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Sponsorenlauf (mit Glasknochen)

image_thumb9Schüler aus der Jahrgangsstufe 13 haben einen Sponsorenlauf für einen guten Zweck organisiert. Aufgrund verschiedener Umstände kann der nicht auf einem Sportplatz stattfinden, statt dessen wird um die Schule gerannt – das sind etwa 500 Meter Strecke. Bergauf, bergab. Auch eine Treppe ist dabei.

Weil wir eine recht große Schule mit etwa 900 Schülern sind, wird in Etappen nach Jahrgangsstufen gelaufen. Trotzdem ist die Aktion für meine Schülerinnen mit Glasknochen etwas heikel: 120 rennende Kinder auf schmalen Schulpfaden sind nicht ohne. Die Strecke ist für sie ziemlich und anstrengend. Dazu die Treppen.
Auf keinen Fall werden sie an die Rundenzahl der anderen Schüler heranreichen.

Im Vorfeld wird in Erwägung gezogen, den Zwillingen eine alternative, kleinere Runde auf dem Schulhof anzubieten. Das Stichwort lautet hier “Nachteilsausgleich”.
(In der Schule erhalten viele Schüler mit Behinderungen einen solchen Nachteilsausgleich: Wer unter einer Lese-Rechtschreibschwäche leidet, bekommt u.U. mehr Zeit bei Klassenarbeiten. Wer Asthma hat, muss keine 8000m im Sportunterricht laufen etc.) Für kleingewachsene Kinder im Rollstuhl wäre eine angepasste Runde bei einem Wettrennen unzweifelhaft vertretbar gewesen.

Trotzdem habe ich entschieden dagegen argumentiert.

Als Erwachsene verstehen wir den Zweck eines solchen Nachteilsausgleiches, aber den anderen Kindern erschließt sich das nicht. Sie empfinden ihn als unfair. (Ich habe hier ausführlicher über dieses Ungerechtigkeitsempfinden geschrieben)
Es mag sein, dass die beiden Kinder nur drei Runden schaffen, statt wie die anderen vielleicht neun – aber es sind richtige, große Runden und diese Leistung (behaupte ich) wird jedem Respekt abnötigen. Kein Schüler würde sich vor den Mädchen aufbauen und sagen: “Ätschibätsch – ihr habt nur drei Runden geschafft.”
Ich glaube aber, dass – umgekehrt – neun Runden in einem kleinen, angepassten Parcours bei den anderen Schülern eher Häme erzeugen würde: “Ja, toll, neun BABY-Runden! Das kann doch jeder!”

Am Ende haben wir es einfach gemacht.
Obwohl Gedränge und Geschrei anfangs groß waren, haben die beiden Mädchen sich durchgebissen. Obwohl die Strecke lang und anstrengend und die Treppen unüberwindbar waren, haben sie nicht aufgegeben. Die anderen Schüler haben aufgepasst und die Rollstühle die Treppen hochgetragen (“Looos! Schneller! Ihr kostet mich Zeit!”). Die Mädchen waren am Ende sehr stolz auf ihre Leistung (die mitlaufenden I-Helfer entsprechend erschöpft) und haben von ihren Mitschülern Anerkennung erhalten.

Dieser Tag war einmal mehr ein Beispiel dafür, dass man Inklusion vielleicht einfach wagen muss. Man kann nicht immer jede Eventualität vorausplanen und alles austarieren. Viele Probleme lösen sich von alleine, an anderer Stelle kann man spontan improvisieren – letztlich entscheidet oft der gesunde Menschenverstand.

Übrigens: Die Schüler haben rund 9000 Euro erlaufen. Herzlichen Glückwunsch.

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