Zum Inhalt springen

Erziehung & Familie

Inklusion & Aufsichtspflicht

ZOE_0008-55FF2CBD_6-31940754Bei einem tragischen Unglück an einer Förderschule in unserer Gegend ist diese Woche ein Kind lebensgefährlich verletzt worden. Der neunjährige Junge wurde leblos im Schwimmbecken der Schule gefunden – vermutlich ist er durch einen nicht abgeschlossenen Nebeneingang während der Pause ins Gebäude gelangt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob ein Fall von Aufsichtspflichtverletzung vorliegt, aber so etwas geschieht immer, wenn an einer Schule Unfälle geschehen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht über mögliche Ursachen schwätzen oder über diese Tragödie als solches schreiben. Solche Unfälle sind schrecklich und mein Mitgefühl gilt der Familie, den Mitschülern und den Lehrern.

Dieses Ereignis wirft jedoch ein Schlaglicht auf einen ganz besonders heiklen Punkt der Inklusion: Die Aufsichtspflicht.

“Je mehr Krankenwagen, desto besser!”

2013-10-25 12.52.57Bundestagspräsident Norbert Lammert beklagt den Quotenwahn der Fernsehsender und im SPIEGEL-Forum beklagt ein freier Mitarbeiter des MDR eben dieses: Mord und Totschlag seien erwünscht, aber keine (langweiligen) positiven Nachrichten.

Zum mittlerweile vierten Mal hat meine Gemeinde in den Herbstferien ein Kindermusical inszeniert. Jedes Jahr sind zwischen dreißig und vierzig Kinder beteiligt und etwa halb so viele Mitarbeiter. Einige von ihnen nehmen sich Urlaub, andere haben – wie das in einer Kirchengemeinde so ist – das Arbeitsleben schon hinter sich. Jeden Tag wird gemeinsam gegessen, gesungen und geprobt. Eine Woche haben wir nur Zeit, ein knapp anderthalb Stunden langes Stück zu lernen.

Für die Mitarbeiter ist das jedesmal richtig anstrengend. Und für mich als Lehrer ebenso: Wo ich in der Schule klare Strukturen erwarte (und durchsetze), sind wir hier nicht in der Schule. Spätestens am Donnerstag geht der ein oder andere auf dem Zahnfleisch. In der Schule würde man von einer extrem heterogenen Lerngruppe sprechen:

Wandern und schauspielern (mit Glasknochen)

 

IMG-20130910-WA0000Noch zwei Tage, dann ist diese Kokolores-Woche rum.
Gestern sind wir den „Grubenweg“ entlang gewandert. Vor einigen Jahren hat ein Kollege mit dem Kurs “Gemeinnützig Handeln” an unserer Schule einen 8 Kilometer langen Pfad durch den Wald entlang vieler Bergbaugruben erschlossen und mit Infotafeln versehen. Herausfordernd war der Weg für meine Rollstuhlkinder und dieser Ausflug ist ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten, die das Thema Inklusion mit sich bringt:

Grundsätzlich ist der Pfad in Rollstühlen unpassierbar. Punkt.

Als Lehrer stehe ich nun vor einem Problem: Der Bergbau gehört zur Tradition der Stadt Siegen und als solches ist so ein Ausflug im Sinne der Heimatkunde berechtigt. Wenn ich jetzt (überspitzt) sage: “Tut mir leid, können wir nicht machen und werden wir nie machen können, weil wegen den beiden!” – dann sind die anderen Schüler genervt und mit zunehmender Dauer werden Inklusionskinder zum Zentrum für Ärgernisse. “Nie können wir die lustigen Dinge machen!” Das wird in Zukunft mehr und mehr Kollegen betreffen. Und von den Schülern wird sich der Frust auf die Eltern übertragen – Inklusion ja bitte gerne, aber nicht neben meinem Wilhelm Maximilian!

Es ist für uns Lehrer sehr schwer die Balance zu finden, zwischen Projekten die alle machen wollen und Projekten, die alle machen können. Ich bewahre mir dabei eine gewisse Naivität, gepaart mit einem Schuss Sturheit:

Wir haben den Ausflug einfach gemacht. Mit Rollstühlen.

