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Das Schuljahr nähert sich dem Ende.In einer der letzten Stunden vor den Sommerferien kläre ich mit meiner Klasse viel organisatorisches. Der kommende Dienstag wird allen Klassen als Wandertag zur Verfügung gestellt. Ich finde, einer 9. Klasse kann man zutrauen, einen solchen Tag selbst zu gestalten.

Die Schülerinnen und Schüler haben sich nach Ausflugszielen erkundigt, Preisauskünfte eingeholt und jede Menge komplizierte Berechnungen durchgeführt: Die meisten Kinder wohnen in NRW und haben ein weitreichendes Schülerticket – um unser Ausflugsziel zu erreichen, müssen sie nur zwei Stationen nachzahlen. Einige wohnen im rheinland-pfälzischen Ausland und benötigen andere Bahnkarten. Ist nun das NRW-Ticket billiger oder ein Kombi-Ticket? Wie sieht es für die ‚Ausländern‘ aus? Gestern wurden die Rechercheergebnisse ganz wunderbar präsentiert – es blieben keine Fragen offen.

Außerdem steht in einem Jahr der Abschluss an – auch hier müssen sich die Jungen und Mädchen selbst im eine Feier-Location kümmern. Wo, wie teuer, wer trägt die Verantwortung?

In der Schule begegnen mir oft zwei Extreme: Zum einen Kinder, die von ihren Eltern bis auf den Schulhof gefahren werden. Diese Eltern beschützen ihren Nachwuchs vor der Welt und oft genug vor den bösen Lehrern, die es gar nicht gut meinen. Klassenarbeiten werden kritisch hinterfragt und wenn die Noten nicht stimmen, wird auch schonmal mit dem Anwalt gedroht.

Auf der anderen Seite Kinder, die schon mit 11 alleine frühstücken und ihre Geschwister versorgen müssen, weil zu Hause niemand da ist. Der alleinerziehende Papa muss von früh bis spät arbeiten oder ist aus anderen Gründen völlig überfordert. Niemand schaut nach dem Schulranzen. Keiner liest die Elternbriefe.

Beiden Extremen unterstelle ich, grundsätzlich das Beste für das Kind zu wollen.
Es ist ein schmaler Grat zwischen Überbetüddelung und Vernachlässigung. Ich glaube, dass Kinder zu Beginn viel Unterstützung und Sicherheit brauchen – aber auch rechtzeitig lernen sollten, alleine Verantwortung zu übernehmen, auch, wenn das manchmal schmerzhaft ist. Als es sich richtig anfühlte, ist meine kleine Tochter alleine mit dem Schulbus gefahren – obwohl sie das zunächst ganz gruselig fand. Ihren Ranzen musste sie irgendwann alleine packen und wenn sie vergisst, ihr Pausenbrot einzupacken, dann hat sie halt Hunger. Niemals käme ich auf den Gedanken, ihr die Brotdose in den Klassenraum nachzutragen.
Als ich mit meinen Schülern über das kommende Schuljahr spreche, werde ich überrascht: Einige von ihnen wissen noch nicht genau, ob sie lieber Abitur oder eine Ausbildung machen wollen, andere in welchen Berufszweig sie möchten. Eine ganze Reihe dieser Schüler hat sich in den Sommerferien im zweiwöchige Praktika beworben, um Klarheit zu gewinnen. Das beeindruckt mich zutiefst: Diese jungen Erwachsenen übernehmen jetzt schon Verantwortung für ihr Leben. Sie haben eine Idee von ihrer Zukunft und warten nicht mehr darauf, was ich oder ihre Eltern ihnen so präsentieren.Der Auftrag der Schule, aus Kindern mündige Erwachsene zu machen, ist geglückt – und das ist ein Grund zum Feiern!

2 Gedanken zu „Kindern Verantwortung geben“

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