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Schulentwicklung: Organisation der Wahlen und Werkstätten #6

Wie organisiert man hunderte von Wahlzetteln für dutzende von Werkstätten? Die Lösung dieses Problems hat mich viele Wochen Arbeit gekostet. 

Vorbemerkung

Die Corona-Krise hat alte Strukturen aufgebrochen und schulisch viel durcheinandergewirbelt. Das bietet auch die Chance, Schule nachhaltig zu verändern. In dieser Artikelreihe beschreibe ich, wie meine Schule diesen Transformationsprozess angeht – denn wir wollen nicht zurück nach 2018. Die ganze Reihe zum nachlesen findest du hier.

1. Die Struktur der Wahlzettel

Zum kommenden Schuljahr werden bei uns viele Strukturen aufgebrochen zugunsten der Möglichkeit für die Schüler:innen, sich Kurse zu wählen: Möchtest du lieber Musik oder Kunst? Möchtest du lieber Religion oder etwas aus dem Bereich Kultur? Willst du eine zusätzliche Sprache oder Gemeinnützig Handeln? Wie wäre es mit einer Sportwerkstatt und wenn ja, welche Sportart liegt dir?

Jedes Kind bekommt vier Werkstätten zugewiesen, aber je nach Altersstufe gibt es unterschiedliche Vorgaben. Da sich die Prüfungsordnung in den letzten Jahren mehrfach geändert hat, gelten an unserer Schule drei Prüfungsordnungen gleichzeitig: Die 5er müssen schon Informatik machen – die 8er dagegen nicht. Die 10er haben ihr viertes Hauptfach bereits in der 6 gewählt, die 6er werden das erst in der 7 tun.

Je nachdem, was ein Kind wählt, verändern sich die Folgefragen: Wer als erste Werkstatt Sport wählt, kann in den nächsten drei nicht nochmal Sport wählen.

In der Summe entsteht ein hochgradig komplexer Wahlzettel, differenziert nach Altersstufe und Wahlentscheidungen.

Das Ergebnis wandert in eine Exceltabelle mit knapp 600 Zeilen (jeder Schüler eine) und etwa 120 Spalten (die Antworten). Macht insgesamt ein gigantisches Chaos.

Wahlergebnis in Excel

Es gibt schlicht keine Möglichkeit, diese zehntausende von Antworten händisch zu verarbeiten. Eine wahre Excel-Hölle.

2. Blatt 1: Der Lebenslauf

Ein ganz wichtiger Aspekt dieses Systems ist, dass die Kolleg:innen einen Überblick darüber behalten, welches Kind welche Werkstätten gewählt hat. Es darf nicht geschehen, dass Max Mustermann am Ende seiner Schulzeit 8x Kunst und 16x Sport hatte, aber nie im Leben an einer Religionsstunde teilgenommen hat. Ich brauche also einen Lebenslauf.

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Für jedes Kind einzeln werden erstens die vier Werkstätten aufgeführt, die zweitens nach Halbjahren  der Sekundarstufe 1 sortiert sind: Von 5.1 bis zur 10.2.

Außerdem brauche ich (man denke an die verschiedenen Prüfungsordnungen) eine Übersicht, was jedes Kind im Laufe seines Lebens alles wählen muss. Das steht bei jedem Kind direkt unter dem Namen.

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Dort kann ich lesen, dass Max Mustermann 6 Werkstätten aus dem Bereich Kultur, 4 aus dem Bereich AG etc. in den nächsten Jahren belegen muss. Diese Übersicht ist für jede Klasse individuell nach den Vorgaben des Ministeriums erstellt.

3. Nebenbemerkung: Excel

In diesem Jahr habe ich mich intensiv mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel beschäftigt. Dieses Programm kann besonders vier Dinge sehr gut:

  1. zählen und nachschlagen
  2. sortieren
  3. verweisen & vergleichen
  4. doppelte Einträge finden

Es ist wichtig, sich diese Fähigkeiten immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, um jede Menge Arbeit zu sparen.

