Was wurde nicht alles über Amazon geschimpft. Nach einer Reportage im Februar über den Internetversandhändler Amazon brach ein Shitstorm über den Konzern herein. Aktuell kann man sich die Dokumentation “Ausgeliefert” in der ARD-Mediathek ansehen. Das Personal wird in “heruntergekommenen” Quartieren untergebracht, Mitarbeiter würden “abgefüttert wie die Schweine” und um jenen Menschen ein Gesicht zu geben, portraitierte man die polnische Leiharbeiterin Agnieszka Lewandowska. Dort das böse amerikanische Unternehmen, hier die einfache Frau aus dem Volk.
Doch halt!
Plötzlich kommt heraus, dass die Dokumentation vorne und hinten fehlerhaft ist. Der Speiseraum im Keller des gezeigten Hotels existiere überhaupt nicht.
Lewandowska habe nie für Amazon gearbeitet. Mehr hier.
Aber hat nach dem Beitrag irgendwer daran gezweifelt, dass Amazon eine fiese, kapitalistische Firma ist? Wie oft habe ich gehört und gelesen, dass Leute ihren Account gelöscht haben um “ein Zeichen zu setzen”.
Und jetzt ist alles Quatsch.
Das Ganze erinnert mich an einen alten Blogartikel. Im Zuge des Todes von Osama bin Laden berichtete N24 über das Ereignis. Nachdem der Moderator Mick Locher sehr ausführlich über die Ausbildung, Ausrüstung und Fähigkeiten der Navy SEALs sprach ("Also die waren bis an die Zähne bewaffnet."), blendete die Regie folgendes Emblem ein und Locher koimmentiert: “Und sie haben auch dieses Team Six, das diesen Einsatz durchführte. Da hat man auch nicht umsonst den Totenkopfschädel im Emblem.”
Und nicht nur einen Totenschädel.
Einen Adler mit einem Star-Trek-Phaser, einen Dreizack, einen von drei Bat’leths umrahmten Klingonenschädel und den Schriftzug "MAQUIS SPECIAL OPERATIONS."
Man könnte meinen, die Navy SEALs wären echte Star-Trek-Fans.
Damals bin ich mit dem Bild in eine Klasse 8 gegangen und habe die Schüler überlegen lassen, woran das liegen könnte.
“Sagt mal, kann mir jemand das Bild erklären?” fragte ich. Und dann ging es los.
- “Präsident Obama ist Star Trek Fan, deshalb haben die diese Symbole mit drin.”
- “Die tarnen sich. Damit hinterher keiner weiß, dass das die Navy Seals sind.”
- “Die dürfen das echte Symbol nicht zeigen, darum haben die so ein gefaktes.”
Am Ende war die Mehrheit dafür, dass Präsident Obama großer Star Trek Fan ist. Keiner (!), kein einziger Schüler (!) kam auf den Gedanken, dass der Fehler vielleicht bei N24 liegen könnte. Das die Redakteure sich dort vergooglet haben. Diese Unbedarftheit hat mich ja doch etwas erstaunt.
Was bleibt?
Ich erzähle meinen Schülern regelmäßig Lügengeschichten. Zum Beispiel über die Gedankenrad-Bundesliga. Ich will ihnen beibringen, kritisch zu bleiben. Nicht alles, was eine obere Instanz erzählt, ist richtig.
Wenn dem so sein sollte, verstehe ich aber nicht, warum da Amazon nicht schärfer gegen die Reportage vorgegangen ist. Das ist ja Rufschädigung allererster Güte!
Das Emblem-Debakel hab ich meiner Oberstufe übrigens auch in Englisch einmal präsentiert. Ähnliches Ergebnis 🙂 Don’t trust the media.
Weil nicht zählt was war, sondern was hängen bleibt. Wer da weiter in der Kacke wühlt, ob im Recht oder nicht, verliert in der Regel. Symbolische Aktion durchsagen (war hier glaub ich das Feuern des Sicherheitsdienstes), dann warten bis die nächste Sau durchs Dorf muss. Schon alles richtig gemacht, das amazon-communications-team ….
