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Ein Schreib-Workshop durch eine Künstliche Intelligenz

Ich habe mich in den vergangenen Tagen mit einer Künstlichen Intelligenz unterhalten und viel gelernt. Ich kann mich nicht erinnern, von einer Software je so beeindruckt gewesen zu sein und glaube, diese Anwendung(en) wird (werden) das Internet, wie wir es kennen und nutzen, massiv verändern.

Überblick: Künstliche Intelligenzen

Ein Schreib-Workshop durch eine Künstliche Intelligenz 1
Portrait, gezeichnet durch eine Künstliche Intelligenz

Das Jahr 2022 markierte in vielerlei Hinsicht den Durchbruch der „künstlichen Intelligenzen“. An allen Ecken und Enden schossen Programme aus dem Boden, die mittels grober Beschreibung künstliche Bilder in beeindruckender Qualität erstellten. Ergänzende Informationen („bitte imitiere den Stil des Künstlers XY“) haben den Zorn einiger Kreativer auf sich gezogen, die sich um ihre Arbeit betrogen fühlen.

Das Thema selbst ist nicht neu. Medial wirklich groß wurden Künstliche Intelligenzen  (in meiner Erinnerung) erstmals 1997, als der Schachcomputer Deep Blue den amtierenden Weltmeister Garri Kasparow schlug.

Sorgen und Ängste

Die frei und weitgehend kostenlos verfügbare Rechenkapazität bereitet vielen Menschen Sorgen. Mittels Programmen lassen sich Videos (und insbesondere Porno-Videos mit gefälschten Gesichtern) faken. In Zeiten, da jeder halbseidene Politiker von „Fake News“ faselt und Informationen ungeprüft und zu Propaganda-Zwecken rausgehauen werden, führt das zwangsläufig zu Misstrauen und Verdruss.

Als Lehrer berühre ich an vielen Stellen die Sorgen und Ängste der Bildungs-Bubble: Werden die Schülerinnen und Schüler zukünftig überhaupt noch selbst arbeiten? Werden künstliche Intelligenzen zukünftig jedes Referat erstellen, jede Facharbeit schreiben? Wer soll das prüfen? Wer soll das korrigieren? Werden Lehrkräfte zukünftig arbeitslos?

Ausblick und Möglichkeiten

Zweifellos wird die Anwendung meine Arbeit beeinflussen. Die Einführung von Google hat jedwede „Recherche-Kompetenz“ völlig verändert. Für meine Staatsarbeit war ich kein einziges Mal in einer Bibliothek: Statt dessen habe ich mir zunutze gemacht, dass Google hunderttausende Bücher eingescannt hat. Das ergibt bei minimalem Aufwand eine beeindruckend lange Literaturliste bei korrekter Zitation. In Gänze gelesen habe ich kaum eines der Werke.
Seit 2001 gibt es die Wikipedia. 2008 erschien das Brockhaus Lexikon letztmalig in gedruckter Fassung – 50 Mitarbeiter verloren ihre Arbeitsplätze. Natürlich haben Google und Wikipedia die „Bildungsbubble“ verändert. Und ja – das steht auch für künstliche Intelligenzen an. Aber Sorgen mache ich mir nicht.

Ein Schreib-Workshop durch die Künstliche Intelligenz ‚ChatGPD‘

Ein Schreib-Workshop durch eine Künstliche Intelligenz 2Romane zu schreiben ist für mich zu einem liebgewonnenen Hobby geworden. Mein erster ist Ostern vergangenes Jahr erschienen und Schreibprozess und Publikation haben mir viel Freude bereitet. 19 positive Bewertungen später und Bestseller-Plätze zwischen den Jahren haben in mir einen gewissen Ehrgeiz geweckt, besser zu werden.

Im Sommer habe ich mir deswegen einen Account bei „Masterclass“ gekauft. Für 199 Dollar habe ich ein Jahr lang eine Art „Netflix“ für Erklärvideos von kreativ Schaffenden (Blogartikel dazu). Ich darf also Dan Brown dabei zuhören, wie er Bücher schreibt.

Und nach einem halben Jahr bin ich arg ernüchtert. Wirtschaftlich betrachtet ist jede Form der Fortbildung eine Art ‚Investment‘: Ich investiere 199 $ in einen Kurs, werde ein besserer Schriftsteller und verkaufe mehr Bücher. Ich bezweifle, dass ich mein Geld je wiedersehen werde. Zu monodirektional ist die Kommunikation. Manches war nett, das meiste eher überflüssig.

Im Herbst habe ich dann – nur aus Spaß natürlich! – mal nach Schreibseminaren gesucht. Im Telefonbuch; In den gelben Seiten; In einer Bibliothek; Gegoogelt natürlich. So ein Kurs kostet mit Betreuung gerne einige Tausend Euro. Lust hätte ich schon und wäre ich unermesslich reich und würde das Hobby wie meine Sammlung gut erhaltener Oldtimer pflegen, dann würde ich mir den Luxus gönnen (oder vielleicht direkt einen Ghostwriter anstellen). Hmnaja.

