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Gute Nacht, Schwester Maria„, ist heute der letzte Satz, der mir über die Lippen kommt, bevor ich liebevoll zugedeckt werde. Obwohl wir natürlich nicht in einem Kloster sind. Oder genauer: Obwohl die anderen nicht in einem Kloster sind. Denn ich… aber ich greife vor.

Angefangen hat der Tag nämlich mit großartigem Wetter und motivierten Kindern. „Etwa dreieinhalb Stunden“ hat uns der freundliche Kollege geantwortet, als wir ihn nach seiner Erfahrung fragten. Wir wollten nämlich von der Schule zur Jugendherberge wandern. Dreieinhalb Stunden schien eine gute Zeit zu sein
Im Nachhinein frage wir uns jedoch, mit welch sensationeller Klasse dies möglich gewesen sein soll… Denn wir haben sage und schreibe fünf Stunden gebraucht. Fünf Stunden bei bestem Wetter und guter Laune.  Klar wude hier und da über müde Füsse und schwere Beine geklagt – insgesamt jedoch eine tolle Wanderung.

Klar: Der lange Marsch musste ohne die beiden Rollstuhlkinder stattfinden. Es ging z.T. durch dichtes Unterholz und unwegsames Gelände. Inklusion bedeutet in dieser Klasse ganz praktisch: Was man zusammen machen kann, wird zusammen gemacht – was nicht geht, geht nicht. Das war aber auch kein Problem. Als wir endlich im CVJM-Heim ankamen (nassgeschwitzt und riechend wie ein Rudel Berglöwen), wurden die beiden Zwillinge stürmisch begrüßt und direkt ausgefragt.

Fragen hatten auch wir: Denn bei der Zimmerverteilung wurde ich kurzerhand vergessen ausquartiert. Denn weil eine parallele Gruppe deutlich zahlreicher als zunächst angenommen war, gab es für mich keinen Platz mehr. „Wir überlegen uns was“, versprach man uns. Und hielt Wort.

Denn ich wurde ins benachbarte St. Ursula gebettet – einem Erholungsheim für katholische Nonnen. Ja, richtig gelesen.
Es gibt ja durchaus Erfahrungen, die muss man einfach mal gemacht haben. Und während die Zwillinge mit ihren Rollstühlen durchs Gebäude flitzen und eine moderne Form von Räuber & Gendarm spielen (offenbar versuchen sie, einige ausgewählte Mitschüler unter großem Gelächter zu rammen…), schauen sich meine Kollegin und ich meine letzte Ruhestätte an. Schwester Maria begrüßt uns fröhlich, sie hat in ihrem Leben schon viel gesehen, aber die katholische Seele blitzt durch. „Kein Damenbesuch nach 21 Uhr“ raunt sie – und der Klang ihrer Stimme macht deutlich, dass es da in den vergangenen 78 Jahren Ordensleben auch keine Ausnahme gegeben hat. Meine Kollegin schaut irritiert und setzt zu einem „Wir sind anständige Lehrer“, an, aber Schwester Maria winkt unwirsch ab. Sie zeigt mir mein Zimmer.
Ein kleiner Stuhl. Ein kleines Waschbecken. Ein kleines Bett. Ein sehr kleines Bett.
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Tamara kichert. Offenbar versucht sie sich vorzustellen, wie ich mich in dem kleinen Waschbecken dusche. „Gibt es hier eine Dusche?“, frage ich zaghaft. „Und eine Toilette?“
„Im Gang“, schnarrt Schwester Maria. Die Dusche zeigt sie mir. Es ist eine öffentliche Dusche neben einem Pool. Wie im Freibad. Eine Sekunde stelle ich mir vor, dort umringt von den Nonnen des Hauses zu duschen. „Ach wissen Sie“, wende ich mich Schwester Maria zu, „ich dusche einfach mit meiner Kollegin.“ Sie schaut eisig. „Bei… ich meine bei meiner Kollegin!“

Und so geht ein erster Tag zu Ende. Aus dem vergitterten Fenster meiner kleinen Zelle meines kleinen Zimmers sehe ich in der Ferne, wie meine 5er das CVJM Heim abbrennen. Der Feuerschein flackert romantisch vor dem Siegerlaender Wald. Hach… Schön ist das Leben. Wenn nur das Bett länger wäre.

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9 Gedanken zu „Klassenfahrt mit Hindernissen 1“

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