Die Tage gerade sind vollgepackt – aber es ist guter Stress. Die Vorbereitungen für das neue Schuljahr laufen, schulintern arbeiten wir an verschiedenen Optimierungen für unser System und – nicht zu verachten – die Tage werden länger. Mehr Sonnenlicht macht alles irgendwie leichter. Bis gestern. Mit dem Verlassen der Schule informierte mich unsere Schulsekretärin noch kurz, dass das Ministerium für mich angerufen habe. Man bäte um Rückruf.
Stress. Und erstmal kein guter. Sofort denke ich darüber nach, was ich getan haben könnte. Doch die Erleichterung kommt schnell:
Dorothee Feller sei zu Ohren gekommen, wie traurig einige unserer Fünftklässler gewesen sind, weil sie die Ministerin nicht zu Gesicht bekommen haben. Dieses Unglück wolle sie korrigieren und würde den Kindern gern per Video einen Gruß zukommen lassen.
Als ich in die 5 gehe, um das den Kindern zu erzählen, werden die Augen groß. Begeistert wird die Geschichte erzählt. Und als in der Pause alle Kinder draußen im Schnee toben, finde ich zwei Jungs geduldig vor dem Sekretariat wartend.
„Herr Klinge, wir haben noch eine Frage. Können wir vielleicht auch eine Videobotschaft an die Ministerin schicken?“
Ich verspreche, mein Bestes zu tun. „Aber, Jungs…“, ermahne ich sie, „die Ministerin, die oberste Chefin von allen Schulen, die kennt jetzt eure Namen. Da müsst ihr ab sofort wirklich Vorbilder sein und euch hier richtig anstrengen.“
Die Schultern straffen sich. Die Brust wird rausgedrückt. „Auf jeden Fall!“
Für Frau Feller ist das nur eine Randnotiz, die von ihrer Presseabteilung professionell abgewickelt wird. Aber wir vergessen manchmal, welche Auswirkungen solch kleine Gesten auf die Kinder haben können. Wertschätzung, Freundlichkeit. Respekt.
Die Jungs werden ihren Vorsatz, ab sofort Vorbilder zu sein, vielleicht bis zum Ende der Woche durchhalten – aber ich will daran glauben, dass dieses Erlebnis sie ein klein wenig nach vorne bringt. Eine lustige Anekdote für Familienfeiern („Weißt du, was unser Junge erlebt hat?“) und ein kleiner Baustein auf dem Weg einer Schullaufbahn.
Und es nötigt mir Respekt ab – ich wertschätze die Geste sehr. Bei allen Herausforderungen, die das Bildungssystem aktuell bietet, ist Politik doch immer auch getrieben von Emotionen, von Gesten und davon, nicht den Blick fürs Wesentliche zu verlieren. Wenn unsere Schulministerin trotz der vielen Arbeit (und ich möchte ihren Terminkalender nicht haben!) sich kurz Zeit nimmt, um ein paar Fünfern aus dem fernen Siegen eine Gruß zu übermitteln, bin ich guter Dinge.
Den Blick auf das Wichtige nicht verlieren!