Ein Schreib-Workshop durch eine Künstliche Intelligenz 3In den letzten Tagen habe ich mich dann mit der künstlichen Intelligenz ChatGPT ‚unterhalten‘. Und ‚unterhalten‘ ist an dieser Stelle das richtige Verb. Während der Google Assisstant, der weltweit führende Sprachassisstent im Grunde nichts anderes tut, als eine Abfolge von Befehlen und stumpfen Suchanfragen zu beantworten, habe ich mit ChatGPD eine Art „Gespräch“ führen können.

In unserem (unendlich geduldigen) Gespräch wurde ich immer wieder nach Handlungsdetails meines neuen Buches gefragt. Gab ich der KI diese Informationen, gab sie mir Hinweise und Leitfragen, meine Storyline zu durchdenken.
Ich skizzierte grob vier verschiedene Handlungsstränge und bat die KI, dazu einen Werbetext zu erstellen. Bat um Verbesserung des Textes und lies weitere Informationen einfließen. Verbot der KI, in der Zusammenfassung schon zu viel vom Inhalt zu verraten.

Irgendwann habe ich vergessen ausgeblendet, dass ich mit einer Maschine spreche. Und das war der Moment, der mir klar machte, wie sehr Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT das Internet verändern werden.

Zurück beim Gedanken des Investments: Der Nachmittag mit ChatGPT fühlt sich nachhaltiger an, als die vielen MasterClass Videos, die ich bisher gesehen habe.

Die Zukunft Künstlicher Intelligenzen

Nicht wir Lehrkräfte sollten schlaflose Nächte haben – sondern Google. Neben Chat GPT fühlt sich der Google Assisstant (oder Siri, Bixby, Cortana) an wie der Bundesliga Manager von 1992 zum aktuellen FIFA 2022. (Und, wie sich zeigt: Auch bei Google schrillen die Alarmglocken: Quelle). Eine aufgebohrte, ein wenig weiterentwickelte Künstliche Intelligenz macht jede Internetrecherche über eine Suchmaschine zukünftig überflüssig. Und nicht nur das: Eine solche Maschine ersetzt in der Erwachsenenbildung jeden Workshop, bei dem es um schieres Fachwissen geht.

Viel mehr aber glaube ich, dass Menschen Künstliche Intelligenzen nutzen werden, um sich die Zeit und die Einsamkeit zu vertreiben. Ein Gesprächspartner, der praktisch alles weiß, immer zur Verfügung steht und unendlich geduldig ist? Der niemals beleidigt ist oder Widerworte gibt? Ein Traum für einsame Abende. Ich habe keinen Zweifel, dass dieses Feld die größte Veränderung erleben wird. In manchen Chats mit Supportmitarbeitern fiel es mir schon schwer zu entscheiden, ob mir da jetzt ein automatisiertes Skript antwortet, oder ein echter Mensch. ‚Chat GPT‘ treibt dies noch deutlich weiter.

Ein Schreib-Workshop durch eine Künstliche Intelligenz 4Entscheidend wird sein, ob man Künstlichen Intelligenzen ethische Grundwerte vermittelt, die sie nicht überschreiten dürfen – man erinnere sich an Microsofts KI, die  in weniger als einem Tag zu einem rassistischen Arschloch mutierte. Man stelle sich vor:
Ein altersweiser, milder und hochgebildeter Mönch, der alle Sprachen spricht, zu jeder Tages- und Nachtzeit auf meine Fragen Antworten hat und mich mit weiteren Fragen zum Nachdenken anregt? Ein Lernpartner für praktisch jedes Fachgebiet?

Das könnte für uns Erwachsene richtig gut werden.

 

 

4 Gedanken zu „Ein Schreib-Workshop durch eine Künstliche Intelligenz“

  1. Krass, dass wir irgendwann ‚vergessen‘, dass wir mit einer Maschine sprechen… Danke für diesen Artikel: ich empfehle ihn unseren Leserinnen und Lesern gerne weiter.

    Beste Grüße,
    Eddy

  2. Sehr interessanter Artikel, danke dafür!
    Ich habe mal eine „Konversation“ mit dem Google Assistenten verbloggt:
    Hey Google – plaudern mit dem Google-Assistant
    https://www.claudia-klinger.de/digidiary/2018/12/05/hey-google-plaudern-mit-dem-google-assistant/
    Schon auch nicht schlecht! 🙂 Natürlich noch keine Hilfe, wo es um Fachwissen geht. Dann liest es aus Wikipedia vor und/oder ruft Webseiten auf.
    Bin gespannt, was für KIs wir noch kennenlernen werden!

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