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Daniel Düsentrieb und Eddie Murphy

Aktuell beklagen Politiker einen eklatanten Mangel an Lehrkräften, sind Stimmen enttäuschter Eltern zu hören, die einen Verfall der Bildung anprangern und höre ich die Stimmen vieler Lehrkräfte, die unter den immer größer werdenden Belastungen (Inklusion, Integration, Digitalisierung, Verwaltung) nach und nach ihre Freude am Beruf zu verlieren drohen.

Auch ich bin davor nicht gefeit. Immer fokussiere ich mich auf positive Aspekte und Erlebnisse und insbesondere das Aufschreiben derselben hier im Blog tut meiner Befindlichkeit gut.

Daniel Düsentrieb

Ende der Woche heißt bei mir: Klassenlehrerstunde. Ein bisschen Orga und immer auch Stuhlkreis bzw. Klassenrat und eine kurze Auswertung: „Was nehme ich positives aus der Woche mit?“ Nachdem alle Kinder berichtet hatten („Die Pause!“ „Die AG!“ „Dass ich neue Freunde gefunden habe!“) fragte ein Schüler, was denn mein Highlight sei – das fand ich sehr aufmerksam.

Ich hatte diese Woche mehrere Highlights und jedes ist es wert, kurz erzählt zu werden. Eines war der Besuch einer anderen Schule und deren Begegnung mit Fynn-Jonas. Als ich diese Anekdote im Lehrerzimmer erzählte, meinte ein Kollege lachend, er habe auch etwas schönes zu erzählen: Ein Kind seiner 6. Klasse hätte sich in den Sommerferien einen eigenen Tablet-Eingabestift gebastelt und der würde auch funktionieren.
Erstaunte Blicke meinerseits.
„Ja, ich kann das gar nicht erklären. Der hat einen Kugelschreiber aufgesägt und mit Alufolie verkleidet und Watte und dann eine Kupferspirale darumgewickelt… Keine Ahnung.“
Keine Rede, dass ich den Zwerg direkt in meinen Unterricht bestellt habe – und mit stolzgeschwellter Brust und unter den bewundernden Blicken der älteren Kinder demonstrierte der Junge seine Erfindung.

Daniel Düsentrieb und Eddie Murphy 1

Wir haben bei uns wirklich, wirklich tolle Kinder. Das gerät manchmal in den Hintergrund, wenn man (und insbesondere ich in meiner Position) gefühlt ständig mit den „Systemsprengern“ beschäftigt ist. Aber Schule kann auch ein Ort sein, der den Erfindergeist der Kinder anregt. Der die Fähigkeit und Kompetenz vermittelt, sich in der Welt und ihren Anforderungen zurechtzufinden.

Mein emotionales Highlight war aber ein anderes: Im Matheunterricht besprachen wir über den Beamer die Ergebnisse eines Diagnsetests (spielend leicht mit Microsoft Forms umsetzbar). Gut sichtbar war eine falsch gegebene Antwort zu sehen und ich sagte der Klasse sinngemäß: „Schaut mal hier – das ist ein ganz spannender Fehler. Was wurde hier gedacht, warum hat das jemand so aufgeschrieben?“

Ein Finger ging in die Höhe und ein Mädchen meldete sich: „Herr Klinge, der Fehler ist von mir. Und ich habe gedacht, dass man das…“.

Mein Highlight.
Denn erstes zeigt mir diese Äußerung, dass dieses Mädchen keine Angst vor mir oder einer fehlerorientierten Bewertung hat. Das bedeutet mir viel. Und es zeigt, dass dieses Mädchen keine Angst hat, vor der Klasse über ihren Fehler zu sprechen. Und das bedeutet mir noch viel mehr und habe das der Klasse auch so rückgemeldet. „Ihr Lieben, offenbar haben wir hier eine Klassengemeinschaft, in der man die Freiheit hat, über gemachte Fehler zu sprechen und daraus zu lernen. Das ist richtig, richtig stark!“

Eddie Murphy

Die letzte halbe Stunde haben wir mit dem Spiel „Eddie Murphy“ verbracht. Dabei treten alle Kinder paarweise gegeneinander an und müssen ohne Pause quatschen. Wer zuerst zwei Sekunden Pause macht oder „äh äh äh“ sagt hat verloren. So ermittelt man am Ende den Quassel-König der Klasse. Spannend an der Stelle: Die Kinder brüllen sich wie verrückt an. Immer lauter und wilder, es wird sich beleidigt und am Ende glitzert manches Auge feucht, weil man sich ungerecht behandelt fühlt.

In der Auswertung dann darüber gesprochen, warum eigentlich so gebrüllt wurde. Gefordert sei nicht „laut“ zu sprechen, sondern „ohne Pause“. Das geht auch ruhig. Beobachtung: Wenn laut gebrüllt und beleidigt wird, steht man unter Anspannung, ist empfindlicher und die ganze Atmosphäre lädt sich negativ auf. Betretenes Schweigen und trotzdem gute Laune und viel Gelächter – gewonnen hat am Ende in einem intensiven Duell auch der heimliche Favorit.

Eine gute Woche mit vielen Highlights.


Ich habe das Lehrerpult rausgeworfen. 2Noch mehr Informationen zu diesem Thema und zahlreiche Spiele und Übungen, um deine eigene Rolle und die Team-Fähigkeit deiner Schüler:innen zu stärken findest du in meinem Buch „Klasse(n) stärken – 86 Team-Spiele für die Schule„, erhältlich bei Amazon.

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