Stunde „von Grund auf“ neu Unterrichtsmaterial konzipieren. In irgendeiner Variation habe ich mich mit dem Thema schon einmal beschäftigt und warten im Hintergrund Dutzende Ideen darauf, genutzt zu werden.

Ich muss mich nicht durch eine Festplatte voller Dateien wühlen.

Ich habe keine Kisten mit Ordner, Unterrichtsentwürfen und Arbeitsblättern im Büro stehen.

Tatsächlich besteht mein gesamtes Büro nur aus einem einzigen Computer.

Effektives und zeitökonomisches Arbeiten bedeutet vor allem, sich immer wieder zu fragen: Geht das auch schneller?

8 Gedanken zu „Unterrichtsmaterial erstellen: „Geht das auch schneller?““

  1. Vielen, vielen Dank für den Blogartikel und das Video, beides ist unglaublich hilfreich! Allerdings hab ich jetzt noch gefühlte tausend Fragen mehr… 😀 Z.B. dass ja deine Onenote-Notizbücher unglaublich groß sein müssen, wenn du das Material und die Präsentationen da mehrfach drin hast – ich meine mich zu erinnern, dass du den Onenote-Ordner auf eine SD-Karte ausgelagert hast? Damit bin ich leider kläglich gescheitert, mein Surface 7 hängt sich permanent auf, wenn ich das tue… Und welchen Dokumentenscanner hast du denn für die ganzen Bücher etc. benutzt? (Fun fact… das sind keine DDR-Arbeitshefte, sondern schon aus Nach-Wende-Zeiten, den Verlag gibts auch noch, gehört aber jetzt zu Cornelsen…)… Und wenn ich eine Datei im Notizbuch ablege, so dass sie als Link drin ist (also damit sie auch immer aktuell ist), dann hab ich es noch nicht geschafft, sie mit dem jeweiligen Programm auf dem Surface zu öffnen, sondern sie wird beim Draufklicken immer online geöffnet, nervig…

    Aber trotzdem: Danke! Ich habe deine Lerntheken schon dringend einer Ma-Ph-Kollegin empfohlen, kann sie leider nicht selbst im Unterricht. 🙂 Herzliche Grüße aus dem Rhein-Lahn-Kreis!

  2. Ich glaube, wir sind vom gleichen Schlag, warum das Optimale suchen, wenn man es schnell selber perfekt machen kann. 🙂

    Kollegen gehen, glaube ich, davon aus, dass ich Tag und Nacht am PC hänge und meine U-Materialien vorbereite. Aber Übung ist alles! Ich habe um 1990 schon angefangen, mit Word damals noch. Wenn man das kontinuierlich macht, ist man dann so schnell und kennt die ganzen Tricks mit der Tastenkürzeln, dass es eben gar nicht mehr so lange dauert.
    Die „anderen“ jammern immer nur rum dass sie keine Zeit haben und nicht dazu kommen. Aber wenn man sich eben mal damit beschäftigt und alles einübt, dann muss man nicht mehr lernen. Man muss sich halt mal die Zeit nehmen! 😉

    Grüße, Birgit

    1. In Office 365 findet der Punkt sich unter der Formkontur als Punkt unter Linienstärke. (Dort, wo du gemeinhin auch einstellst, ob eine Linie gestrichelt, gepunktet etc. sein soll)

      1. Danke! Da konnte ich im alten Office lange suchen ohne fündig zu werden…

        Und diese Eckenverzierung wir Tesafilm, Nadeln & Co, sind das eingefügte Bilder, ist gibt es die auch?

  3. Ich gebe schamlos zu, dass ich Dank dir jetzt auch ab und an Powerpoint zum „layouten“ von Dingen benutze. Man hat halt alles, was man braucht, in einem Programm. Für aufwändige Dinge benutze ich gern reine Vektor-Grafik-Programme (Affinity Designer oder sowas) aber da fehlt mir der geniale Formel-Editor von MS Office. Und im Gegensatz zu Word ist man für das freie Gestalten viel schneller, als im zeilenbasierten Textverarbeitungsprogramm.

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