Beispiel 1: Ich muss nur den Lebenslauf eines einzigen Kindes fertigstellen und kann dann, mittels copy & paste den Rest der Klasse daruntersetzen. Ist die Klasse 5a fertig, dupliziere ich sie für die 5b.

Beispiel 2: Die Funktion „=ZÄHLENWENN(G695:R709;“Kultur“)“ zählt nun in dem Rechteck G695 bis R709, wie oft das Wort „Kultur“ zu finden ist und trägt dies in die Vorgabentabelle ein. Dadurch muss ich nicht händisch eingeben, wenn Max eine Kunstwerkstatt belegt hat, sondern Excel zählt für mich.

Doch es gibt ein paar Probleme:

Für jede:n Schüler:in müssen 4 Werkstätten eingetragen werden. Das wären bei uns über 2000 Einträge, bei denen garantiert Fehler passieren.
Kurzer Überschlag: Benötige ich für jede Werkstatt von Max Mustermann etwa 20 Sekunden für „finde heraus, was er gewählt hat, kehre zurück zum Eintrag von Max Mustermann, trage die Werkstatt von ihm ein“ dann benötige ich rund 11 Stunden, um alle Schüler:innen mit Werkstätten zu versorgen.

Keine Chance.

Außerdem: Einige Namen gibt es bei uns mehrfach. Wenn ich nach Mohamad, Stefan oder Lea suche, finde ich zig Leas. Eine automatische Zuweisung über den Namen scheitert – erst recht, wenn die Kinder ihren Namen im Wahlzettel falsch geschrieben haben (Stefna).

Die Lösung:

Jedem Kind wird eine eigene Matrikelnummer zugewiesen – damit ist es schulintern eindeutig identifizierbar. Die Kombination aus Name, Klasse und Matrikelnummer lässt sich über das schulische Verwaltungsprogramm innerhalb weniger Sekunden ausgeben. Kombiniere ich diese Liste geschickt mit meinem Lebenslauf, dann füllt sich der Name „Max Mustermann + Matrikelnummer“ automatisch. Statt seines Namens verweise ich nämlich auf die Stelle, an der alle Schüler:innen aufgeführt sind.

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Auch die Werkstätten lassen sich auf diese Weise automatisch füllen. Dies läuft über den Befehl „Index“. Vereinfacht gesagt: Suche in der Liste aller Werkstätten (s.u.) in der Spalte „Matrikelnummern“ nach der Matrikelnummer von Max Mustermann und trage dann ein, was daneben in der Spalte „Werkstattname“ steht.

Wenn ich nun das Blatt mit den Werkstätten fülle, dann füllt sich damit automatisch auch der Lebenslauf von Max. Und umgekehrt: ich erkenne auf einen Blick, welchem Schüler noch eine Werkstatt fehlt oder wer bei der Wahl womöglich krank war und gar nicht auftaucht. Komplizierter werden die Details: Bei Max Mustermann muss sich die Spalte 5.1 füllen, bei seiner Schwester aber die 6.1. Und jedes Halbjahr muss sich der Verweis auf die aktuellen Werkstätten ändern, die alten müssen aber bestehen bleiben.

4. Blatt 2: Die Werkstattzuteilung

In einem weiteren Blatt am Ende habe ich große leere Cluster für alle Werkstätten erstellt. Sie sind bereit von mir mit dem Ergebnis der Wahlzettel gefüllt zu werden. Wer hat alles „katholische Heilige des Mittelalters“ gewählt? Ab in Werkstatt 1! Wer will alles Badminton spielen? Ab in Werkstatt 2!

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Diese Cluster sind geschickt programmiert, so dass ich nur für den ersten Schüler den Namen der Werkstatt und den Bereich angeben muss – diese Informationen werden für alle weiteren Kinder übernommen.

Und noch etwas ist wichtig: Die Werkstattbereiche liegen in sogenannten Bändern, laufen also z.T. parallel. Wenn Max im Werkstattbereich 1 „Spanisch“ gewählt hat, darf er im selben Bereich nicht noch in der Sportwerkstatt „Tanzen“ vorkommen.

