Einer ‘repräsentativen’ Umfrage des Hightech-Verbands BITKOM zufolge, kommt der Computer bei 43% aller Schüler gar nicht oder seltener als einmal pro Woche zum Einsatz. Befragt wurden 500 Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 19 Jahren.
Als Mathematiker stelle ich mir direkt die Frage, wie denn eine so geringe Menge von 500 Schülern schon repräsentativ sein kann: An einem gut ausgestatteten Gymnasium habe ich eher die Ressourcen, einen PC-Raum zu nutzen, als an einer Brennpunkt-Hauptschule in einer größeren Stadt. Eine kleine Realschule hat es da deutlich schwerer, als eine große Gesamtschule. Mit unterschiedlichen Klassen, unterschiedlichem Benehmen und unterschiedlichen Lehrinhalten ergeben sich eine ganze Menge Variationen – fünfhundert Schüler scheint mir arg gering.
Aber sei es drum.
Ich halte mich selbst schon für nicht-ganz-von-vorgestern. Ich nutze den PC gerne, intensiv und bin eine Anlaufstelle, wenn Freunde mit ihren Computern Probleme haben (was auf der nach oben offenen Nerd-Skala schon arg bedenklich ist…).
Wenn ich jetzt aber an meine Matheklasse denke, dann gehe ich mit denen maximal einmal in der Woche in den PC Raum. Öfter ist weder zeitlich, noch inhaltlich drin. Soooooo spannend sind die Matheprogramme dann auch nicht (konkret geht es heute in der Doppelstunde beispielsweise um die Konstruktion von Neben-, Scheitel-, Stufen- und Wechselwinkeln in GEONEXT). Mein “digitaler Physikkurs” stöhnt jedesmal, wenn ich von ihnen eine simple Wikipedia-Recherche verlange. “Automatisches Inhaltsverzeichnis in Word?… Bööööhhhh”. “Führt bitte einen Seitenumbruch durch – nicht zwei, drei Protokolle auf eine Seite. Das ist unübersichtlich. – Was? Das ist doch viel zu kompliziert!”
Mir scheint, dass die Schüler (Ausnahmen bestätigen die Regel) oft sehr begeistert spielen, aber die meiste Zeit im PC Raum damit verbringen, Blumenmuster in Paint zu malen, digitale Arbeitsblätter mit grellen Farben auszuschmücken und auch sonst jede Möglichkeit zu nutzen, dem eigentlichen Arbeiten zu entfliehen. Auch bei mir. Und ich bin nicht so unbedarft, dass ich die vier parallel offenen Programme in der Taskleiste nicht entdecke.
Bei Kollegen aber, die “digital immigrants” sind, dürfte die Sache deutlich komplizierter werden.
Vor etwas mehr als zehn Jahren stellte der Schriftsteller Douglas Adams eine einfache, aber plausible Dreiteilung für alle technischen Neuerungen auf, von der Druckerpresse über das Fahrrad bis zum Internet:
- Alles, was schon existierte, bevor wir geboren wurde, ist für uns normal. (Kassettenrekorder, Farbfernehen)
- Alles, was zwischen unserer Geburt und unserem 30. Geburtstag erfunden wird, ist wahnsinnig aufregend und kreativ und mit etwas Glück machen wir damit Karriere. (Internet, Handy, Computer, Facebook, Amazon, OneNote)
- Alles, was nach unserem 30. Geburtstag erfunden wird, ist gegen die natürliche Ordnung der Dinge und das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen. Bis es etwa zehn Jare lang existiert hat, dann freunden wir uns langsam damit an. (…?)
Sooo viele Lehrer unter 30 gibt es nicht.