Nächsten Monat erscheint im Heft FOCUS Schule ein Artikel über mich bloggende Lehrer. Im Zuge dessen wurde ich vor einigen Tagen vier Stunden fünf Minuten interviewt und um den Artikel entsprechend zu illustrieren, wurde ich angefragt, mich auch fotografieren zu lassen. (Blöder SPIEGEL – die wollten nur ein ödes Foto von mir, dass ich auch noch selbst geschossen habe…)
Cool, dachte ich. Vielleicht kann man das in der Schule irgendwie in den Unterricht involvieren. Werbung für die Schule machen. Den Schülern ein Erlebnis bieten – abseits Germanys Next Topmodel.
Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
Meinen Blog schreibe ich ja von zu Hause, also sollten die Fotos mich auch beim Blog-Schreiben im heimischen Wohnzimmer zeigen. Okay. Gerne. Wenn es sein muss.
Nach acht Stunden durchgängig unterrichten hatte ich also genau 15 Minuten um nach Hause zu kommen, mich frisch zu machen und mit einem strahlenden Lächeln Marcus Thelen, den Fotografen zu begrüßen, der aus Frankfurt angereist kam.
Bevor es aber losgehen konnte, musste das Wohnzimmer renoviert umdekoriert werden.
“Schließlich soll es ja echt wirken.”
Also wurden alle Stühle, Bilder und Blumen aus dem Zimmer entfernt. Im Grunde blieb eigentlich nur ein leerer Tisch im leeren Wohnzimmer stehen. Um den Raum wieder zu füllen, wurden Schirme, Scheinwerfer und Kameras hereingekarrt und sorgsam verteilt. Etwa eine Stunde saß ich bewegungslos und lächelnd am Tisch vor meinem Notebook. “Wenn das Licht einmal eingestellt ist, geht es ganz schnell”, tröstete mich Thelen.
Ich wollte etwas antworten, aber ein Krampf hielt meine Wangen im Thomas-Hermanns-Gedächtnis-Lächeln-Griff. Keine Chance irgendetwas zu sagen. Ein unverständliches “ah da reue ih mih aba” war alles, was ich stammeln konnte.
Ungefähr zehn Millionen Fotos wurden in den folgenden zwei sieben Stunden geschossen. “Noch ein bisschen mehr Lachen, bitte.” Als ob wir Blogger immer lachend vor dem Computer sitzen. Lacht ihr anderen Blogger immer?
Abschließend eine etwas “entspanntere Szene”. “Vielleicht können Sie sich im Schneidersitz auf den Esstisch setzen”, schlägt Thelen gut gelaunt vor. ”Das Notebook im Schoß – und dann werfen wir mit dem Beamer ihren Blog hinter Ihnen groß an die Wand.”
Okay. So schreibe ich eigentlich immer. Auf dem Tisch sitzend, erhellt vom Licht meines eigenen Blogs.
Erm..?!
Ja?
Ich will antworten, doch eine Vision schiesst mir ins Hirn.
Thelen: Wow! Ich kann nur sagen, es macht so viel Spaß Dir zu zugucken. Erstmal kamst du da rein – wie aus’m All. Und so richtig so aus’m All.
Ich.: Wow! Toll!
Thelen: So richtig so „Wusch“, wie ich immer sage, „Wusch“!
Ich.: Wusch! Einfach Wusch war ich da.
Thelen: Wow!
Ich: Toll!
Thelen: Is‘ super. Wer? Fast wie … fast wie ein Engel für Marcus, ne?
Ich: Wie drei Engel für Marcus? Wie drei Engel für Marcus!
Thelen.: Einigen wir uns: Marcus Angel.
Ich schüttle mich. Werde wieder wach. “Hmm?”
Thelen wiederholt geduldig seine Anweisung: “Bitte die rechte Hand an den Bildschirm des Notebooks legen, sonst sieht man deine Hände nicht. Außerdem den linken Arm etwas spreizen… Jaaa. Noch etwas. Nun die Hand nach rechts abknicken, als würdest du schreiben. Ja genau. Das Knie muss weg. Könntest du deinen Arm unter dem Knie…? Genau. Und jetzt den rechten Fuß hinter dein linkes Ohr. Genau! Perfekt. Jetzt noch mehr Lachen. Das sind erst 60% – da geht noch mehr…”
Wie ein Häufchen Elend sitze ich auf dem Esstisch. Verkrampft und wie blöde grinsend – durch Thelens gut gelaunte Kommentare und Anfeuerungen auf skurille Art und Weise erheitert. Der Beamer blendet während er meinen Blog hinter mich an die Wand wirft – welch Ironie: mein eigener Blog lässt mich erblinden. Noch Stunden später sehe ich weiße Flecken in meinem Sichtfeld.
Schließlich ist es geschafft. Thelen packt seine Sachen ein und erzählt nebenher ein zwei Anekdoten aus seinem Fotografen-Leben. Hat Spaß gemacht. Würde ich ihm auch gerne sagen – aber ich grinse ihn nur dümmlich an. Der Krampf…
Hoffe, bis morgen ist das wieder okay.
Boh ey… ich musste – wohl für dieselbe Focus-Schule-Ausgabe – selber ein Foto abgeben, notdürftig bei schlechtem Licht und ebenso liegenden Haaren mit der kleinen Knipse am Schreibtisch von freiwilligen Zivilisten aufgenommen.
Sorry, Herr Rau, wir können uns so viele AUFWÄNDIG (siehe oben) produzierte Fotos nicht leisten ;-))
Nächstes Mal sind Sie dann dran!
Schon okay, werd’s verschmerzen. 😉
Jetzt werde ich versuchen, meine Fotos auch bei schlechten Lichtverhältnissen anpassen.
Wow, Herr Klinge, Sie sollten sich doch mal bei Heidi bewerben, denn auf den Fotos sehen Sie sehr fröhlich und entspannt aus. Hat sich zumindest gelohnt, das Foto-Yoga! Danke nochmal!
Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis 😀
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