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Auch hier hilft eine Excelfunktion: Unter Start – bedingte Formatierung – Regeln zum Hervorheben kann ich doppelte Matrikelnummern rot aufleuchten lassen (s.Bild). Max muss also umwählen und auf eine Werkstatt im Bereich 2 wechseln.

Nebendran gibt es außerdem eine Übersicht aller Angebote unserer Schule. Die Werkstätten laufen in Doppeljahrgangsstufe, die Farben signalisieren die Bänder: rosa ist die Jahrgangsstufe 5+6, türkis die 7+8 und weiß umfasst die Jahrgänge 9 und 10.

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Am Ende muss jedes Kind in jeder Spalte genau einmal vorkommen.

5. Nachbemerkung

Die letzten zwei Tage habe ich damit verbracht, Lücken zu stopfen und dumme Programmierfehler zu beseitigen. Vieles bemerkt man erst beim Tun, immer wieder hakt es hier und da und dort.

Rechne ich die investierte Entwicklungs- und Arbeitszeit für Wahlzettel und Auswertung zusammen (es gibt noch eine weitere Tabelle für die mit den Werkstätten verbundenen digitalen Kursbücher, aber der Screenshot  unten muss für heute genügen), komme ich auf über 100 Arbeitsstunden vor dem Computer. (Den größten Zeitanteil fraß das Ausdenken einer Übersetzung von Schulrealität auf eine Excelstruktur, danach die Programmierung; der kleinste Teil ist das tatsächliche Umsetzen, also Füllen der Werkstätten..)

Zwei Aspekte sind an dieser Stelle spannend.
Erstens: Auch wenn die Arbeit extrem zeitaufwändig gewesen ist, wird das im nächsten Durchlauf deutlich schneller von der Hand gehen: Nur noch wenige Stunden werde ich zukünftig brauchen, um alle Schüler:innen ihren Werkstätten zuzuweisen.
Zweitens: Für Entwicklungs- und Arbeitsstunden und auch noch Training der Mitarbeiter (ich habe Erklärvideos für die Kolleg:innen erstellt) hätte ich in der freien Wirtschaft eine ganze Stange Geld bekommen. Als Lehrer bekomme ich dafür genau null Euro. Dies vor dem Hintergrund, dass ich neulich in eine „Lehrer:innen sollten nach Leistung bezahlt werden“-Diskussion gestolpert bin.

Ich behaupte: Die guten Leute machen die Arbeit sicher nicht wegen des Geldes.

Ein, maximal zwei Tage benötige ich noch für die Zuweisung – dann habe auch ich endlich Sommerferien. Und im Garten warten meine Kinder und ein kleines Hexenhäuschen auf seinen Aufbau. Aber davon mehr nach der nächsten Maus.

6 Gedanken zu „Schulentwicklung: Organisation der Wahlen und Werkstätten #6“

  1. Excel ist ein super Programm.
    Aber warum nutzt du die komplexere Index-Funktion, wenn dir SVerweis in dem beschrieben Beispiel völlig ausreicht?

    1. Das blöde beim sverweis ist, dass der Suchterm immer ganz links stehen muss, wenn ich aber nach der Schülernummer suche und der Vorname links davon steht, funktioniert sverweis nicht.

      1. Ok, dann ist es sinnvoller die Index-Funktion zu nutzen. Oft baue ich mir die Listen auch so, dass S- oder WVerweis ausreichen, da ich selten die Kombination davon brauche. Im Zweifel mit einer extra (versteckten) Spalte/Zeile an passender, um eine Eindeutigkeit herzustellen und eben nur die einfachere Funktion nutzen zu müssen.

          1. Ich empfinde sie als komplizierter, da ich mich immer um die Angabe der Zeile und Spalte kümmern muss, anstelle nur eins der beiden. Mag aber auch durchaus sein, dass ich durch den jahrelangen Gebrauch da eingefahren bin 😉

  2. Pingback: Schulfach: "Unterwelt erforschen" #6 - Halbtagsblog

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