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20170304_053316 (Small)Ein ganz wunderbarer, inspirierender Tag und eine ganz kurze, anstrengende Nacht liegen hinter mir.

Einmal im Jahr wird im Kollegium eine Art “Besinnungs-Wochenende” angeboten. Für zwei Tage fährt man gemeinsam weg und macht sich Gedanken und tauscht sich aus zu einem vorher bestimmten Thema. Dieses Jahr hatte ich endlich die Gelegenheit, teilzunehmen, Überschrift war “Zum Glück”.

Eingekehrt sind wir Freitagnachmittags nach dem Unterricht im Haus Villigst, dessen sparsam protestantischer Stil mir gefällt. Mein Zimmer stellt eine angenehme Mischung aus Klosterzelle und Hotelzimmer dar, natürlich inklusive zu kurzem Bett.

Über das ganze Wochenende begleitet uns ein Pfarrer, der für uns verschiedene Inhalte vor- und aufbereitet hat. Ich glaube, das Auslagern der Vorbereitung macht eine solche Veranstaltung erst möglich und eröffnet gleichzeitig neue Perspektiven, sozusagen einen frischen Blick von außen. Ich bin beeindruckt von seiner zurückhaltenden Art: Der Pfarrer hält sich sehr zurück und gibt nur hier und da Impulse, um Gedanken zu initiieren und Diskussionen anzustoßen.

Gleich zu Beginn sollen wir uns Gedanken machen, wann wir das letzte Mal einen Moment des Glücks erlebt haben und ich gestehen, dass mir die Antwort schwer fällt. Gleich morgens mit meinem Referendar über dessen Examensstunde gesprochen, auf dich ich mich schon jetzt wie ein kleines Kind freue. Danach Unterricht mit meinem 10er Mathematikkurs gemacht, in dem unwahrscheinlich viel gelacht und geblödelt wird. Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich so viele Scherze und Insider entwickelt, dass oft nur ein einziges Stichwort reicht, um eine Kaskade folgenschwerer Bemerkungen nach sich zu ziehen. Die Fahrt nach Schwerte mit zwei Kollegen die mir stets das Gefühl geben, willkommen zu sein. Soviel Glück an nur einem einzigen Tag.
Letztlich habe ich von meiner kleinen Tochter berichtet, die mittlerweile in der künstlerischen Phase der Kopffüssler angekommen ist und heute Vormittag stolz ihren Papa gezeichnet hat. Mit einem großen, breiten Lachen im Gesicht.

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Ich feiere jeden Tag.

Die Runde der mitgefahrenen Kollegen ist so unterschiedlich, wie man sich das nur vorstellen kann. Und doch verbindet uns von Beginn an eine gewisse Lockerheit. Es wird viel gelacht und gefrotzelt, es wird intensiv diskutiert und erzählt. Bemerkenswert war eine Auseinandersetzung mit dem Thema Glück, die ich auch methodisch spannend fand:

Auf dem Boden war ein langes Seil aufgespannt und uns wurde auf zwei Karten ein Satz präsentiert, dessen Beginn am einen Ende des Seils und dessen Schluss am anderen Ende lagen. Zum Beispiel: “Ist es Glück, den Sinn des Lebens zu finden…” & “…oder ist es selbst der Sinn des Lebens?”

Mit kleinen Markern sollten wir entlang des Seils unsere Position festhalten und, wer wollte, erläutern. Dieser Part war sehr ehrlich, lustig und persönlich. Bei allen Diskussionen war das wunderbarste, dass auch völlig konträre Standpunkte im Raum stehen gelassen wurden. Es ging nicht darum, eine Wahrheit zu finden oder Recht zu haben, sondern Teil zu haben. Weitere Sätze, die mir im Gedächtnis geblieben sind waren:

  • Glück ist was man hat… …oder wovon man sich befreit? (Mega spannend! Rob Bell schrieb einmal, dass der Tod Jesu uns dazu einlädt, bestimmte Aspekte unseres Lebens sterben zu lassen. Wir werden eingeladen, die zerstörerischen Teile zu begraben, damit neues Leben entstehen kann. Wo liegt mein Fokus? Darüber kann man ganz wunderbar sprechen!)
  • Ist es Glück, wenn man sich findet… …oder sich verliebt/verliert/vergisst?
  • Erreicht oder bewahrt man sein Glück durch Leidenschaft… …oder durch Ökonomie/Planung?
  • Ist Glück die Freiheit zu tun was man will… …oder die Einsicht, das Richtige zu wollen?
  • Ist Glück, wenn ein Wunsch in Erfüllung geht… …oder gnädig davor bewahrt wird? (Hier habe ich an all meine unglücklichen Teenager-Verliebtheiten gedacht und bin sehr dankbar, dass viele Gebete nicht erhört wurden!)
  • Liegt das Glück im Weg… …oder im Ziel? (ein erster Impuls führte uns dazu, den “Weg” zu wählen, aber ein überaus kluger Kollege wies daraufhin, dass niemand den Jakobsweg gehen würde, wenn nicht am Ende Santiago de Compostela wartete – sonst könne man ja auch einfach um Siegen laufen, das mache aber ja keiner. Der Weg als Selbstzweck sei nicht ausreichend.)
  • Liegt das Glück im Abstand… oder in der Nähe zur Welt?
  • Sind es eher die Ereignisse und Umstände, von denen unser Glück abhängt… .. oder eher die Art, wie man diese nimmt?

Anschließend noch entspanntes Beisammensitzen und Ausklingenlassens des Abends. Als Familienvater habe ich mich jedoch als erster verabschiedet. Die Gewohnheit weckt mich zuverlässig vor 6, das kleine Bett hat die Sache auf 4 Uhr vorverlegt.

Aber – zum Glück! – habe ich mein Notebook dabei und kann die frühen Morgenstunden zum Schreiben nutzen. Ich freue mich auf den Tag heute.

Ein Gedanke zu „Zum Glück“

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