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Wie man sich für 15€ ein digitales Mikroskop baut :-)

2013-10-30 10.09.25Ich habe meiner Tochter vor knapp einem Jahr eines jener halbteuren Kindermikroskope geschenkt, die in die Rubrik ‘gut gemeint’ fallen: Die Qualität ist bescheiden und – seien wir ehrlich – mikroskopieren stellt man sich immer total aufregend vor, aber am Ende ist es dann doch nicht soooooo weltbewegend. Besonders nicht für eine 7jährige. Das blöde Kindermikroskop steht jedenfalls nur noch doof in der Ecke herum (ich habe es allein für dieses Foto zehn Minuten suchen müssen…) und allein der Anschaffungspreis hat verhindert, dass ich es weggeschmissen habe.

Vor zwei Wochen dann bin ich bei instructables.com über eine verblüffend einfache Anleitung gestoßen, wie man sich für wenig Geld ein eigenes, digitales Mikroskop baut. Das fand ich gut. Richtig gut sogar – denn natürlich stelle ich mir mikroskopieren mittlerweile wieder total aufregend und spannend vor.

Und bestimmt findet meine Tochter… ach! Egal! Los gehts!

(c) by YoshinokAlles was man braucht sind ein Holzbrett, drei lange Schrauben (ich: M6, 80mm) mit neun passenden Muttern und zwei passenden Flügelmuttern. Dazu eine Plexiglasscheibe und einen Laserpointer.
Holz und Schrauben hat man ja meist irgendwo im Keller – ansonsten ist der nächste Baumarkt nicht weit entfernt. Die Plexiglasplatte habe ich bei Amazon bestellt, und zwar diese hier: Ist zwar viel zu groß, aber sie ist sehr günstig und man kann sie prima sägen und bohren, ohne dass sie zersplittert.
Einen alten Laserpointer hatte ich nicht mehr, also habe ich mir im SATURN vom Grabbeltisch einen für 4,99 € geholt und sachkundig brutal zerlegt. Eigentlich braucht man nur die Glaslinse darin, der Rest ist Müll. Alternativ kann man es auch mit der Linse aus dem Laser eines ausgemusterten CD-Laufwerks versuchen.

Mit etwas Geschick bohrt man drei Löcher und setzt die Schrauben ein. Das ganze steht stabiler, wenn man die Schrauben in die Bohrlöcher einsenkt: Entweder mit einem größeren Bohrer leicht reinbohren oder einem Forstnerbohrer. Wie man sieht, tut es auch eine wirklich olle Holzplatte :-).

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Schrauben rein, Muttern drauf.

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Jetzt brauchen wir zwei Plexiglasscheiben mit passenden Löchern, um sie auf die Schrauben zu setzen. So lange man sie zersägt und bohrt, empfiehlt es sich, die Schutzfolie draufzulassen. Dadurch vermeidet man Kratzer in der Scheibe.

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Nun muss man in die obere Platte (direkt über der kleineren Scheibe) ein Loch bohren, dass etwas kleiner ist, als die Linse aus dem Laserpointer.
Dieses Loch wird anschließend so lange mit einer Rundfeile oder Schmirgelpapier vergrößert, bis die Linse genau reinpasst und steckenbleibt.

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Fertig.

Der Clou ist, dass man als Projektionsfläche das eigene Smartphone benutzt, dessen Kamera direkt über der Linse platziert wird.

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Die Materialkosten des Mikroskops unterscheiden sich, je nachdem, wie viel von dem Kram man schon im Keller liegen hat. Als Beleutungsquelle nutze ich diese USB-Lampe – aber da tut es jede andere kleine Taschenlampe auch. Spannend ist das Mikroskop unter Umständen im schulischen Bereich:

Dort kostet ein Schüler-Mikroskop rund 250 €, macht im Klassensatz (x15) 3750 Euro. Das Selbstgebastelte hier im Klassensatz etwa 1/10 davon.
Außerdem kann ich die Aufnahmen direkt fotografieren und weiterverarbeiten: Den Schülern via Facebook schicken zu mailen eine analoge Kopie mit der Postkutsche zusenden; es via Beamer allen Schülern zeigen; das Bild in der nächsten Stunde neu aufgreifen und dann via Tablet/OHP/… in die Aufnahme hineinzeichnen (“Hier befindet sich der Blütenstempel…”).

Mit Sicherheit kann man das noch optimieren – ich werde bei Gelegenheit mal andere Handys ausprobieren (in Klammern angegeben) und auch andere Linsen und diesen Blogeintrag ggf. aktualisieren. Ein paar Aufnahmen:

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Eine Blüte unter dem Mikroskop… (HTC One)

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…und im Vergleich zu einer 1-Euro-Münze.

