Durch glückliche Umstände hatte ich in den vergangenen Tagen die Möglichkeit, ein ganz besonderes Smartphone in Händen zu halten: Das Surface Duo 2. Eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen wollte – zumal mir das Konzept aufklappbarer Smartphones nicht nur vertraut ist, sondern auch zusagt!
Was ist das Surface Duo 2?
Das Surface Duo 2 ist ein Smartphone von Microsoft mit Android als Betriebssystem. Von außen sieht es aus, wie ein kleines Buch. Klappt man es auf, offenbaren sich im inneren zwei getrennte Bildschirme, die sich durch einen Spalt getrennt unabhängig voneinander bedienen lassen.
Die Zielgruppe liegt vor allem in jenen Usern, die viel Multitasking betreiben, also oft zwei Apps gleichzeitig offen haben wollen.
Was ist ein gutes Smartphone?
Bei jedwedem Nutzer-Test finde ich immer wichtig, was die Perspektive des Autors ist. Ein Anhänger der Grünen wird politische Ansichten der FDP anders bewerten, als ein Mitglied der CDU. Ein iPad-User das neue iOS 16 anders, als ein Android-User.
Ich nutze seit Jahren Android, obwohl ich mich zwischendurch immer mal erfolglos am iPhone probiere. Ich habe im letzten Jahr ein Samsung Galaxy Fold 2 genutzt (ebenfalls ein aufklappbares Handy) und seit einigen Wochen ein Samsung Galaxy S22+.
Meine Smartphones nutze ich etwa 3-4 Stunden am Tag und sehr intensiv. Bei einem guten Gerät (wie dem Fold 2) habe ich signifikant weniger Zeit am PC verbracht und ein reines Tablet war nahezu überflüssig. Maßgeblich für ein gutes Smartphone sind für mich folgende Aspekte
- die Bedienung ist konsistent und ich habe keine „Häh? wie geht das jetzt?„-Momente
- exzellente Kamera
- die Bedienung macht „Spaß“
Workflow mit zwei Bildschirmen
Der Grundgedanke vom Surface Duo 2 und dem Galaxy Fold 2 sind ähnlich: Ich habe ein (relativ) kleines Gerät, das in die Hosentasche passt und das sich zu einem großen Arbeitstier aufklappen lässt. Microsoft setzt dabei auf zwei getrennte Glas-Bildschirme, Samsung auf einen biegsamen (und empfindlichen) Plastikbildschirm.
In der Praxis stelle ich fest, dass mir das System vom Fold zusagt: Ich nutze den kleinen, äußeren Bildschirm für Kleinigkeiten (Signal-Nachricht beantworten; Mail lesen; Kalendereintrag wegklicken) und den großen wenn ich mehr Zeit habe und mehr sehen will.
Da hakt es beim Surface Duo von Anfang an: Einen äußeren Bildschirm gibt es nicht. Wann immer ich mit dem Gerät interagieren will, muss ich es aufklappen. Das ist umständlich und unterbricht, was immer ich für Gedanken habe. Jede App wird dann erstmal nur auf einem Bildschirm gestartet:
Das heißt, von meinem aufgeklappten Gerät ist der halbe Bildschirm in den allermeisten Fällen nutzlos (siehe Bild). Ich habe gerne die Möglichkeit, zwei Apps parallel laufen zu lassen – aber ich brauche das ganz sicher nicht immer.
Ziehe ich eine geöffnete App im Fullscreen-Modus auf beide Bildschirme, ergibt sich folgendes Problem:
Texte werden in der Mitte abgeschnitten. Wer will denn so Twitter nutzen? Oder irgendeine andere App?
Der zweite Bildschirm funktioniert tatsächlich nur in Apps, die darauf angelegt sind: OneNote zum Beispiel:
Aber auch hier ist der Nutzen gering: So oft springe ich nicht (links) von Abschnitt zu Abschnitt und die jeweilige Seite rechts ist die, die mir auch bei jedem anderen Gerät angezeigt wird.
Ergänzung für Technik-Enthusiasten:
Ich überspringe bewusst Kleinigkeiten, kenne sie aber: Der Curved Screen zeigt theoretisch Benachrichtigungen – in der Praxis sieht man sie aber nur, wenn das Gerät genau richtig liegt, man auf den Schlitz guckt und sich herunterbeugt. Kein Vergleich zum Always-On Display anderer Geräte.
Auch weiß ich, dass das Gerät sich komplett öffnen lässt, damit der zweite Screen nicht nervt – bei einem Leihgerät wollte ich dann diesen unteren Bildschirm aber nicht verkratzen.