Würde ich auch so sehen.
Moment mal. In dem Artikel steht nur, daß die Vorwürfe gegen ein beteiligtes Touristikunternehmen angefochten werden (und zum Teil nicht stimmen). Von den Vorwürfen gegen Amazon an sich ist keine Rede.
Die Argumentationskette war doch folgende:
Amazon ist böse, weil es über bestimmte zwielichtige Firmen Mitarbeiter engagiert, die unmenschlich behandelt werden.
Jetzt kommt raus: Die Vorwürfe am Ende der Kette stimmen gar nicht. Die Räume sind erfunden. Die Mitarbeiterin gibt es gar nicht. Dann kann ich auch nicht darauf schließen, dass Amazon der böse Konzern ist, als der er dargestellt wird. Umgekehrt ‚freuen‘ sich die Leute bei CoCo sicher, dass Amazon nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten wird. Auf Grund von
schlechter RechercheLügen…!?Aber jetzt mal ganz ehrlich: Wenn jetzt so eine Richtigstellung nur so durch die Hintertür nachgereicht wird, bekommt sie doch kaum einer mit. Für den Normalverbraucher ist und bleibt Amazon doch der Bösewicht, weil die Reportage so viele Negativwellen geschlagen hat. Folge: Weniger Leute kaufen bei Amazon ein, weil sich der Konzern nie in einer Weise gewehrt hat, dass es die Öffentlichkeit so richtig mitbekommt. Da hat der Konzern doch nix davon…
Es geht doch mal wieder darum: Gute Journalisten gegen böse Kapitalisten…
Und ganz erstaunlich ist ja sowieso: Jeden Tag passiert exakt nur soviel, dass es in eine Nachrichtensendung passt…oder in eine Tageszeitung, verblüffend.
Aber ja, Schüler sollen ganz unbedingt dazu erzogen werden, Dinge kritisch zu hinterfragen und sich das dazu notwendige Wissen anzueignen.
Wie mein spezieller Freund aus dem Praktikum, der mir im Brustton der Überzeugung erklärt hatte, er müsste seine Matheaufgaben nicht machen. Auf die Nachfrage, warum er das als einziger denn nicht müsste, erklärte er mir, dass er ja sowieso berühmter Rapper werden wollte und da würde er dann soviel Geld verdienen, dann hätte er einen Manager, der das für ihn macht. Er fing dann aber doch an, mit Feuereifer seine Matheaufgaben zu rechnen, als ich zu bedenken gab, dass der Manager ja unter Umständen ausnutzen könnte, dass er nicht rechnen kann und ihn um sein Geld bescheißt. Schüler…
Fett! 😀
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Amazon hat sich ja nichts zu Schulden kommen lassen.
Im gesamten Film versucht man ja darum auch „nur“ die Dienstleister von Amazon zu verreissen und sie irgendiwe mit Amazon in Verbindung zu bringen.
Amazon selbst wird konkret nichts angelastet aber über die Dienstleister der Eindruck geschaffen das Amazon all die Dinge zu verantworten hätte.
Rechtlich kann Amazon da nicht viel ausrichten da ja keine unwahren Tatsachenbehauptungen abgegeben wurden sondern immer schön im konjunktiv dramatisiert wurde bzw mit Meinungsäßerungen agiert(siehe zum Beipspiel die Lohnabrechnung von Trenkwalder).
Letzten Endes kam noch nicht einmal bei der bösen Zeitarbeitsfirma Trenkwalder etwas herraus.Man gibt nur diffus an die Öffentlichkeit weiter , daß Unstimmigkeiten sich ergeben haben.
Auch Trenkwalder wehrt sich nicht.
Generell wird den großen Unternehmen immer empfohlen nichts zu unternehmen um keine unnötigen Nachrichten zu generieren. Das Interview von Ralf Kleber (Amazon) war sehr schwach und past genau in dieses Schema.
Man muß sich nur mal vorstellen, daß Amazon in Deutschland jedes Jahr ca.10.000 Menschen beschätigt und keiner hat sich beschwert außer die hr Journalisten.