Ich habe mir einen Roman geschrieben und im Laufe der vergangenen Monate viel gelernt. Weil das Schreiben zu einer Leidenschaft geworden ist, berichte ich in dieser Reihe, wie ich vorgegangen bin und nun, im sechsten Schritt, kann ich endlich loslegen und beginne mit dem Schreiben.
Viele Wochen sind schon vergangen, in denen ich akribisch und im verborgenen gearbeitet habe. Und erst, nachdem ich eine Prämisse habe und den Buchrücken ausformuliert, und nachdem ich Interviews mit meinen Figuren geführt und ihre Stimmen kennengelernt habe, und nachdem ich über sechzig Kapitel als kurze Zusammenfassung aufgereiht und vorbereitet habe, erst dann beginnt das eigentliche Schreiben mit dem ersten Satz.
Als Thomas seinen letzten Atemzug tut, fällt Emma ein Stein vom Herzen, so groß wie der Mount Everest.
Und, wundersamerweise, geht mir das jetzt ganz leicht von der Hand.
Meine jüngste Tochter wacht oft morgens gegen fünf auf. Ich wickle sie, bereite eine Flasche vor und kann dann etwa eine Stunde lang ungestört an meinem Buch schreiben. Nicht ein einziges Mal begegnet mir etwas wie eine „Schreibblockade“. Ich schreibe zuweilen schlecht und lösche das am nächsten Tag wieder – aber ich versuche immer im Flow zu bleiben.
Oft gehe dabei nach Gefühl und Person vor: Als personaler Erzähler (für den ich mich in meinem Roman entschieden habe) bleibe ich ganz dicht dran an einer Figur und schreibe die Kapitel durcheinander. Oft schreibe ich an jenen Stellen, die mir gerade sehr naheliegen.
Außerdem suche ich mir Fachexperten: Mit dem ersten Satz meines ersten Kapitels stirbt eine zentrale Figur meines Buches. Aber wie? Dazu befrage ich Ärzte: Was ist eine plausible Diagnose? Wie sieht die Anamnese aus und wie die Diagnostik? Wie wäre das weitere Prozedere? Was würde einem Gerichtsmediziner auffallen?
Ich interviewe unter fadenscheinigen Gründen verschiedene Berufsgruppen und lerne, schreibe, korrigiere immer wieder.
Immer noch rede ich mir selbst ein, dass das ganze Vorhaben eine lächerliche Schnapsidee ist, die sowieso scheitern wird. Aber weniger als vier Monaten nach der letzten Phase ist der erste Entwurf meines Romans fertig. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich nur vier Menschen von dem Projekt erzählt.
Alle Teile der Reihe:
- Wie schreibt man einen Roman?
- Prämisse und Buchrücken ausarbeiten
- Vom Buchrücken zur Absatzgeschichte
- Interview mit einem Geist
- Einer Schneeflocke folgen
- Einen Roman schreiben
- Testleser*innen suchen und finden
- Self-Publishing oder Verlag? Was verdient man mit einem Buch?
- Als Autor auftreten oder unter Pseudonym schreiben?
- Apfelkuchen im Spätsommer
- Rückblick