Kameravergleich
Bei guten Lichtverhältnissen ist die Kamera des Surface Duo 2 kaum von der meines Galaxy S22+ zu unterscheiden:
Ich bin nicht Nerd genug, die Bilder soweit zu vergrößern, um die Blattkonturen des allerletzten Baums miteinander zu vergleichen. Die Fotos sollen für Familienalben und zum Erinnern taugen und das tun sie auch.
Zur Einordnung des Niveaus und zum Vergleich ein Foto von meinem allerersten Kamera-Handy, dem Samsung V200 (Fernseh-Werbung mitsamt Matrix Reloaded-Trailer dazu) aus dem Jahr 2003:
Einen gewaltigen Unterschied erkennt man erst, wenn die Lichtverhältnisse schlecht werden. Dann ist das Surface Duo 2 schlicht nicht zu gebrauchen:
Die Lichtverhältnisse gibt das Surface deutlich realistischer wieder: Fotografiert um 22 Uhr war es im Garten stockdunkel – ein Wahnsinn, was das Samsung da noch rausholt.
Außerdem doof: Zum fotografieren muss ich das Gerät aufklappen und wie einen Tablet halten. Ich kann es auch nicht komplett umklappen, weil dann die Kamera verdeckt wird. Beim Galaxy Fold 2 war das Aufklappen eine Option, aber man konnte auch mit dem kleinen, äußeren Screen als Sucher arbeiten.
Fazit: Ich bin wirklich überrascht!
Nach einigen Wochen mit meinem Galaxy S22+ habe ich mich an die klassische Form gewöhnt: Das Gerät ist kleiner, leichter und stabiler verarbeitet als ein faltbares Smartphone und ich kann die Bedienoberfläche so gestalten, dass der schiere Anblick Spaß macht. Viele Pluspunkte. Aber ich vermisse auch mein Fold, den großen Bildschirm und den damit verbundenen Workflow. Vieles hat an dem Gerät besser und unkomplizierter funktioniert, als am S22plus.
Das Surface Duo 2 fällt an dieser Stelle völlig aus dem Rahmen: Es gibt in meinem Workflow keinen einzigen Moment, keine einzige App, für die ich dieses Gerät bevorzugt hätte.
Mein Smartphone wird am Tag etwa 70-80 mal entsperrt (Android zählt das gnadenlos mit unter „Digitales Wohlbefinden“). Beim Duo heißt das: 70 Mal am Tag das Ding aufklappen um herauszufinden, warum es gepiept hat. Kein AlwaysOn Bildschirm. Kein schneller Blick auf die Mail bzw. Benachrichtigung meiner Frau „Bring Kaffee mit!“. Alles ist sehr umständlich. Das macht keinen Spaß. Und da punktet mein Galaxy S22+, dessen Launcher ausgerechnet die Kacheloberfläche von Windows imitiert.
Allgemein gilt: Beim Fold 2 kann ich das Gerät einhändig benutzen oder aufgeklappt zwei Apps nebeneinander setzen, standardmäßig ist es aber einfach ein großer Bildschirm und jede App wird maximiert gestartet. Beim Surface Duo nutzt man standardmäßig nur einen Bildschirm – der zweite liegt eigentlich immer brach und unnütz herum.
Ich war wirklich neugierig auf das Surface Duo 2 und habe mich sehr gefreut, das Gerät mal in Händen zu halten. Aber in der Praxis passt dieser Formfaktor so wenig in meinen Alltag, dass ich mich verblüfft frage, wer überhaupt mit so einem Klapphandy zufrieden wäre. Das ist in meinen Augen auch keine Frage der Qualität von Soft- und Hardware, sondern des Formfaktors: Das Surface Duo 2 fühlt sich sehr wertig an, nichts knarzt oder quietscht und ich habe auch keine Software-Fehler bemerkt. Aber ein großes schweres Handy, das ich immer aufklappen muss, dessen halber Bildschirm fast immer unnütz im Weg ist… Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendwem zusagt.
Wenn doch: Gerne in die Kommentare. Ich bin wirklich neugierig.
Mein Reden. Falt-Geräte sind so überflüssig, wie ein Kropf.
Naja, dem stimme ich nicht zu. Nur dieses Konzept ist (für mich) Quark. Das Fold war toll.
Ich nutze das Duo2 seit ca einem Jahr, das beste was ich seither hatte. Alle Apps laufen auf beiden Bildschirmen, durch aufstellen im 90 Grad Winkel kann man super Mails schreiben, macht man ein Foto, erscheint es sofort auf den 2. Bildschirm, usw. Nur induktiv Laden geht nicht