„Meine Kinder lachen nicht mehr“, schrieb ein Kollege heute auf Twitter. Und ich ahne, dass er noch etwas anderes meint: Nicht nur die Schülerinnen und Schüler lachen weniger.
Hinter mir liegt eine außergewöhnlich anstrengende Woche, in der ich wenig gar keine Ruhe gefunden habe und von einem Termin zum nächsten, von einem Gespräch, Notfall, Telefonat zum nächsten gesprungen bin. Schwere Zeiten gerade – aber für uns alle.
Ich möchte nicht vergessen, dass es in meiner Woche trotzdem viele Momente gab, in denen gelacht wurde. Sehr viel gelacht wurde sogar. Und wer ein wenig Aufmunterung benötigt, den nehme ich gerne mit in die Highlights meine Woche.
Projektunterricht: Hühnerhaus
Am Dienstag habe ich mit meinem Technikkurs weiter an unserem Hühnerhaus gearbeitet. Wir haben eine Dachseite konstruiert und mit Dachpappe versehen. Gearbeitet wurde mit Säge, Hammer, Akkubohrer und Forstnerbohrer, Schraubschlüssel und sehr viel guter Laune. Am besten gefällt mir, dass ich hundertprozentiges Vertrauen in die Jungs habe. Das Unterrichtsgeschehen wird dadurch total entspannt: Ich muss auf niemanden ein Auge haben, niemanden ermahnen, es werden keinen Duelle mit den Stemmeisen durchgeführt oder jemandem Dachnägel in den Nacken geworfen. Es ist nur positiv und damit auch losgelöst von „schulischem Leistungsdruck“. Das macht einfach Spaß und ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen:
Klassenzimmer schmücken
Mit meiner Klasse schaue ich jeden Morgen vor dem Unterricht die „Tagesschau in 100 Sekunden“ und inzwischen hat auch der letzte mitbekommen, dass die pandemische Lage uns noch eine Weile beschäftigen wird. Als ich heut morgen in meinen Klassenraum kam, waren die Mädchen und Jungen eifrig dabei, den ganzen Raum in eine Weihnachts-Vorhölle zu verwandeln. Jemand hat einen Tannenbaum mitgebracht, wer anders Christbaumkugeln. Lichterketten, eine kleine Holzkirche. Alles ist geschmückt und mit kindlicher Liebe dekoriert. Schlichtweg zauberhaft.
Prüfungshighlight 1
Wie ich an dieser Stelle beschrieb, lassen wir in der 10 eine mündliche Prüfung laufen, die in den Bereich „Lebensvorbereitung“ zielt: Vergleiche das Einkommen verschiedener Jobs, suche dir eine Wohnung und ein Auto, gehe Einkaufen und so weiter. Neben dem Allgemeinwissen geht es auch um die Wiederholung von Prozent- und Zinsaufgaben, Recherchekompetenz etc.
Eine Aufgabe lautet sinngemäß „Du kaufst dir jeden Monat ein Glücklos […]. Berechne die Wahrscheinlichkeit…“
Die Antwort eines Schülers: „Teilnahmebedingung ab 18. Heißt, rechtlich gesehen, verboten. Gewinnwahrscheinlichkeit 0%.“
Ich finde es absurd witzig, denn es spricht für vernetztes Denken out-of-the-box – aber die Internetcommunity ist in Schuldingen ja streitbar. Schreibt gerne in die Kommentare, wie ihr das bewertet hättet.
Prüfungshighlight 2
In den Vokabeltests fragt meine Co manchmal nicht nur Vokabeln, sondern auch einfache Sätze ab: „Marie geht aus dem Haus. Mustafa hat mit Jeremy ein Bild gemalt. Die Katze jagt eine Maus.“
Letztes übersetzte einer meiner besonders naseweisen Schüler mit: „Tom und Jerry“.
Und als wäre das nicht schon absurd genug, schrieb ein weiteres Kind der Tischgruppe diese Lösung einfach ab.
Auch hier die Einladung: Wie würdet ihr das bewerten? Ich habe jedenfalls laut gelacht – und darum geht es ja in diesem Artikel.
Wochenabschluss mit einem fiktiven Mord
Die letzte halbes Stunde einer langen habe ich mit meiner Klasse eine BlackStory (Amazon-Link) gespielt. Das Prinzip ist: Ich erzähle eine absurde, gruselige Situation („Zwei Männer liegen nackt und tot auf einer Wiese“) und die Zuhörer müssen über Ja-Nein-Fragen herausfinden, was geschehen ist („Liegt da eine Waffe in ihrer Nähe?“ „Nein.“).
Ich verschärfe das Spiel gerne, indem ich meiner Klasse weitere Regeln aufdrücke und gegen sie spiele:
Erstens haben Sie 30 Leben. Jedes mal, wenn ich eine Frage mit „Nein“ beantworte, ist ein Leben weg. Sind alle Leben weg, haben sie verloren.
Zweitens spielen sie gegen die Uhr: Ist die Stunde rum und sie haben die Lösung nicht, haben sie verloren.
Und worum geht’s? Auch da bin ich gemein: Verliert die Klasse, bekommt sie nächste Woche Hofdienst aufgebrummt. Gewinnt sie dagegen, muss ich nächste Woche Kekse mitbringen.
Alten Hasen ist natürlich klar, wie das Ganze ausgeht: Ich gebe mich siegesgewiss, unfair und hämisch. Der Ablauf der Fragen ist dabei möglichst spannend und dramatisch, die Leben werden immer weniger, dann die richtige Idee in der letzten Minute, hektisches Fragen bis zum Schluss und dramatische Auflösung mit dem Gong. Überschwänglicher Jubel. Ich verliere. (Vom Hochstatus in den Tiefstatus, für alle Theraterpädagogen). Wochenende.
tl;dr: Highlights ohne Ende
Oft genug reibe ich mich an den kräftezehrenden Dingen auf, die ich gedanklich mit ins Bett nehme und die mich nachts nicht schlafen lassen (obwohl ich besser werde). Viel zu oft gehen dabei die Highlights verloren. Die Sternstunden. Schallendes Gelächter. Tief empfundene Liebe und Wertschätzung für meine Kinder. Unbändiger Stolz auf erbrachte Leistungen.
Es hilft mir, diese Situationen aufzuschreiben – auf das sie sich tiefer im Gedächtnis verankern, als all der Frust und Ärger, an den ich mich doch schon in wenigen Wochen nicht mehr erinnern kann.