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Salz. (HTC One)

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Salz (iPhone 5s)

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Salz (iPhone 5s)

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Pfeffer. (HTC One)

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Nochmal Pfeffer – mit digitalem Zoom direkt auf dem Mikroskop vergrößert. (HTC One)

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Anode/Kathode einer LED. (HTC One)

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Irland auf der 1-Euro-Münze, rechts darunter ist Großbritannien. (HTC One)

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Ein Kristall aus einem dieser “Kristalle-züchten-Baukästen”. (fand meine Tochter auch nicht so dolle Zwinkerndes Smiley) (HTC One)

Videoaufnahme der LED unter dem Mikroskop (HTC Rhyme)

Finde ich persönlich ziemlich cool. Es ist bei weitem besser als alles, was ich je mit diesen Kindermikroskopen zu Wege gebracht habe. Denkt man ein bissel weiter, kann man sich einige Anwendungsszenarien vorstellen: Als Referendar könnte man mit einem Technikkurs eine Reihe dieser Mikroskope bauen und sie in der Examensstunde einsetzen, um z.B. die Riffelung verschiedener Schrauben zu vergleichen oder die Maserung unterschiedlicher Holzproben. Varianten bieten sich in Physik oder Biologie an.

Kommentare, Ideen, Fragen und Anregungen sind unbedingt gewünscht.

13 Gedanken zu „Wie man sich für 15€ ein digitales Mikroskop baut :-)“

    1. Jepp … kann’s bestätigen … nettes Teil. Hab’s mir auch gekauft und bin zufrieden damit.

      Unter Linux ebenfalls lauffährig,dann mit Cheese als Software.

  1. Für die Kleinen sind Auflichtmikroskope ganz gut. Aber man muss sich daran gewöhnen, dass sie in dem Alter eher sehr sporadisch genutzt werden; eben nicht, weil Mikroskopieren an sich so toll ist, sondern weil man eine bestimmte Sache ansehen möchte. Unser 10jähriger hat als Erstkommunionsgeschenk ein uraltes Kursmikroskop bekommen – auch da braucht es noch einen begleitenden ideenreichen Erwachsenen bzw sporadische Exkursionen zu Veranstaltungen, bei denen Erwachsene ernsthaft mikroskopieren. Oder Arbeitsaufgaben (vergleichende Untersuchung von Kuchenteig bei verschiedenen Rührmethoden… ich wollte doch schon immer mal wissen, ob man die Eier wirklich nacheinander einrühren muss oder ob gleichzeitig auch ok ist).

  2. Die Idee an sich ist gut.
    Einfach zu bauen, „normales“ Material und Möglichkeiten für die persönliche Note.
    Einzig den Preis von EUR 15 ziehe ich in Zweifel, denn es scheint ein Handy/Smartphone mit einer vernünftigen Kamera benötigt zu werden.
    Wem dieses fehlt, kommt mit dem Geld nicht aus.

    Es gibt tatsächlich Menschen, die ohne Kamera-Handy leben können und wollen.
    😉

  3. Hallo Martin,

    hey das ist ja eine super geniale Idee!! Die finde ich klasse! Und selbst wenn nicht jeder Schüler ein Smartphone o.ä. hat, kann man es als Lehrer ja (wie du schon meintest) super benutzen, um Fotos aufzunehmen und an die Wand zu projiziere o.ä. Ich finde es klasse! Ich meine mit welchem Mikroskop kann ich das schon (wenn ich nicht Unmengen an Geld ausgeben möchte)???
    Ich finde die Idee wirklich super. Und die Herstellung könnte man wirklich in den Sachkunde- / Werken-Unterricht o.ä. verlegen.

    Außerdem könnte man ja vllt. auch kleine Videos mit der Handykamera machen (hinein zoomen, …) und somit die Oberflächenstruktur verschiedener Gegenstände noch besser abbilden. Oder funktioniert das nicht so gut?

    Übrigens finde ich die Bilder richtig gut gelungen und ich habe schon wieder völlig vergessen, wie spannend mikroskopieren sein kann. 🙂 Danke also für die vielen schönen Anregungen. 😉

  4. Pingback: Handymikroskope im Projekt (Gastbeitrag) - ...ein Halbtagsblog...

  5. Hallo Jan-Martin

    Danke für den tollen Beitrag.
    Ich hatte die Webseite auch gesehen, mit dem Mikroskop, dessen Anleitung Du hier geschrieben hast.
    Da mein Englisch etwas minderwertig ist, habe ich diese Anleitung auf der Original Seite nicht wirklich begriffen.

    Dank Deinem Blog sehe ich es nun klarer und werde morgen auch ein solches Mikroskop bauen,

    Danke noch einmal für den tollen Beitrag.

    Liebe grüsse
    Cedric aus der Schweiz

  6. Hi Jan-Martin!

    Tolle Anleitung zum Mikroskop selber bauen. Die Fotos, die du selbst gemacht hast sind für solch ein selbstgebautes ziemlich gut. Nun ist der Artikel schon ein Weilchen her…hast du das auch mal mit einem anderen Handy ausprobiert?

    Grüße!

  7. Deine Tochter hat es erfasst. Nicht so toll. Was mich dann wenigstens etwas begeistert hat als ich als Kind mit einem Mikroskop rumprobiert habe war es einen Wassertropfen aus dem Teich anzuschauen. Wasserflöhe, Pantoffeltierchen, usw. Es macht eine Weile lang Spaß, diese Minimonster anzuschauen, jedenfalls mehr als tote Materie.

  8. Pingback: 3D-Schach im Unterricht - Halbtagsblog

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