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„Prompten lernen“

Ein Geständnis vorneweg: Der ganze KI-Kram geht mir wahnsinnig auf den Zeiger.
"Prompten lernen" 1Jeden Tag begegnen mir „diese KI-Tools musst du kennen“ und „die neuesten Entwicklungen sind atemberaubend“-Nachrichten, inzwischen gefolgt von Möglichkeiten, mit KI Geld zu verdienen. Gestern die Einladung zu einer Fortbildung erhalten, die mit den Worten begann: „mit chatgpt kann man heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Bei mir lernst du… PS: Ich gebe auch einen Einblick in das neue chatgpt 4.0“)

Himmel.

"Prompten lernen" 2Das Problem ist: Der ganze KI-Kram wird genauso wenig verschwinden, wie das Internet oder der Klimawandel. Am Ende wird in Deutschland (so wie aktuell in Frankreich) das Trinkwasser rationiert werden – da können wir noch so sehr versuchen, das Thema auszublenden. Die Suchmaschine „There is an AI for that“ zählt aktuell knapp viereinhalbtausend verschiedene Künstliche Intelligenzen.
Der Kram geht nie wieder weg. Und er wird rasend schnell immer besser.

In den letzten fünfzehn Jahren haben wir uns in der Schule bemüht, den Kindern das recherchieren („googlen“) beizubringen. Mit großem Erfolg, denke ich: Selbst die verschwurbeltste Verschwörerseite wird gefunden und erklärt uns, dass Morgellons, die kleinen Würmer in den Masken, ganz sicher von der Regierung via Chemtrails versprüht werden – deswegen der Morgentau auf den Pflanzen!

Tatsächlich glaube ich, dass die meisten von uns vergessen haben, wie schwierig das am Anfang war. So schwierig, dass die Seite lmgtfy lange Zeit extrem populär war: Mit ihr führte man Leuten, die zu faul zum googeln waren, vor, wie einfach das war.

Inzwischen benutzt selbst meine achtjährige Tochter wie selbstverständlich den Google Assistant. Neulich stritten wir uns darüber, ob man der, die oder das Joghurt sagen könne.
„Die Joghurt? Sowas dämliches habe ich ja noch nie gehört.“
Die Tochter widersprach und griff wie selbstverständlich zum Google Assistant. Und der gab ihr Recht. „Jo, sei vor allem in Österreich nicht unüblich.“
Wann immer sie einen Begriff nicht kennt oder in ihren Wissenschaftssendungen etwas genauer erklärt haben will, springt sie zum Assistant.

Meine älteste Tochter dagegen, kurz vor dem Abitur, quält sich in der Oberstufe durch wissenschaftliche Texte. Sie unterstreicht und flucht und ist frustriert.

Die hier noch zu betrachtende Spitze der sich als das Letzte erfassenden Subjekteivität kann nur dies sein, sich noch als jenes Beschließen und Entscheiden über Wahrheit, Recht und Pflicht zu wissen, welches in den vorhergehenden Formen schon an sich vorhanden ist. Sie besteht also darin, das Sittlich-objektive wohl zu wissen, aber nicht sich selbst vergessend und auf sich Verzicht tuend in den Ernst desselben sich zu vertiefen und aus ihm zu handeln, sondern in der Beziehung darauf dasselbe zugleich von sich zu halten, und sich als das zu wissen, welches so will und beschließt, und auch eben so gut anders wollen und beschließen kann1.

Sie wagt einen Versuch, mittels KI den Text verständlicher zu machen – und scheitert. Auch die Vereinfachung wirkt auf sie wirr und komplex. Das ist ein spannender Prozess – denn auch die KI muss man zu beherrschen lernen. Es fehlt eine „let me google that for you“-Anleitung für KI-Systeme. Die passende Begriff ist der „Eingabeprompt“.“Erkläre mir den Text anhand eines Beispiels“ oder „Erkläre es, als wäre ich 5.“

"Prompten lernen" 3

All das sind hilfreiche Prompts, die wir erneut lernen müssen.
Vor unserer Nase schwebt da dieses allmächtige Werkzeug, dass jedes Bild kreieren, jeden Text zusammenfassen kann – und es frustriert und nervt, wenn man dazu nicht in der Lage ist. Es wird spannend (und schmerzhaft!) zu sehen, welche Lehrer (Gurus?) und welche Lehren sich durchsetzen werden, die diese Fähigkeiten vermitteln oder ausnutzen.

1: Der Text ist exemplarisch, aber in seinem Anspruch vergleichbar.

5 Gedanken zu „„Prompten lernen““

  1. Ich empfinde das genauso wie du. Ich hab mittlerweile richtig AI fatigue. Alles zum Thema blende ich wegen Reizüberflutung mittlerweile einfach aus. Der Guru, von dem du schreibst, werde ich so nicht

  2. Ich nutze ChatGPT seit ca. 3 Monaten und finde die Entwicklung rund um KIs unglaublich spannend. Dass dazu viel geschrieben und gesprochen wird, ist angesichts der grundstürzenden Eigenschaften der neuen Tools eigentlich verständlich. Meine Quelle dazu ist hauptsächlich Youtube, wo fast tägliuch „der neue heiße Scheiss“ in Videos vorgestellt wird. Dabei hab‘ ich auch viel über „Promten“ gelernt und kann ChatGPT schon sehr viel sinnvoller nutzen als zu Beginn. Und ich bemerke die menschlichen Eingriffe, die mittlerweile gemacht wurden, um „Missbrauch“ zu verhindern. So konnte man anfänglich noch Autoren zuweisen und Texte in deren Stil schreiben lassen – Beispiel:
    Warten auf den Frühling: ChatGPT im Stil von Adorno und Thomas Bernhard
    https://www.claudia-klinger.de/digidiary/2023/02/01/warten-auf-den-fruehling-chatgpt-im-stil-von-adorno-und-thomas-bernhard/
    Neuerdings erwähnt es bei solchen Prompts im Text dann immer den Autorennamen, etwa in Formulierungen wie „in Rilkescher Manier…“, damit auch klar wird, dass das kein echter Text des jeweiligen Autors ist.
    Toll, dass du dich damit auseinandersetzt, denn die Schule tangiert es ja massiv!

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