Wie die Bundesliga die Schule widerspiegelt.

2013-06-27 15.30.49Letzte Woche wurde ich von einem Online-Magazin angefragt, welche “Tipps” ich für Eltern zur Schulvorbereitung hätte. Und während ich noch ein paar freie Tage genießen darf, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, während ich mich gleichzeitig am Beginn der Bundesliga erfreut habe. Meiner Ersatz-Religion.

Freude hatte ich zumindest, bis ich die Interviews der Gladbacher nach der Niederlage gegen Bayern München hörte. Obwohl Gladbach nicht schlecht gespielt und durchaus einige Torchancen herausgearbeitet hatte, jammerte der Torwart ter Stegen hinterher sinngemäß: “Andere Gegner sind unsere Kragenweite… wir müssen gegen andere Gegner die Punkte holen… gegen die Bayern kann man verlieren…“

Das hat mich maßlos geärgert. Da war kein Frust über die vertane Chance zu spüren, nur das allgegenwärtige Kuschen vor den übermächtigen Bayern.

Vor allem, wenn ich das mit den Stimmen der Augsburger vergleiche, die mit 0:4 gegen Dortmund verloren. Dort schimpfte Halil Altintop: „Das Ergebnis ist definitiv zu hoch und spiegelt das Spiel nicht komplett wieder. Wir brauchen nicht über Borussia Dortmund zu reden […]. Die eigenen Fehler waren entscheidend heute.”

Die Augsburger waren zurecht frustriert. Sie hatten richtig gut gespielt und “es war mehr drin”. Das galt für beide Spiele – aber gegen die Münchener scheint sich ein Großteil der Liga in stiller Angst zu ergeben: Wenn wir nur mit zwei, drei Toren Unterschied verlieren, ist alles in Ordnung.

Zum Kotzen.

Und es erinnert mich an Schule.

Hochzeitstag. Der Anfang und das Ende. 2

Hochzeitstag. Der Anfang und das Ende.

2013-07-29 12.45.42Anfang August haben meine Frau und ich unseren 10. Hochzeitstag gefeiert. In Florenz. Es war großartig. Zwischen all den Touristen und Bauernfängern, katholischen Kirchen und Eisdielen saßen wir zu Füßen des Baptisteriums und ließen die vergangenen Jahre Revue passieren. All die Urlaube und kaputten Autos. Die Umzüge und kleinen und großen Katastrophen.

Und wenn wir zurückblicken, erscheint es uns wie ein Wunder, dass alles gutgegangen ist – aber nach so vielen Jahren stellt sich dann doch manchmal die Frage, ob das alles ist, nicht wahr? Morgens gemeinsam aufstehen, Kind zur Schule bringen, Job, Haushalt, Kind abholen, Zähneputzen, Schlafanzug und ab ins Bett.

Irgendwie scheint im Zentrum einer Ehe mehr die Müllentsorgung als ein romantisches Frühstück im Bett zu stehen. Und wann immer ich an Hochzeiten teilnehme (und das kommt als Pastorinnenmann häufiger vor), muss ich an diesen Kontrast denken zwischen dem frischvermählten, glücklichen Paar dort, meiner eigenen Ehe die sich oft genug ums Ausräumen der Spülmaschine dreht hier und den gescheiterten Ehen vieler Freunde auf der anderen Seite.

¨Du verlierst den Blick fürs Ganze¨, sagte meine Frau, während sie ihren Blick über die Piazza schweifen ließ. ¨Es geht nicht um die Spülmaschine, oder um die Kinder oder den Hund.¨

In diesem Moment deutete Carolina mit leuchtenden Augen auf einen Ballonverkäufer. ¨Nicht?¨, fragte ich missmutig. ¨Nein¨, erwiderte sie und schlug jenen Ton an, den sie immer dann drauf hat, wenn sie mir etwas besonders geduldig erklärt.

¨Wo und wie eine Geschichte anfängt und wo und wie eine Geschichte endet bestimmt, wovon sie handelt.¨