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Schulentwicklung durch und nach Corona #1

Schulentwicklung ist zentrale Aufgabe einer Schule und hat in den letzten Monaten vielerorts stattgefunden. Die Corona-Krise hat Denkmauern und Traditionen eingerissen und eröffnet Schulen die Chance, sich grundlegend zu wandeln. Meine Schule wird das im kommenden Schuljahr tun.

Während der letzten Monate von Distanz-, Wechsel und Hybridunterricht haben wir nicht nur die Eltern und Schüler*innen regelmäßig nach Feedback gefragt, sondern auch im Kollegium zusammengetragen, was gut läuft und an welchen Stellen es Optimierungsbedarf gibt.

Eine häufig gemachte Erfahrung (ich behaupte: bundesweit) ist, dass ein Großteil der Kinder deutlich besser mit dem eigenverantwortlichen Lernen klargekommen ist, als wir ihnen das vor zwei Jahren zugetraut hätten. Videokonferenzen, Bildschirmteilen, das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten. Die Schüler*innen haben jede Menge gelernt und all die Untergangspropheten der letzten Monate Lügen gestraft.
Es bestätigt sich, was (auch) Hattie einst sagte: den größten Einfluss auf den Lernerfolg eines Kinders, hat das Kind selbst.

Verantwortlich für den Lernerfolg

Auch auf Seiten der Kollegien hat sich wahnsinnig viel getan: Tausende von Fortbildungen wurden durchgeführt, neue Kompetenzen geschaffen und viele Ängste abgebaut.
Ja, klar: Wir wollen alle wieder zurück in die Schule und keine noch so lustige Videokonferenz ersetzt den echten Kontakt mit Menschen – aber es ist jetzt auch nicht alles nur blöd.

Die Erkenntnis, dass man sich selbst und auch den Kindern viel mehr zutrauen darf, hat an vielen Stellen Denkmauern eingerissen. Die Frage: „Muss das wirklich so oder geht das auch anders?“ hat an Stellen Einzug gehalten, die noch vor wenigen Monaten goldene Kälber der deutschen Bildungslandschaft waren:

  • Muss eine Klassenarbeit wirklich in Präsenz und ohne Hilfsmittel geschrieben werden, oder geht das auch anders?
  • Sind Ersatzleistungen vielleicht auch Leistungen?
  • Muss Lernen wirklich in der Schule stattfinden?
  • Ist das planen, denken und arbeiten in Projekten nicht vielleicht sinnvoll?

Ein Ende der Pandemie ist absehbar und damit auch eine Rückkehr in das normale Schulleben. Nichts würde mich glücklicher machen, als wieder morgens mit meinen Schüler*innen gemeinsam zu scherzen, grübeln, denken, wachsen.

Aber: Man muss über keinerlei prophetische Begabung verfügen um zu erkennen: All jene Umbrüche, die wir in den letzten Monaten erreicht haben, würden unter einer staubigen Decke des kollektiven Aufseufzens „Ach.. endlich wieder Normalität!“ in Vergessenheit geraten.

Es würde kein halbes Jahr dauern, bis all die Padlets und selbstgedrehten Erklärfilme, alle Videokonferenzen und gemeinsam bearbeiteten Dokumente aus den Lehrer- und Klassenzimmern verschwunden wären. Endlich! Wieder! Normalität!

Was eine Tragödie.

Tatsächlich aber hat mein Kollegium in den vergangenen Wochen viel miteinander gerungen, wie man den aktuellen Fahrtwind mit in die Zukunft nehmen kann. Konkret:

Welche positiven Aspekte der letzten Monate haben uns so nachhaltig beeindruckt, dass wir sie in eine Post-Corona-Schule mitnehmen wollen? Dinge wie „Verantwortung für das eigene Lernen“ übernehmen oder das eigenständige Durchführen von Projekten.

Dazu haben wir nicht nur den eigenen Unterricht ausgewertet, sondern auch andere Schulen (virtuell) besucht und Kolleg*innen im #Twitterlehrerzimmer Löcher in den Bauch gefragt. Wir haben mit Elternvertretern anderer Schule gesprochen und virtuell eingeladen und uns in neue Konzepte, Ideen und Visionen eingelesen. Ganz viel Inspiration haben wir von der vierten Aachener Gesamtschule erhalten, auf die ich an dieser Stelle dankend verweise!

In dieser Reihe und den kommenden Tagen werde ich von diesem Prozess erzählen und (hoffentlich) ein Bild vermitteln von dem, wie unsere Schule ab dem Sommer aussehen wird. Ich freue mich dabei über Rückmeldungen und Feedback – gerne hier in den Kommentaren oder auf Twitter.

4 Gedanken zu „Schulentwicklung durch und nach Corona #1“

  1. Gute Gedanken!
    Hier wäre seitens der Gesetzgebung auch noch Spielraum gewünscht. Konkret kam uns während einer Fortbildung folgender Gedanke: Müssen es denn wirklich 6 Klassenarbeiten im Schuljahr sein? Wenn wir stattdessen nur 4 Schreiben müssten und die freiwerdende Zeit und Energie, in echte Projekte, fächerübergreifende Ideen oder „anderes“ Lernen etc. investieren könnten.
    Der rechtliche Freiraum „Eine Arbeit pro Schuljahr durch eine alternative zu Ersetzen“ geht uns nicht weit genug, bzw. läuft dann i.d.R. auf ein fachinternes sehr „enges“ Lernprodukt hinaus.

    Auf der Metaebene in diesem Pandemieschuljahr ist mir sehr oft Aufgefallen, dass die Schüler und Lehrer überwiegend damit beschäftigt waren, sich Sorgen um die nächste LZK Gedanken zu machen. (Bei uns wurde z.B. ein Thema um 5 Wochen gestreckt, damit wir hoffentlich vor Ostern doch in Präsenz schreiben müssen). Auch Kids antworteten auf die Frage „was erwartet ihr von der ersten Woche in Präsenz?“ zu 75% mit „Klassenarbeiten schreiben“.
    m.E. sehr schade Lernprozesse und Inhalte in erster Linie an Klassenarbeitsterminen auszurichten.

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